Matsuri-Tag 2. Der Wecker klingelt um 8 Uhr und nach einem ausgedehnten Frühstück starte ich gegen 9:30 uhr zum Platz an der roten Brücke. Hier zeigen drei Festwagen ihre Puppenspiele. Für die Puppen und ihre Bewegung, die über unzählige Seile gesteuert wird, ist die Gegend und das Matsuri in ganz Japan berühmt. Ich konnte die Technik vor zwei Jahren hier im Museum bestaunen (Blog dazu folgt noch). Die Aufführung des ersten Wagen kann ich nicht sehen, aber ich riskiere auf keinen Positionswechsel. Der Platz ist optimal für Wagen 2 und 3.
Dann geht es los. Puppe zwei läuft einen langen Steg entlang, schaut zu beiden Seiten und stellt ein Gefäß ab, das sie trägt. Dann … versagt die Technik. Irgendetwas klemmt. Die Puppenspieler, gekleidet wie Ninjas ganz in Schwarz mit Maske, erscheinen und werkeln. Dann scheint der Fehler behoben. Die Puppe geht rückwärts, schwenkt die Arme, dreht sich, vollführt einen Freudentanz. Die Menge jubelt. Weniger wegen der Puppe selbst, sondern viel mehr, daß der Fehler behoben wurde. Dann springt das Gefäß auf. Konfetti. Ein Dämon erscheint und tanzt. An dieser Stelle sei noch einmal erwähnt, daß der Dämon aus dem Gefäß springt, das eben noch getragen wurde. Nachdem das Gefäß abgestellt wurden, mußten die Puppenspieler also mit mehrer hundert Jahre alter Technik, die Bewegungsverbindung zum Gefäßinneren herstellen. Die ganzen Seile und Stangen dazu laufen in dem Steg, auf dem sich die Puppe bewegt. Die Technik ist echt ausgeklügelt.
Die dritte Puppe erzählt eine andere Geschichte, hat noch mehr technische Finessen. Eine Geisha, die sich in einen Dämon verwandelt. (Nachtrag: Ich habe ein paar Videos bei Youtube gefunden: video1, video2, video3)
Nach der Aufführung laufe ich etwas durch Takayama. Takayama und Mastushima. Zwei Orte, die ganz oben auf jeder Reiseroute liegen sollten. Ich treffe auf die Schweriner von vorgestern. Die waren gestern noch in Matsumoto. Dann wird der Platz gesperrt. Schnell eine gute Fotoposition. Musiker, Samurai, Schreinpriester. Es wird festlich. 3 Drachen führen einen Tanz auf. Soweit ich es verstehe, sollen sie böse Geister vertreiben. Es wirkt ein wenig chinesisch. (Nachtrag: Auch hierzu ein wenig youtube: video1, video2)
Weiter geht es am Schrein neben dem Platz. Ein Mikoshi (tragbarer Schrein) wird hinaus getragen. Von hier startet eine Prozession. Angeführt von zwei Dämonen, einer komplett in rot, der andere in grün. Seedämonen? Es folgen Schreinpriester, Drachen, Trommler, die Samurais, der Mikoshi, weitere Priester und Musiker. Alle ziehen sie von Haus zu Haus, um böse Geiste zu vertreiben (gegen Bares versteht sich). Die Drachen tanzen vor der Tür und stürmen dann durch die Haustür in die 1-2m in die Wohnung. Das soll die bösen Geister zur Hintertür hinaus verjagen. Ich folge dem Treiben für einige Zeit.
Danach geht es ein wenig durch die abgelegenen Straßen von Takayama, hier wo keine Touristen nerven. Ich bin der Prozession lange gefolgt und jetzt außerhalb des Touristen-gebietes. Hier steht auch der Hie Jinja und ich treffe auf das Ende Prozession. Ich bin der einzige Gaijin hier. Es geht die Treppe hinauf. Im Schreinhauptgebäude (Honden) haben sich die Priester und die „Samurai“ versammelt. Ich bleibe respektvoll außerhalb und so gut wie möglich unsichtbar. Blitz aus. Es werden nicht die besten Fotos werden. Ich will aber nicht stören. Hier folgt eine Art Dankesritual. Anders kann ich es nicht beschreiben. Es werden Formulare überreicht und es gibt eine Menge Verbeugungen. Mit meiner Kamera fühle ich mich wie eine Anachronismus. Das ganze Treiber wirkt zeitlich entrückt.
Anschließend geht es zurück zum zentralen Platz an der roten Brücke. Auf dem Weg dahin komme ich an einem Festwagen vorbei, der zurück in seine Lagerhalle geschoben wird. Das Matsuri ist vorbei. Ich werde eingeladen, das innere zu fotografieren und etwas Sake mitzutrinken. Da sagt man nicht nein. Schon vor Stunden ist mein Plan für den Tag ungültig geworden. Ich treibe von einer einmaligen Situation in die nächste bis es anfängt zu dämmern. Für mich heißt das Abendessen. Anschließend laufe ich noch ein wenig durch Takayama und versuche die Eindrücke zu verarbeiten. Der Tag endet gegen 22 Uhr im Onsen mit der Erkenntnis, daß das einfach zu viele Eindrücke waren. (Und auch zu viele Fotos; knapp 1800 Stück in 2 Tagen). Morgen gibt es eine kleine Verschnaufpause. Ich wechsele nach Nikko, wo das nächste Matsuri auf mich wartet.