Ich habe immer noch den Plan, den Tokaido zu bereisen. Es begann als Idee eines Testlaufs für die 77 Tempel von Shikoku. Ich habe letztes Jahr ein paar Seiten zu dem Thema geschrieben, als ich in googlemaps die Strecke virtuell abgefahren bin. Dort habe mich ein wenig dazu ausgelassen, warum der Tokaido so berühmt ist und was es mit den 53 Stationen auf sich hat, bzw. warum ich 53 Fotos machen will: die ukiyo-e von Ando Hiroshige.
Hier nun die Geschichte hinter Hiroshiges Tokaido-Reise und uykiyo-e …
Ukiyo-e
Ich werde bei Zeiten einen eigenen Artikel dazu schreiben. Hier schnell die Kernfakten:
Technisch sind Ukiyo-e mehrfarbige Holzdrücke. Für jede Farbe wurde ein Holzstempel erstellt. Für ein komplettes Bild müssten die Stempel exakt auf dem Papier positioniert werden. Die Präzision, mit der dies geschah, ist beeindruckend. Ebenso beachtlich sind die feinen Linien und Strukturen, die als Negativ (!) in den Holzstempel geschnitzt wurden und natürlich über mehrere Stempel identisch sein mussten, damit die Farbgrenzen passen. Echte Handwerkskunst.
Mit einem Stempelset konnten mehrere hunderte Bilder gedruckt werden, bevor der Stempel verschlissen war; Linien brachen und Randunschärfen entstanden.
Heute kosten Originale 100€ oder mehr. Damals waren es günstige Souvenirs, mit einem Preis der dem einer Schale Udon entsprach. Es waren die Postkarten des 19. Jahrhunderts und wurden als Mitbringsel oder Erinnerung an eine Reise gekauft.
Ukiyo-e heißt frei übersetzt Bilder einer schwebenden/treibende Welt. Es war eine in Eod sehr beliebte Handwerkskunst.
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Hiroshige
Ando Hiroshige wurde1797 in Edo als Sohn eines Feuerwehrmanns aus dem Stand der Samurai geboren (ich muss hierzu noch mal einen Artikel bauen). Im Alter von 12 wurde er zur Waise und beerbte die Position seines Vaters als Brandschützers. [wikiEN]
Die Aufgabe war nicht gut bezahlt, bot aber viel Freizeit. Er fing an zu malen. In 1812 (im Alter von 15) schloss er seine Ausbildung ab, was ihm das Recht gab, seine Werke zu signieren. Zu seinen Arbeiten gehörte das Anfertigen von Ukiyo-e.
Hiroshige kombinierte die Stile verschiedener Schulen, darunter der Kano-Schule, Nanga und der Shijo-Schule. Aus der westlichen Kunst adoptierte er die lineare Perspektive.
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Hiroshige und Ukiyo-e
Als Hiroshige anfing, sich mit Ukiyo-e zu beschäftigen, waren es primär Portraits von Kabuki-Darstellern und Kurtinsanen. Landschaftsbilder waren bis dahin kein Thema. Dieser Trend entstand erst um 1830.
Hiroshige machte die ukiyo-e-Landschaftsbilder populär
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Ein Ukiyo-e lesen
Anders als ein westliches Bild, muss eine Ukiyo-e von rechts nach links gelesen werden. Auch wenn Hiroshige die westlichen, lineare Perspektive einsetzt, so folgen seine ukiyo-e auch der asiatischen Perspektive: je weiter oben ein Element ist, desto weiter ist es entfernt.
Zudem gibt es, anders als in westlichen Bilderm, eine zusätzliche, zeitliche Komponente. Ukiyo-e sind kein „Schnappschuss“. Sie stellen einen zeitlichen Ablauf dar, erzählen eine Geschichte, die die Lesart von rechts nach links begleitet. Charaktere auf dem Weg und auf Bank sitzend können daher auch gelesen werden, als eine Wanderer, der an der Bank eine Pause einlegt, bevor eine seine Reise fortsetzt.
seine Reise entlang des Tokaido
Heute fahren Züge rauf nach Tokyo bzw. runter nach Kyoto. Als Kyoto noch die Hauptstadt war, war die lesart umgekehrt. Das muss damals für Verwirrung gesorgt haben. (In Deutschland fahre ich immer rauf nach Lübeck, während der Bayer runter nach Lübeck fährt. Ich orientiere mich an einer nordweisenden Karte. der Bayer orientiert sich vermutlich an den Höhenangaben?)
Daneben gab es den Begriff jokyo, der eine Reise nach Tokyo bezeichnete.
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Buchempfehlung
Ein kurzes Buch für einen schnellen Überlick wäre „Hiroshige; The 53 Stations of the Tokaido“ von Muneshige Narazaki (ins Englische übertragen von Gorden Sager); Kodansha International; 1969; ISBN 0-87011-100-0 — Ich habe die 6. Auflage von 1979