Archiv der Kategorie: 9 .. Ein neuer Kaiser

Dieser Urlaub außerhalb meines 2-Jahre-Taktes hat die Krönung des neuen Kaisers am 01. Mail 2019 zum Ziel.

der letzte Tag – Good Bye Heisei

Das ist er also. Der letzte Tag der Heisei-Ära. Das Ende einer Ära.

Seit hunderten von Jahren erstmals ist dieser Tag nicht überschattet vom Tod des Kaisers und Staatstrauer. Das heißt aber auch, dass die Japaner nicht wirklich einen Plan für den heutigen Tag haben. Also mache ich mir meinen eigenen.

Während das Fernsehen noch die einzelnen zeremoniellen Details des heutigen Tages durchgeht, von denen alle hinter verschlossenen Türen im Kaiserpalast stattfinden werden, suche ich nach einem guten Tropfen für die anstehende Bootsfahrt.  Mein erstes Ziel ist der Sakeya nebem den Eingang zur Yushumi-Station der Chiyoda-Linie; geschlossen während der Golden Week.

Zum Glück gibt es noch das Untergeschoss des Matsuzakaya Depato. Ich finde keinen Reiwa-Sake, aber auf der anderen Seite wäre das eher was für morgen. Ich kaufe einen Junmai-Daiginjo (gemäß dem Reeperbahnmotto „Sekt für die Nutten, Champagner für mich“). Und ganz wichtig: Ich habe den letzten Tropfen des Suntory Royal dabei. Mehr dazu später

Ich habe genug Zeit, um durch die Ameyokocho zu schlendern. Dass ich diese quirlige Straße so lange vernachlässigt habe …

Weiter nach Mitsukoshi-mae, da ich noch einen Sakebecher brauche. Was ich in diesem Moment nicht realisiere ist, dass das Shopping Center Coredo gleich neben dem Park mit dem Fukuto-Schrein (und dem Suigian) ist. Wie sollte ich auch. Ich war nicht an der Oberfläche, sondern nur im „Tokyo Underground“.

Und dann endlich die letzten Meter zum Bootsanleger. Oben an der Nihonbashi treffe ich Thomas. Im Gegensatz zu mir hat er keine Reservierung, aber es sind noch zwei Plätze frei, wenn wir etwas zusammenrücken. Und man erinnert sich an mich.

Goodbye Heisei Boat Cruise

Die Fahrt beginnt. Der Sake kommt auf den Tisch. Das Thema dieser Bootsfahrt ist „Good Bye Heisei“. Es geht vorbei an Gebäuden und Brücken aus der nur noch bis heute währenden Heiseizeit. Ein kleines Booklet zeigt Fotos von früher: Toyko Bay ohne die Rainbow Bridge. Unvorstellbar. Es folgen weitere Bauten wie Tokyo Big Sight und die Chuo-Shin-Ohashi.

Auf halber Strecke beginnt der Regen, der aber auch wieder aufhört. Zeit für DEN Whisky. Die Reiseleiterin übersetzt kurz den Hintergrund der Flasche für die anderen Teilnehmer: Gekauft habe ich den Whisky auf meiner ersten Japanreise 2004. Es ist ein Suntory Royal 15 Jahre, womit er in Heisei 1, dem ersten Jahr der Regentschaft, destilliert wurde. Zur Mitte (Heisei 16) habe ich ihn gekauft. Hier und heute, weitere 15 Jahre später (Heisei 31), erfolgt nun, am letzten Tag der Regentschaft, der Bottle Kill … Die leere Flasche kommt mit zurück nach Deutschland aus wertvolles Souvenir.

Nach der Rundfahrt stoppen wir drei erst einmal für ein kleines Mittagessen, bevor wir nach Akihabara verlegen. Wir stöbern etwas durch durch Straßen voller Manga und Elektronik und verlassen Akihabara über die Manseibashi (mit Stop an der Hitachino-Brauerei).

Mein nächster geplanter Stop ist Kanda Myoin. Von hier geht es zu Fuß weiter zum Yushima Tenjin. Ich gebe zu, dass dieser Abschnitt etwas selbstsüchtig ist. Ich will kurz mein Hotel und meinen Schrein zeigen.

Eigentliches Ziel ist der Ueno Park mit Kiyomizu-Kannon und Ueno-Toshogu. Und wo wir schon hier auf der Ecke sind, kann ich mir einen Abstecher in die Ameyokocho nicht verkneifen.

Uhrzeittechnisch schaffen wir es eh nicht mehr nach Asakusa. Von daher ist es jetzt mein Plan nach Kanda zu verlegen, wo ich kurz etwas die Orientierung verliere. Was jedoch nur daran liegt, dass es die falsche Kreuzung ist. 50m später ist alles wieder vertraut und wir gehen die schmale Treppe hinauf zum Kanda Oden Yataimura.

Wir sind die ersten Gäste und legen gleich los. Wie beim letzten Mal starte ich mit einem Hoppy, das Thomas noch nicht kennt, ein Bierersatz mit minimalem Alkohol (0,8%). Es ist nicht jedermanns Sache, aber ich mag es. Der nachfolgende Drink ist Dashiwari (Sake mit Dashi), das Thomas auch noch nicht kennt. Mein Fachwissen über japanischen Alkoholika macht mich langsam nachdenklich.

Wechseln wir zum Oden. Hier halte ich mich an meine Favoriten: Daikon (Rettich), Tamago, Würstchen, Fleischspieße, … Das ist Soulfood. Ob ich Gaku jemals überreden kann, das in Koblenz zu servieren, sei es auch nur zu Weihnachten auf dem Weihnachtsmarkt.

Gegen 21 Uhr scheint der Tag für mich zu enden. Die frische Luft, der Rest vom Jetlag und jetzt die wohlige Wärme von Oden und Dashiwari machen mich müde. We call it a day und jeder beginnt den Rückweg zu seinem Hotel. Aber Moment, das war noch was …

noch 2 Tage – Underground, Shibuya, Roppongi

Der heutige Plan wurde etwas durcheinandergewürfelt. Auf den Wegen durch den Tokyo Underground habe ich die Zeit verloren. Außerdem musste ich noch die Gegenlichtblende im Imperial Hotel abholen. Am Ende fehlten mir zwei Stunden.

Sony Park und Kabukiza Underground

Der ersten Teil des heutigen Tages ist wieder dem Tokyo Underground gewidmet. An der Station Ginza wurde ein Gebäude abgerissen. Die Kelleretagen existiert noch. Der Neubau beginnt erst nächstes Jahr. Also hat man dort einen unterirdischen Park eingerichtet. Es ist mehr wie ein Eventsraum. Auf der einen Ebene steht ein Klavier. Darüber gibt es einen Hydropond in gedimmten Licht. Wasserplätschern aus dem Lautsprecher, dazu Lichtspiele. Dieser Hydropond wirkt so surreal.

Auch wenn hier keine Bäume wachsen und überall Betonwände sind, vergisst man, dass man gerade mehrere Meter unter der Erdoberfläche ist. Und der Ort ist genau entspannend wie in Spaziergang im Park.

Ein Station weiter gibt es unter dem neu gebauten Kabukiza eine riesige Shopping Mall. Auch hier kommt nicht auf die Idee, dass man auf der Ebene der U-Bahn unterwegs ist.

Shibuya (VNV-Projekt)

Es wird Zeit für Sonnenlicht, daher verlege ich – nachdem ich die Sonnenblende abgeholt habe – nach Shibuya, um das VNV-Projekt fortzusetzen. Und ich muss feststellen, dass ich nach 2004 eigentlich niemals wieder wirklich in Shibuya war. An der berühmten Kreuzung ja. Aber heute betrete ich nach 15 Jahren endlich wieder Center Gai.

Auf halber Strecke durch die Fotopunkte sehe ich rechts Werbung für einen Ramenladen im Keller. Und ja, es wäre eine gute Zeit für Mittagessen. Jeder Sitz hat eine Blick auf die nackte Kellerwand. Und die Toilette ist im 4. Stock. Aber das Ramen ist genial. Es hat eine Hühnerbrühe als Basis, ein Novum. Es ist quasi Omas Hühnersuppe auf Sterioden.

Die letzten VNV-Fotos sind aus der Gegend von Love Hotel Hill. Und ja, rein optisch ist es fast wie die Reeperbahn. Auch heute hat das Projekt mir einen neuen Blick verschafft. Dieses Mal auf einen Stadtteil, den ich so noch nie besucht hatte. Den Shinjuku-Teil verschiebe ich auf den 2. Mai, damit ich bei Y&Sons shoppen kann.

Die „Baustelle des Tages“ geht übrigens an Shibuya-Eki. Der hat einen neuen Bahnsteig, der mehrere hundert Neter von den anderen Bahnsteigen entfernt ist. In anderen Ländern wäre das ein eigener Bahnhof.

Y&Sons

Die erste Wahl ist der Stoff und die Farbe. Gar nicht so einfach, wenn man nur die Ballen vor sich hat und sich den fertigen Kimono vorstellen muss. Der Stoff für den Haori? Welchen Obi? Farbe und Stil des Haorihimo? Tabi? Geta? Das wird echt aufwendig. Parallel zu allen Entscheidungen steigen die Einträge auf der Rechnung.

Dann wird vermessen: Länge, Hals bis Schulterspitze und Schulterspitze bis Handgelenk. Das wars? Cool, Bauchumfang ist nicht wichtig. Der Herr mit dem Maßband stellt fest, dass meine Ärme länger sind als die Stoffballen breit. Das Problem ist lösbar; gegen den Einwurf weiterer Münzen. Nach knapp zwei Stunden ist alles notiert und von meiner Kreditkarte wurde ein Betrag abgehobelt, so dass sie jetzt durchsichtig ist.

Egal. Ich wollte so einen Kimono schon seit Jahren. Ich bin bei meiner Wahl vorsichtig gewesen; konservativ; quasi ein dunkler Brioni statt Tommy Hilfiger; Ritz Carlton nicht Aida Clubschiff.

Roppongi Hill Mori Tower

Es ist 17 Uhr und ich starte mit Stativ bewaffnet zum Mori Tower in Roppongi Hill (es gibt da mehrere Mori Tower in Tokyo). Thomas ist seit ein paar Stunden in Japan. Und das Sky Deck ist der vereinbarte Treffpunkt.

Allerdings habe ich nicht mit der irre langen Warteschlange gerechnet; 30 Minuten, bis ich am Fahrstuhl bin. Warum das so ist, entdecke ich oben: eine Pixar-Ausstellung. Es ist aber genug Zeit für Fotos. Es dauert etwas, bis Thomas und ich uns finden, aber wir finden uns.

Das Skydeck darf weder mit Stativ, nach mit zweitem Objektiv, Rücksack oder Tasche betreten werden. Das nenne ich mal Paranoia und eine Gelegenheit 300yen für einen Coin Locker abzugreifen. Ich muss selbst meinen Gürtel mit der Objektivtasche abgeben. Das sind eine Menge Minuspunkte für den Mori Tower.

Für den Ausklang des Tages und den Auftakt von Thomas Urlaub fahren wir nach Yurakucho. Wie ich erst im Nachgang feststelle, habe ich den falschen U-Bahn-Ausgang gewählt, stehe auf der falschen Seite der Brücke und alles ist um 180° gedreht. Statt runter nach Shimbashi gehen wir rauf nach Tokyo. Ok. Wir finden einen Ort für ein Abendessen. Vielleicht sollte ich wirklich ein Kartenplotter kaufen. Ein Smartphone auf 24/7-standby ist keine Option. Ich bin kein Smombi und ich bin im Urlaub.

Für mich heißt das, dass ich 2020 noch einen Anlauf für diesen Steckenabschnitt benötige. NHKs „Fun under rails“ muss sich noch ein Jahr gedulden.

 

noch 3 Tage – Matsuri, ein Abends mit Stil

Der Weg nach Asakusa ist eine U-Bahn-Fahrt mit 6 Stationen.  Ich stelle fest, dass die Baustelle in Suehirocho fertig ist und die ganze Station mit Zetteln gespickt ist, die darauf hinweisen, dass man unten in der Station, die Fahrtrichtung nicht mehr wählen kann.

Die nächste Station ist Ueno-Hirokoji, und dann Ueno. Hier kommt die Folge „Tokyo Underground“ von NHK ins Spiel. Alle Stationen von Ueno bis Asakusa wurden frisch renoviert und haben ein Thema bekommen: Ueno referenziert den Uenopark mit seinen Museen. Sie haben sogar eines der alten Drehkreuz der Station als Ausstellungsobjekt in der Station aufgestellt.

In Inaricho und hier dominiert Holz. Es ist eine Referenz an die alten Holzhäuser Japans. In Tawaramachi gibt es Wabenmuster aus Metall, die darauf verweisen, dass dies ein Handwerkerviertel war. In Asakusa angekommen dominieren zinnoberote Flächen den renovierten Teil der Station.

Nakizumo

In Asakusa fange ich sofort mit dem VNV-Projekt an (über das ich separat berichten werde), bis mich eine Uhr daran erinnert, dass hier noch ein Veranstaltung stattfindet. Das Nakizumo. Eine Sache, die ich erklären muss: Zwei Sumoringer versuchen kleine Kinder zum weinen zu bringen. Je lauter sie weinen desto besser. Es soll die Kinder gesund und stark machen.

Die ganze Nummer ist irgendwie nicht kompatibel mit meinem westlichen Gehirnwindungen. Zumal der Weg zum weinenden Kind nicht immer erfolgreich ist. Manche Kinder sind eher hochamüsiert, wenn Monstermasken das Gegenteil bewirken sollen.

Zur Hälfte des Nakizumu wechsel ich wieder zum VNV-Nation-Projekt. Es ist erstaunlich, wie sich der Blick auf einen Stadteil, einen Tempel, ja auf eine Häuserfassade ändert, wenn man versucht den Screenshot nachzustellen. Ich bin schon gespannt, welche neue Sichtweisen sich in Shibuya und Shinjuku ergeben.

Das nächste Matsuri auf dem Tagesplan findet in Ryogoku statt. Eigentlich wollte ich die Chancen nutzen, um auf dem Weg dorthin die Brücken des Sumidagawa zu fotografieren, aber die sind alle eingerüstet. Die bekommen rechtzeitig für 2020 einen neuen Anstrich. Also dann nächstes Jahr.

Nigiwai Matsuri

Das Matsuri ist eine kleines Stadtteilfest. Die Stimmung ist entsprechend lokal und entspannt. Direkt am Kokugikan schnappe ich mir eine Dose Highball und eine Schale mit Chankonabe.

Die Straße neben dem Bahnhof  ist gesperrt und voll mit Buden für Essen, Trinken und andere Dinge. Oben am Edomuseum ist noch ein Wettkampf von Tanzgruppen. Ob das zum Matsuri gehört oder eine eigenständige Veranstaltung ist, kann ich nicht sagen. Ist aber auch egal.

Ein Blick auf die Uhr verrät: Ich habe die Zeit vergessen. Es ist bereits 16 Uhr. Ich verschiebe den Kimono auf morgen und starte direkt mit dem Rücksturz zum Hotel. Für die letzten beiden Punkte auf dem heutigen Plan gilt ein Dresscode.

Suigian

So langsam habe ich die Reisezeiten in Tokyo raus. Ich bin kurz vor 19 Uhr in Nihonbashi. Das Suigian ist am Ende eines kleinen Parks mit dem Fukutoku-Schrein, der sich inmitten der nagelneuer Hochhäuser befindet. Das hier ist genau das andere Tokyo, der maximale Kontrast zu Kyojima von gestern.

Das Suigian ist genau wie ich es mir vorgestellt habe. Es hat Stil. Da wegen der Golden Week sehr wenig los ist, bekomme ich ein Sitzplatz direkt an der Bühne. Das Sushimenü (leider wegen der Lichtverhältnisse etwas unscharf geraten) gibt den richtigen Auftakt, dazu ein Glas guter Sake.

Die Noh-Aufführung ist in drei Teile unterteilt. Ich bekomme englische Hintergrundinformationen zu allem. Und ich brauche Sie. Für die Sprechweise des Noh brauchen selbst Japaner Untertitel. Was mir von meiner Sitzposition direkt ander Bühne auffällt, ist die Art zu gehen. Suriashi.  Ich weiß nicht, ob ich das könnte: mich gleichzeitig auf das Suriashi, den Text, die Gesten und die Körperhaltung konzentrieren. Gegen 22 Uhr ist Last Order.

Imperial Bar

Dies passt ganz gut, denn ich will noch in die Imperial Bar verlegen. Das Hotel ist schon Upper Class. So viel Personal allein in der Lobby habe ich zuletzt im Ritz-Carlton gesehen. Die Bar ist im Obergeschoss und ich muss etwas warten bis ein Sitzplatz frei wird.

Die Whiskypreise sind hoch. Das war aber zu erwarten in der Hotelbar eines Luxushotels in Japan. Die Cocktails sind ebenfalls teuer, wenn man bedenkt, dass sie etwa 8cl groß sind. Das Daddy O ist dagegen ein Schnäppchen.

Zurück zu meinem Hotel nehme ich ein Taxi. Es ist spät geworden und ich will etwas Zeit retten, zumal ich nicht weiß, ob noch eine U-Bahn fährt. Außerdem kommt es nach dem heutigen Abend auf die etwa 20€ auch nicht mehr an.

Fazit: Ich muss noch einmal ins Suigian. Der Ort ist genau auf meiner Linie. Und ich muss morgen noch Mal in die Imperial Bar … Ich habe die Sonnenblende vom Objektiv und meine Infos aus dem Suigian liegen gelassen.


Nachtrag: Die Idee für das Suigian stammte von der NHK Show Tokyo Eye 2020. Da während der Show keine Foto erlaubt sind (und ich im Gegensatz zu anderen Touristen sowas respektiere – Stichwort Fotoverbot in Kyoto Gion) greife ich hier mal auf die Screenshot des NHK Show zurück.

noch 4 Tage – Shibamata, Kyojima, Noren Gai

Ich bin gelandet. Der Flug war premiumentspannt und es gab wirklich Champagner. Noch am Flughafen wechsel ich von Yukata zurück in westliche Klamotten; macht Sachen einfacher beim Koffer tragen. Am Bahnhof Daimon dann das traditionelle Ankunftbier.

Ein schneller Blick auf die Ameyokocho zeigt: Das Reiwa-Zeitalter kommt, zumindest bezüglich Marketing. Und um 9 Uhr stehe im Hotel Edoya und gebe den Koffer ab. Es ist fast genau ein Jahr her, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, es war letzte Woche, dass ich hier  an der Rezeption stand.

Der erste Punkt ist Shibamata und der Weg dorthin ist die Joban-Linie. Zu Fuß geht es nach Ueno (schneller Check: ja die Schlange am JRP-Schalter ist mindestens eine Stunde lang). Die Joban fährt auf 4 verschiedenen Bahnsteigen und keine nach Kanamachi. Zurück zur Information. Aha, ich muss in Kita-Senji umsteigen, deshalb kann ich Kanamachi auf der Streckenkarte nicht finden.

Und jetzt der Knaller des Tages: Der Zug nach Kanamachi ist die Verlängerung der Chiyoda-Linie, in die ich direkt am Hotel hätte einsteigen und 45 Minuten sparen können. Ich muss endlich berücksichtigen, dass U-Bahnen nicht immer enden, sondern als Regionalbahn weiterfahren.

Shibamata

Shibamata ist schnell erkundet, aber definitiv einen Abstecher wert. Vom Bahnhof zum Tempel sind es 250m. Die Straße dorthin ist Japanurlaub pur und durch meinen Anreiseweg beginne ich genau in der Mitte. Alte Häuser mit dutzenden kleinen Läden. Shibamata ist berühmt für Dango, und so esse ich mich langsam durch zum Tempel. Highlight war Mochi mit Beifuß, etwas bitter aber genau meine Linie.

Der Taishakuten ist klein aber fotogen. Ich hätte fast vergessen die 500 Jahre alte Kiefer vor dem Tempel mit aufs Bild zu nehmen. (Was ich vergessen habe sind Fotos von den berühmten Schnitzereien … Ich schiebe das auf den Jetlag) Gleich hinter dem Tempel ist der Yamamoto-Tei, der Blick in den Garten ist entspannend. Es geht weiter runter zum Fluss. Auf eine Bootsfahrt verzichte ich. Es folgt ein kurzer Stopp im Tora-San-Museum.

Hier muss ich kurz ausholen. Es gab mal eine Filmreihe, die hieß „Otoko wa Tsurai yo“ mit 49 Folgen, die zwischen 1969 und 1996 gedreht wurden. Das Ding scheint ein Riesenhit in Japan gewesen zu sein, am Bahnhof steht immerhin eine Statue vom Hauptdarsteller. Der Hype erschließt sich mir nicht vollständig, aber ich war hier.

Auf dem Rückweg kann ich bei einem derGeschäfte noch ein Bier abstauben. Die sind noch am Einstellen der Zapfanlage und gekühlt ist es auch noch nicht richtig. Daher ist dieser Becher umsonst. Danke. Ach ja, das Wetter ist bombig. Sonne pur, etwa 24 Grad.

Kyojima

Kyojima liegt auf dem Weg zurück nach Tokyo und nicht unweit (eine Bahnstation) vom Sky Tree. Dieser Stadtteil wurde von der Zeit übersehen: alte Nagaya und schmale Gassen. Das hier ist ein Stück altes Toyko, das von den Bomben des WWII verschont wurde.

Hier und heute zieht dieser alte Charme vor allem junge Leute an, Künstler und Kreative. Nachdem ich zwei Stunden durch diese Gassen und Straßen gewandelt bin, verstehe ich langsam, warum. Ich finde ein paar alte Nagaya, die auf eine neue Verwendung warten. Potential.

Mein erster Stopp ist der Maskenladen, der auf NHK gezeigt wurde; ein merkwürdiger Ort. Der zweite Stopp ist das Kendama-Cafe namens Halahelu [PR7F+FP] [facebook]. Hier erhalte ich weitere Tips für die Gegend. Ein paar davon schaffe ich, bevor ich zurück nach Yushima fahren muss. Eines davon ist das „Satellite Kitchen“ [PR7F+JG] [instagram]. Ein kleiner Laden, der Kräutertee serviert. Der Tee wird frisch aus dutzenden Kräutern nach Wunsch des Gastes zusammengesetzt und zubereitet.

Otsuka – Noren Gai

Zurück in Yushima erfolgt der Check-in (Zimmer 407, eine Etage höher als sonst). Und dann geht es, mit Stativ bewaffnet, weiternach Noren Gai in Otsuka.

Noren-Gai, das sind 9 Kneipen, die den Straßenzug hier vor 2 Jahren grundlegend verändert haben. Optisch ist es genau das, was man von Tokyo und Japan erwartet. Kleine Kneipen, dicht an dicht, die Fassade verziert mit dutzenden Lampions. Auf google-maps sieht man (Stand April 2019) noch, wie die Häuser vor ein paar Jahren aussehen. Was für ein Unterschied.

Nach der Fotoserie startet der kulinarischen Teil von Noren-Gai. Alle 9 Lokale werde ich nicht schaffen, aber drei sind möglich. Ich probiere mich durch diverse Dinge: Aal, Schweinezuge, Rinderbacke und rohes Pferdefleisch. Dazu ein großes Glas — auf diesen Moment habe ich seit Wochen gewartet — Suntory Kakubin Highball.

Die Zusammenfassung ist einfach: Das war nicht der letzte Besuch. Ich werde definitiv den Rest der Speisekarte und die anderen Restaurants irgendwann testen.


Die Ideen für den heutigen Tag (Shibamata, Kyojima, Otsuka Noren Gai) kamen allesamt von der NHK-Serie Tokyo Eye 2020.

infos zu Shimbata: [japan-guide] infos zu Otsuka Noren Gai: [japantravel]


P.S. Ich würde zu gerne die Begründung hören, warum eine Vokabel für Pferdefleisch 桜肉 = さくらにく  ist. Was haben Pferde mit Kirschen zu tun?

Upgrade auf Premium Economy

Irgendwie komisch gelaufen. Vorgestern konnte ich ein Gebot für ein Upgrade auf Premium Economy abgeben. Ich habe so tief geboten, wie es die App zugelassen hat. Was soll ich sagen. Heute Mittag kam die Mail. Mein Gebot hat wirklich gewonnen.

Damit ist die Idee eines Fluges für 640€ natürlich vom Tisch, aber hey: Premium Economy; Noise Canceling Headphones und Champgner inklusive, dazu mehr Beinfreiheit und Breite, USB, Internet und eine Leselampe. Hoffentlich gewöhne ich mich nicht daran.