Tee an der Phoenix-Halle

Heute geht es nach Uji, ins Epizentrum des grünen Tee. Ein Ort, den man aus der japanischen Literatur (Genji Monogatan) kennt. Die Zugfahrt führt über Kyoto, das gerade einmal 30 Minuten von Oosaka entfernt ist. Auf halber Strecke Oosaka-Kyoto ist die Suntory Destillery. Zwei neue Erkenntnisse für mich. In Uji laufe ich erst einmal die falsche Straße entlang. Zurück. Gegenrichtung. Am Ziel angekommen, stelle ich fest, daß mein Geld im Hotel liegt. Auf zur Post am Bahnhof. Argh. Meine Laune sinkt. Nicht gut.

Dann endlich durchschreite ich das Tor zum Garten der Phoenix-Halle. Sie wirkt alt, morsch und könnte einen neuen Anstrich vertragen. Die Wirkung ist vielleicht gerade deshalb gewaltig und erhaben. Mit dem See davor ergibt sich ein Motiv nach dem anderen. Ich laufe herum, aber ganz ehrlich? Einen Anstrich könnte das Ding wirklich vertragen. Ich besichtige die Halle von innen. Fotografieren ist allerdings verboten. In der Halle steht eine große Buddhafigur. Haut mich jetzt nicht vom Hocker. Aber eventuell habe ich nicht das Auge für solche Dinge.

Anschließend geht es über eine rote Brücke auf die andere Seite des Ujigawa. Ich sehe, eine Straße bergauf, einen Tempel. Die Mauern sind schneewei, oben drauf ein Holztor aus fast schwarzem Holz. Innen finde ich eine Oase der Ruhe mit Steingarten. Moos. Ich bin alleine. Was für eine Ruhe. Der Schrein nebenan ist wieder nationales Kulturgut. Nichts besonderes, aber mal ein anderes Design: Das Honden ist komplett mit Holz vergittert. Weiter zum Genji Museum. Leider ist sehr viel in Japanisch und ich kenne die Handlung nicht. Von daher sagt mir das alles sehr wenig. Aber man war da. Danach geht es zurück zum Bahnhof, nicht ohne unterwegs in einem Teegeschäft zu stoppen. Ich kaufe Pulvertee. Pulvertee aus Uji, Direktabfüllung. Das hat nicht jeder. Bei der Gelegenheit trinke ich gleich eine Tasse.

Zurück nach Oosaka. Jan wartet. Ich nehme ein Taxi in der irrigen Annahme das ich dann schneller bin. Nur kennt der Fahrer den Weg noch weniger als ich. Alle Nase lang stoppt er und fragt nach dem Weg. Sogar die Wache vor der amerikanischen Botschaft muß als Wegweiser herhalten. Am Ende rettet mich der Ramenladen von gestern. „Das kenne ich, hier müssen wir Links.“ Argh. Jan ist schon los. Damned. Sein Chef ruft ihn auf dem Handy an. Ich muß zur Juso Polizeistation. 30 Minuten später stehe ich in Juso. Wo ist die Polizei? Ich frage nach. Einfach der Bahnlinie folgen, auf die andere Seite der Gleise und da ist sie. Jetzt das nächste Problem: Die Polizisten haben keinen Plan, was ich will. Nachdem die Sprachbarriere überwunden ist, geht es mit dem Fahrstuhl nach oben. Eine Halle, Holzwände, Kamiza. Es sieht nicht aus wie im Bilderbuch, aber man spürt, daß es ein Dojo ist.

Das Training ist völlig anders. Nach 10 Minuten aufwärmen geht es los. Die hohen Dan-Grade stehen auf der einen Seite, auf der anderen die „Schüler“. Jigeko. Man kämpft, danach sagt einem der Trainer die Fehler. Abgrüßen. Man stellt sich wieder hinten an (beim gleichen Trainer oder bei einem anderen) und der nächste ist dran. So geht es fast 2 Stunden.

Um 21 Uhr ist Ende. Es regnet in Strömen. Jan shoppt schnell einen 100yen-Regenschirm (ich habe ihn heute noch, Stand 2011). Am Bahnhof stoppen wir in einer kleinen Kneipe für Snacks und Bier. Nächster Stop ein Internetcafe. Jan sagt, daß man hier im Notfall auch übernachten kann. Jeder Platz ist ein kleiner Cubicle mit Tür. Man ist für sich. Softdrinks gratis. Es gibt auch ein Sofo. Jetzt verstehe ich, wie diese Otakus durchs Leben kommen. Ich verpasse den letzten Zug. Eingentlich muß ich nur der Bahnline folgen. Ein interesannter, langer Fußmarsch abseits der Touristenpfade.