Archiv der Kategorie: 東京

Keine Region im eigentlichen Sinne. Tokyo gehört zu Kanto. Ich bezeichne also Tokyo aber gerne das Areal, das man schnell mit dem Zug von Ueno/Tokyo erreichen kann. Über „Was ist Tokyo?“ läßt sich streiten. Genau genommen ist es nur das Gebiet am Kaiserpalast. Die Präfektur ist ein weiter gefaßtes Tokyo. Das Ballungsgebiet Tokyo ist wiederum großer als die Präfektur. Bei mir fallen auch Yokohama und Chiba in die „Region Tokyo“. Kamakura und Hakone sind hingegen Kanto.

autofreie Pingparty

Sonntag. ist ein spezieller Tag in Tokyo: Cosplay Bridge und die „Fußgängerzone Ginza“. Zuerst geht es zum Kaiserpalast. Naja, nicht ganz. Erst will ich nach Nihonbashi; hatte ich 2004 ausgelassen. Ich will die Strecke dorthin laufen, aber die Hitze ist das beste Argument den letzten Kilometer per U-Bahn zurückzulegen. Ich sehe schon das Schild 日本橋. Aber die Brücke an der es klebt, ist es nicht. Es ist die Brücke unter der Brücke. Sie ist der Nullpunkt des japanischen Straßennetzes seit der Edozeit. Diese Kulturgut ist heute überbaut von der Autobahn „Asahi Expressway 1“. (Nachtrag: Starbucks meldet 11:31 Uhr bei 31°C, Das wird ein Tag)

Jetzt ab: Kaiserpalast. Durch das mächtige Tor in eine grüne Oase. Ohne die Hochhäuser im Hintergrund würde man sofort vergessen, daß man in einer Millionenmetropole ist. Das Bild, daß sich bietet, die Bäume, die Bürotürme im Hintergrund, ist einmalig. Ich schlendere durch die weitläufige Anlage und zur Hintertür raus.

Hier ist die Judohalle und daneben der genauso berühmte Yasukunischrein. Und ja, es ist ein Hort von Nationalisten. Gut, daß ich ein Shirt mit deutschem Aufdruck trage. Hier als Ami durchzugehen wäre nicht optimal. Das Schreingebäude ist wie jedes andere. Anders ist das Museum mit Waffen und Flugzeugen aus dem zweiten Weltkrieg.

Anschließend um den Palast herum und zur Nijubashi und dem Haupttor zum Palast. Ein mystischer Ort für Japaner und Touristen. Es ist das Foto, das in jedem Reiseführer ist. Quasi der fotografische Inbegriff des Kaiserpalastes. Dreht man sich um 180° blickt man über eine grüne Parkfläche auf die Skyline von Marunouchi. Genau hier kollidieren Geschichte und Moderne.

Weiter zur Ginza. Erstaunlich. Selbst die Hibiya Dori vor dem Palast, eine der wichtigesten Straßen in Tokyo, ist heute autofrei. Von hier zur Ginza ist es ein Kilometer; achtspurig. Ich nutze die Gelegenheit, um den Hibiya-Park zu besuchen. Reißt ich nicht vom Hocker. Noch zwei Querstraßen. Hier ist der Verkehr chaotisch wie immer. Dann erreiche ich Ginza. Auf der Straße eine mini-Absperrung. Die meinen das wirklich ernst. Die Ginza selbst ist nicht wiederzuerkennen. Bänke und große Sonnenschirm mitten auf der Straße. Bei der Hitze bestimmt nicht die schlechteste Idee. Hier läßt es sich aushalten. Ein Bier und ein Kaffee später und es ist bereits 16 Uhr. Wird Zeit nach Harajuku zu starten. Dummerweise ist die nächstbeste Station Shiodome genau auf der anderen Seite der Ginza. So war das nicht geplant.

Kurz vor fünf bin ich in Harajuku. Aber außer ein paar Goth-Girls ist nicht viel los. Das hatte ich nicht erwartet. Also ein Lauf durch die berühmte Shoppingstraße Takeshita-Dori, Goth-City sozusagen. Quirlig, laut, schrill. Die richtige Dosis japanischer Jugendkultur.

Auf zum Yoyogi-Park. Hier ist mehr los. Verkaufsstände, Rockbands, Rockabilies. und anderes skurieles Volk; und Livemusik? Ein Schild: heute ist Ping-Party. Was auch immer das ist. Der Musikstil ist, ich sage mal, anders. Japan und gerade Toyko sind schnell, aber Bob Marley auf gefühlten 180BPM? Der Beat ist treibend und steckt an. Die Stimmung ist ausgelassen. Die Temperaturen partytauglich. Durch meine Kamera schaffe ich es bis in den Backstagebereich. Highlight des Abends ist aber ein Nissan-Transporter im Stil eines alten VW Bus.

2 Stunden später zieht es mich weiter nach Roppongi Hill, genauer: zum Mori Tower, 54F. Was für ein Ausblick. Lichter bis zum Horizont. Tokyo Tower und Rainbowbridge sind schnell ausgemacht, geben Orientierung. Man sieht die Autobahn als weiß-rote-Schnur, die sich durch das Häusermeer zieht. Die Skyline von Shinjuku ist zu sehen. Das dunkle Areal des Meiji-Schreins und des Kaiserpalastes. Mit dieser Aussicht endet der Tag. (Nachtrag: Heute entsteht aus das Blogtitelbild: Tokyo@night)

富士河口湖 から 東京 まで

Vom Fuji nach Tokyo sind es nur zwei Stunden, wenn man den richtigen Bus nimmt! 2004 habe ich mehrere Stunden mit JR und Co. gebraucht, um nur in die Nähe vom Fuji zu kommen. Wenn ich einen sehr späten Bus nehme, hätte ich genug Zeit für Mt. Fuji. Heute kann man die Spitze sehen. Und die Sonne scheint auch. Mit dem Bus geht es zur 5. Station bei etwa 2500 Höhenmeter. Bergauf will man die Strecke nicht laufen.Es gibt aber zwei Sachen, die ich nicht berücksichtigt habe: Ich werde erst um 11:50 an der Station sein und ich muß des Bus um 14:30 Uhr nehmen. Die Zeit reicht nicht bis zur Spitze.

Erstes Chaos am Ticket Counter, ein zweites Bus: Zu viele Leute für zu wenig Bus, allerdings hat der Fahrer mein Ticket bereits kassiert. Argh. Ich ergattere irgendwie einen Stehplatz und los geht es. Im Zick zack geht es bergauf. Alle paar Meter gibt es ein Schild, un man hat die nächsten 100 Höhenmeter geschafft. Die fünfte Station sieht aus als wäre sie in Östereich.

Der Weg beginnt als wirklich gut ausgebauter Wanderweg bergab. Wieso bergab? Dann wechselt der Weg auf „bergauf“ und „schlechte Schotterpiste“. Das wird auf die Knochen gehen; loses Geröll und Baumwurzeln, dazu schräge Stufen. Der Nebel wird stärker. Hänge wohl gerade in einer Wolke. Es folgt ein Geröllweg aus Vulkangestein mit einer geschätzten 10%-Steigung und Stufen. Geht in die Knochen und auf die Kondition. Ich ich mein Tempo halten kann ist fraglich. Ich überhole einige Reisegruppen und komme immer wieder ins Gespräch.

Der Blick geht den steilen Berg hinauf. Die Wolken sind jetzt unter mir. Man sieht den Wanderweg im Zickzack und eine Station. Es ist Nummer 7. Die 6 habe ich verpaßt. Noch 20 Minuten bis ich umdrehen muß. Ich blicke nach unten; eine Wolkenlücke. Man hat Sicht auf Kawaguchiko wie aus einem Flugzeug. Die Höhendifferenz ist knapp 1900 Meter. Beieindruckend. Ich versuche die anderen Fuji-Seen zu finden. Aber da kommt auch schon die nächste Wolke unter mir (!) und versperrt die Sicht.

Als ich endlich bei Station 7 ankomme bin ich platt. Pause. Ich kaufe nun doch einen Wanderstock als Beweis, daß ich hier war. An Station 5 habe ich mich diesem Tourikram noch verweigert. Die Preise haben sich gegenüber Station 5 verdoppelt und gegenüber Kawaguchi verdreifacht. Das gilt auch für Getränke. Ich genieße für eine kurze Zeit die Aussicht; nach unten auf die Wolken und nach oben zum Gipfel. Er sieht zum Greifen nach aus. Aber 2 Stunden Aufstieg sind das mindestens. Nach Karte sind es noch über 1000 Höhenmeter. So kurz vorm Ziel… Ein bischen ärgere ich mich schon. Aber ein Blick auf den Weg von Station 7 zu Station 8 sagt alles. Es gibt keine Geröllstrecke mit fieser Steigung und Stufen mehr.  Ab hier ist es pure Steine und der Weg ist ein ein dünnes Seil, das die Richtung vorgibt. Steigung 100%. Au Weia. Multipliziere ich das mit den ganzen Rentnergruppen, die ich überholt habe… Au Weia.

Nun aber zurück. Und ich dachte bergab ist einfacher. Falsch, es ist schwieriger. Man muß mit jedem Schritt abbremsen. Macht man das nicht, wird man immer schneller und Bremsen wird unmöglich. Es geht mehr in die Knochen als der Anstieg, zumal man von diesem schon am Limit ist. Gut, daß ich 2004 diese schweren Meindl-Wanderschuhe gekauft habe. Die retten mir meine Knöchel. Man rutscht verdammt schnell weg, und sich hier was Verstauchen ist nicht die beste Idee des Tages. Kurz vor Station 6 bin ich verwirrt. Wo kommen die Stufen her? Die gab es doch auf dem Hinweg nicht. Anscheinend gibt zwei Wege, hoffe ich. Jetzt habe ich auch Station 6 am dem Stock. Nach einigen hundert Metern eine Gabelung und es geht bergauf. Ich bin wieder auf vertrautem Gelände. An Station 5 habe ich noch 20 Minuten bis zum Bus. Perfektes Timing.

Um 15:30 Uhr bin ich wieder in Kawaguchiko. Mein Bus fährt um 18 Uhr nach Tokyo. Wäre da doch bloß ein späterer Bus gewesen, dann hätte ich auch noch die Station 8 geknackt. Was mache ich jetzt mit den 2 Stunden? War da nicht eine Brauerei auf dem Weg? Auf geht es mit dem lokalen Bus. Die Brauerei wirkt sehr deutsch. Mehr als nur Zufall. Ich bestelle ein Bier namens „Rauch“, das mit smoked malt bebraut wird. Und es schmeckt wirklich nach Holzkohle. Gewöhnungsbedürftig, aber definitiv einzigartig. Zurück am Bahnnhof dann der nächste Spaß: alle Busse nach Tokyo Eki sind ausgebucht. Also doch mit dem Zug? Zum Glück gibt es einen Bus um 18:30 Uhr nach Shinjuku.Wann lerne ich endlich, daß Shinjuku und Tokyo für Japaner zwei verschiedene Dinge sind. Von dort schaffe ich das schon irgendwie. Und hätte den anderen Bus ins Tal … Station 8 … Arghh.

Bussteig 3. Ich brauche den Bus Nummer 2. Nummer 1 fährt los und nun? Wo ist die zwei? Nach endlosen 10 Minuten (Verspätung) trifft er endlich ein. Ich hatte gerade so einen Aso-Flashback. Auf der Rückfahrt wird mir klar: Ich will auf den Gipfel. Ich werde also noch einmal zum Fuji. Und ich werde an Station 1 starten. Mein Wanderstab soll alle Brandsiegel haben. Das Ganze will gut vorbereitet sein, inklusive eine Übernachtung auf dem Gipfel. Das benötigt eine gute Absprache mit den örtlichen Stellen.

In Shinjuku das kurze Chaos mit meinem Gepäck und der Yamanote. Ich brauche unbedingt eine entspanntere Bahnlinie. Endlich im Hotel angekommen will ich nur noch duschen, etwas essen und schlafen. Die Ausbeute von heute: ein Wanderstock und die Erkenntnis, daß man in seine Reisepläne auch Busse und Nicht-JR-Bahnlinien einplanen sollte.

zwei Bokken

Wie kommt man nach Katori und Kashima? Über Ueno und Narita oder besser über Tokyo und Chiba. Ich frage nach: „Letzteres“ lautet die Antwort. Bis Chiba geht es relativ schnell. Der Zug danach ist ein Local durch und durch. Die Strecke zieht sich. Die Bahnstationen werden werden immer kleiner und kleiner. Aus überdachte Bahnsteigen, werden überdachte Wartebereiche, werden kleine Hütten und die breiten Bahnsteige weichen kleinen grasüberwucherten Gehwegplatten. Kurz vor Katori sehe ich sogar ein Station, die nur aus einer kurzen Metallrampe und einem Haltestellenschild besteht. Wird sind definitiv nicht mehr in Tokyo.

Mein Zeitplan ist im Eimer. Um 13 Uhr erreiche ich Katori. Ein kleines Dorf zwischen Reisfeldern. Wo lang? Die Hitze ist unerträglich. 35°C im Schatten, wenn denn irgendwo Schatten wäre. Ich frage nach dem Weg. Falsche Richtung. Zurück. Etwa 2km sollen es sein; zwischen den Reisfeldern entlang. Keine Chance der Sonne auszuweichen.

Und zwei neue Erfahrungen: Ich bin nie zuvor so fernab der Städte einfach eine schmale Straße entlang gegangen; zwischen endlosen Reisfeldern hindurch. Das ist so anders. Und… Es gibt überall Getränkeautomaten. Sogar hier zwischen den Feldern. Erst nachdem ich mich mit Proviant eingedeckt habe und schon einige hundert Meter entfernt bin, frage ich mich: Wo kriegt der Kasten eigentlich den Strom her?

Dann ein Wald. Endlich etwas Schatten. Ein Stück hinauf, ein Stück hinab, dann links und da steht das Torii, das den Eingang zum Katori-Jingu markiert. Es geht bergauf, war klar. Treppen, war klar. Der Schrein ist klein aber farbenfroh. Die schwarzen Tragbalken sind reichlich verziert, erinnern an die Bauten in Nikko. Ich kaufe zwei Ofuda, ein Bokken und ein O-mamori. Wenn ich jetzt den Rückzug antrete, kriege ich den Zug um 14:40 Uhr nach Kashima. Aber zuvor ein Bier. Das brauche ich jetzt.

Ich bin pünktlich zurück am Bahnhof und kurze Zeit später in Kashima. Zum Kashima-Jingu sind es nur 300m. Bergauf mit Treppen versteht sich. Es geht gleich am Bahnhof los. Ich folge der Straße mit dem Wasserlauf. Die Straße ist verkehrsberuhigt und schlängelt sich mit Lampions dahin. Der Eingang zum Schrein ist gleichzeitig der Beginn eines riesigen Waldbreiches. Es wäre recht idyllisch, wenn diese japanischen Grillen nicht so laut wären. Ein Baum mit Shimenawa und Zick-zack-Band – heilig, dann ein kleines Vogelhaus (?) im Wasser – auch heilig. Dahinter geht es weiter in den Wald. Zurück zum Hauptgebäude. Dunkle Hölzer.  Ich kaufe zwei Ofuda, ein Bokken und ein Omamori. Der Priester (Kanushi) segnet noch einmal Bokken und Tafel. Fühle mich geehrt.

Mittlerweile ist es später Nachmittag und die Hitze läßt nach. Unten am Bahnhof lese ich etwas von einem Bus direkt nach Tokyo Eki. Das klingt besser als die Zugfahrt. Jetzt erst einmal was essen. In finde einen Ramenshop. Außer mir sind vier Frauen anwesend. Es entwickelt sich ein etwas merkwürdiges Gespräch. Nach den Fragen „Woher? „, „Wie lange Urlaub?“, „Alleine unterwegs?“ usw. Getuschel und ein Zeichen: Kein Ring am Finger. Prompt die Frage nach einer Freundin. Ich verneine. Sofort wieder Getuschel. Das entwickelt sich jetzt irgendwie in die falsche Richtung. Wann kommt nur dieser Bus? Fotos. Das ist also die Braut, die verkuppelt werden soll. Jetzt schnell zahlen und raus.

Abfahrt um 18. Ich schlafe bis kurz vor Tokyo. Die Lichter der Großstadt werden immer mehr und höher. Ein Brücke. Entweder über den Arakawa oder den Sumidagawa. Um 20 Uhr sind wir in Tokyo Eki und ich starte sofort zum Hotel. Duschen. Definitiv duschen. Es folgt ein abschließender Rundgang durch Ueno und Akihabara. Ich finde den Gyoza-Laden von der ersten Reise. Abendessen. Es entwickelt sich schnell ein Gespräch. Um 0:30 bin ich wieder am Hotel und falle ins Futon. 6 Stunden Zug und Bus für 2 Schreine. Naja, der Weg ist das Ziel.

[Nachtrag: Ich habe bei Katori ein Bild ergänzt: Den Weg hinauf zum Tempel. Alle diese Steinlaternen hat es 11/3/11 (das große Tohoku-Erdbeben) zerlegt.] [Nachtrag 2: Das video von sirousaghi verlingt auf ein weiteres von nach dem Beben.]

eine Bootsfahrt

Für heute war Katori geplant, aber wie immer schlafe ich zu lange und frühstücke noch länger. Daher wird der Plan geändert: Asakusa, Sumidagawa, Hamarikyutein, Tokyo Tower, Zojoji, Roppongi. Volles Programm. In Asakusa (genauer am Senso-ji) war ich schon 2004. Die Weg dorthin ist mit Wiedererkennungswerten gespickt. Schon witzig, wenn einem alles irgendwie vertraut vorkommt; obwohl man nur einmal hier war und das vor 2 Jahren.

Höhe Ueno Eki beginnt ein Nieselregen, der sich innerhalb von Sekunden in einen Wolkenbruch verwandelt. Keine Chance in Deckung zu gehen. Er hört genauso schnell wieder auf, wie er angefangen hat. Und bei diesen Temperaturen bin ich am Tempel schon wieder getrocknet. Es folgen die ersten Urlaubsfotos mit der Digitalkamera. Das ist doch eine Umgewöhnung, gleich das Ergebnis zu sehen und es zu bewerten. Und dann nicht der Zwang sich auf 36 Fotos beschränken zu müssen. Und so fange ich an, alles und jeden zu fotografieren. Ich bezweifle, daß das eine gute Idee ist. Aber egal. Ich will ja auch keine Chance auf ein gutes Foto verpassen, jetzt wo es keine Limits gibt. (Wenn ich überlege: 2004 habe ich über 40 Diafilme durchgezogen, 5€ beim Kauf plus 5€ Entwicklung; 400€ Argh. Das war genauso teuer wie diese Kamera. Ich fange an das digitale Zeitalter zu lieben. Der Tempel selbst hat alles was man braucht: eine mehrstöckige Pagode, eine imposante Haupthalle und ein riesiger Lampion am Haupttor.

Weiter geht es zum Sumidagawa. Er müßte eigentlich gleich hinter dem Tempel sein. Höchstens 2 bis 3 Straßenzüge entfernt. Lucky. Das nächste Schiff fährt um 13:10 und es gibt keine Warteschlange. Bis zur Abfahrt bleibt genug Zeit für ein Eis, Sorte „Grüner Tee“. Das Boot fährt Richtung Tokyo Bay. Der Blick auf die Hochhäuser Tokyos ist unglaublich. Es ergibt sich vom Wasser aus ein völlig andere Kulisse. Auf dem Weg kreuzt die Fähre etliche Brücken. Jede hat eine andere Farbe und einen anderen Kostruktionsstil. Alleine dafür lohnt isch die Reise. Dann folgt der Rechtsknick zum Anleger am Hamarikyuteien; hindurch durch riesige Fluttore. Es wirkt wie die Einfahrt in eine verbotene Zone.

Der Park ist ein klassischer japanischer Garten, mit großem Teich und Teehaus. Im Hintergrund die Skyline von Shimbashi und Shiodome. Das sieht irre aus: Park und Bäume, dahinter eine glänzende Fassade aus Glas und Stahl. Ich wandele eine Stunde durch den Garten und verlasse ihn dann auf der Landseite. Ich stehe unvermittelt in Shiodome. Kontrastprogramm. Hier stapelt sich Tokyo: Straße, Fußweg, Yamanote, Monorail, Autobahn; alles mehr oder weniger übereinander. An dieser Stelle wird klar, in Tokyo muß man in 3D denken. Was auch verwirrt sind die Bäume, die in Ebene zwei und drei wachsen. Der Bezug Erdgeschoß ist komplett ausgehebelt. Moment … das Gebäude kenne ich. Hier bin ich 2004 lang gelaufen. Daß der Park gleich nebenan ist, hatte ich damals nicht bemerkt.

Auf nach Ropponig Hill. Das ist ein Stadtteil, aber ich meine modernen Gebäudekomplex, zum dem der Mori Tower gehört, der das Ziel dieser Reise ist. Der Komplex ist ein Beispiel moderner Großstadtplanung und ein architektonischer Knaller. So etwas wird man in Deutschland niemals finden. Es ist eine Mischung aus Hotel, Büro, Shopping, Restos und Amusement, inkl. Kino. Hier ist von früh morgens bis nachts Betrieb. Die Ebenen sind verwinkelt und in den Hügel verbaut. Man verliert auch dank der Rolltreppen, die schon mal eine Ebene überspringen, schnell die Orientierung und – nach Shindome nun zum zweiten Mal – wieder Gefühl für den Begriff Erdgeschoß. Dieser Begriff hat in Tokyo einfach keine Funktion.

Nachdem ich wieder weiß wo ich bin, geht es ins Dachgeschoß des Mori-Tower. Von hier hat man einen tollen Blick über Tokyo. Die Häuser erstrecken sich in alle Richtungen bis zum Horizont. Es ist kein Ende zu erkennen. Man sollte auch den Fuji erblicken können, aber es ist zu diesig. Ich finde ihn nicht. Dafür erahne ich wo Yokohama ist. Den Landmark Tower sehe ich aber nicht. Besser zu sehen ist das Waldgebiet mit dem Meiji-Schrein, Shinjuku und die Rainbow-Bridge. Der Imperial Palace, Tokyo Tower und Odaiba sind fast schon einfach. Schon jetzt ist klar: Ich muß hier nachts noch einmal her. Ich sage nur: Lichter der Großstadt. Die vorherrschende Farbe ist Grau, Betongrau. Von hier oben sieht, man, daß es außerhalb der Parkanlagen keine Bäume gibt.

Mit dem geplanten Programm bin ich durch, also probiere ich die Bonusrunde „Yokohama„. Klamottenwechsel im Hotel und los. Ich habe die Fahrzeit, besser gesagt die Umsteigezeit unterschätzt und bin erst um 21:00 am Queens Plaza. Als ich am Eingang zum Landmark Tower bin, ist er schon geschlossen. Ärgerlich. Weiter nach China Town. Zu Fuß: vorbei an den Warehouses, die in einem organgerot angeleuchtet sind. Da sieht man den Unterschied: die Mediadocks in Lübeck sind ähnlich gebaut, aber: kein Licht, keine Zauber. Weiter an der Promenade entlang. Am Ende der Park mit dem Funkturm und dem hell erleuchtetem Schiff (eine Diskothek). Wenn ich jetzt abbiege, sollte China Town zwei Querstraßen entfernt sein.

Aber auch hier ist schon (bis auf einige wenige Restos) alles zu. Nochmal: ärgerlicher. Ich hatte vergessen, daß China Town primär eine Einkaufstraße ist und die Geschäfte wie auch in Deutschland gegen 20 Uhr schließen. Ich schraube mir zwei riesige Man mit Schweinefleisch-Füllung rein. Dann geht es zur futuristischen U-Bahnstation Motomachi-Chukagai und zurück nach Yokohama Eki. Das Unwetter, daß den ganzen Tag schon für mieses Wetter sorgte, ist jetzt über mir. Ein Gewitter tobt, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt habe. Dann Blitz und Donner gleichzeitig. Besser gesagt, ein heller Knall. Ich hatte kurz Sorge, daß die Glasfront hinter mir kollabiert. Das war wirklich laut.

Im Hotel angekommen ein kurzer Anruf zu Hause; ein Lebenszeichen absenden. Und zum Glück rufe ich an, denn ich erfahre, daß JAL meinen Rückflug storniert hat. Ein Mischung aus Panik und Ungläubigkeit. Ich rufe sofort bei JAL an. Man ist erstaunt, daß ich mit einer japanischen Telefonnummer anrufe. Der Fehler ist beim Umbuchen auf den Flug über Amsterdam passiert. Die hatten mich in den anderen Flieger gesetzt, die Daten kamen aber nie im Computersystem an. Ein Wunder, daß ich es bis Tokyo geschafft habe. Es dauert etwas, bis ich die Bestätigung bekomme, daß ich auch zurückfliegen kann. Ich werde wohl trotzdem vor meiner Abreise noch einmal anrufen. Sicher ist sicher.

Tag ohne Koffer

Der Tag ohne Koffer beginnt. Meinen Plan für heute ist mangels Kamera über den Haufen geworfen. Stattdessen geht es nach Shinjuku zu diversen Kamerageschäften (nichts gefunden) und anschließend ins Schwertmuseum. Der Weg dahin führt durch eine typische Tokyogegend. Hier wird gerade die Autobahn gebaut. Etwa 20 Meter über dem Fußweg. Sieht schon bizarr aus, wie sich diese Trasse aus Stahl zwischen den Häusern durchschiebt und gefühlt frei schwebend über der Kreuzung, an der ich stehe, endet. Bis zum nächsten Träger sind es noch 30m.

 

Gegen 14 Uhr geht es weiter nach Shibuya. Tower 109. Das Geheimnis hinter der Zahl:10 wird „to“ gelesen, die 9 „kyu“, also Toyku. Gerüchteweise sollen sich in diesem Gebäude 190 Kneipen befinden, was aber nicht stimmt. Dann geht es weiter nach Akihabara. Hier finde ich eine gebrauchte K100D. Gekauft. 6.3000円, umgerechnet knapp 450€. Damit kann ich leben, und für mich beginnt das digitale Zeitalter.

Weiter zur Ginza. Hier soll es ein Sakemuseum geben. Die Adresse ist wie immer schwer zu finden. Ich habe die Straße und den richtigen Häuserblock. Aber wo ist diesen blöde Hausnummer und das Museum? Ich laufe zwei mal im Kreis, dann Frage ich nach. In einem Geschäft hat man einen Stadtplan. Obwohl es eher wie eine taktische Karte aussieht. Ich kann mit diesem Modell nichts anfangen. Die Verkäuferin schon. Ein Telefonat später die Lösung: Das Museum gibt es nicht mehr. Und nun? Ich laufe einfach die Ginza runter (bis nach Shiodome) und wieder rauf. Ginza ist Edelshopping auf 2km Länge und bis zu 12 Etagen. Hier ist alles vertreten.: Boss, YSL, Jil Sander, Burberry, Armani, Bulgari, Gucci, … Alles über meiner Preisliga. Jetzt erst einmal ein Stop. Kaffee und Kuchen. Das muß sein. Außerdem wird es dunkel. Höchste Zeit für was Eßbares.

Auf dem Weg nach Tokyo Eki bin ich irgendwo verkehrt abgebogen. Keine Ahnung wo ich bin. Es dauert ein wenig bis ich einen Eingang zum Untergrund (Yeasu) finde. Der Bereich um den Banhhof ist unterkellert, primär mir Restos und Izakaya, aber auch kleinen Geschäften. Wenn man die Karte sieht und anschließend durch die unterirdischen Gänge läuft, hat man leicht das Gefühl, daß das ganze so groß ist wie die Lübecker Innenstadt. Erschwerend kommt hinzu, daß nicht nur verwinkelt ist, sonder auch über mehrere Ebene läuft). Hinzu kommen die Kelleretagen von Bürogebäuden und Kaufhäusern, Der Bahnhof Tokyo Eki und ich glaube 6 U-Bahnstationen. Ich rede ich hier von Stationen, nicht Linien. Tokyo, Otemachi, Nihonbashi sind einzelne U-Bahnstationen. Sie sind alle untereinander verbunden. Man kann sich hier echt verlaufen. Glaubt mir.

Um 20 Uhr bin ich wieder am Hotel. Reichtzeitig für die Nachricht, daß ein Taifun auf Kyuushuu trifft. Autsch. Aber bis Kyushuu sind es noch ein paar Tage. Kein Grund nervös zu werden. Und … Mein Koffer ist da. Jetzt kann der Urlaub losgehen. Nach einer Dusche. Das Wetter ist einfach zu fies. Keine 5 Minuten und die Klamotten kleben.

Erfrischt starte ich erneut nach Shibuya. Bei Nacht ist dieser Bezirk einfach besser. Bunt und laut. Wie im Fernsehen. Wahrzeichen dieses Stadtteils ist die große Kreuzung mit den beiden überdimensionalen Bildschirmen. Beide haben Ton, was nicht gerade zur Übersicht in diesem Wirrwarr beiträgt. Nach einigen Stops ist es Zeit, den Rückzug anzutreten. Wenn ich mich recht erinnere fahren gegen Mitternacht die letzten Züge. Diese werden proppevoll sein. Den Gedanken haben aber auch andere. Es gibt zwei Wege von hier zum Hotel: die Yamanote und die Ginza-Linie der U-Bahn. Aber das ist auch egal. Die Fahrzeiten sind ähnlich und beide sind überfüllt. Aber immer noch besser als zu Fuß zu laufen. Die Strecke kenne ich noch von 2004. Das sind mehrere Stunden.

Link: Der Yamanote-Song
Link: Yamanote-Melodies (oder was man alles kaufen kann)