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Festival; pünktlich

Heute ist alles etwas organisierter: Todoroki, Asakasa, Tanzfest und dann Koenji. Auf dem Weg zur Yamanote suche ich das Sento, das es hier in Ueno geben soll. Ich finde es gleich auf Anhieb; unscheinbar und man muss das Kanji für Yu/Sen () kennen. Es ist der einzige Hinweis, dass es ein Sento ist. Zum Baden ist keine Zeit.

Ich bin wieder in Tokyo Eki und laufe die Korridore entlang in Richtung Yeasu; das unterirdische Shoppingareal. Der Bahnhof ist wirklich groß, ebenso die Shopping Mall unter dem Bahnhof und erst recht Yeasu. Die Karte listet 36 Ausgänge. Ich finde die Glocke (bekannter Treffpunkt) und Ramenstreet (ein Abschnitt in Yeasu mit mehreren Ramenläden). Ach ja, die haben den Eingang zum Shinkansen umgebaut. Alles in weiß, dezent in Blau beleuchtet. Macht was her. Die Größe der Buchstaben ist beeindrückend. Grobi wäre neidisch.

Für Todoroki muss ich in Oimachi umsteigen. Die Bahnlinie dorthin ist die gleiche die ich hierher genommen habe. Ich hätte sitzen bleiben können. Das Umsteigen in Oimachi verwirrt mich. Ich muss von Japan Rail zur Toyoko-Bahngesellschaft wechseln. Ausgeschildert ist aber die Rinkai-Bahnlinie. Dass sich Rinkai und Toyoko das Gebäude teilen, muss man wissen.

Todoroki ist ein süßer kleiner Bahnhof. Der Bahnsteig und das ebenerdige Bahnhofsgebäude sind zwischen den Gleisen. Direkt am Ausgang ist ein Bahnübergang. Das wäre so in Deutschland sicherlich nicht erlaubt.

Das Todoroki Valley ist gleich um die Ecke. Treppen führen nach unten. Die Zirkaden sind irre laut. Alles ist grün. Zum Glück ist es heute wieder kühl (27°C). Es reicht für Schweißperlen. Der Wanderweg folgt dem Fluss. Kaum zu glauben, dass man immer noch (mehr oder weniger) in Tokyo ist.

Ich schlendere den Weg entlang. Am Ende des Tals ist ein Schrein. Gleich dahinter ist das Tal zu Ende und der Zauber vorbei. Man ist wieder in der Megacity. Nach dem Schreinbesuch ist Zeit für eine Pause. Crushed Ice mit Erdbeersirup. Soooo japanisch. Danach geht es durch das Tal zurück.

Nächster Stop ist Harajuku. Asakasa lasse ich aus, da es schon 12:45 Uhr ist. Einen Stop in Hamamatsucho kann mir dann aber nicht verkneifen. In Harajuku ist Chaos; der Bahnhof ist überfüllt. Das Tanzfest ist in vollem Gang. Was mir auffällt: Die Fußgängerbrücke über die Omotesando fehlt. 2010 hatte ich von dort Fotos gemacht. Ich genehmige mir Matsurifutter: Yakitori, Takoyaki und etwas Sake.

Das Tanzfest ist irgendwie so ein japanisches Ding. Formationstanz. An den Unis gibt es sogar Clubs dafür. Wie bei Karaoke kann ich diese Faszination dafür nicht nachvollziehen. Um 15 Uhr erfolgt der Rücksturz zur Basis, um den Kameraspeicher leeren und frische Batterien einbauen.

16:15 Uhr. Ich verlasse das Hotel.  Alles klappt wie am Schnürchen. Ich bin um 17 Uhr, pünktlich zum Start, in Koenji. Der Bahnhof ist total überfüllt. Man schafft es kaum vom Bahnsteig runter bevor der nächste Zug einfährt und noch mehr Fahrgäste auf den Bahnsteig spült. Im Schneckentempo geht es die Treppen runter und auf die Straße. Hier verteilt es sich etwas.

Nach und nach steuere ich die verschiedenen Paradestrecken an. Immer auf der Suche nach guten Fotomotiven.  Um 18 Uhr fängt es an zu regnen. Super. Jetzt sind nicht nur Japaner im Weg sondern Japaner mit Regenschirmen. Als Europäer ist man auf Augenhöhe mit den spitzen Enden und die Sicht ab der dritten Reihe ist gleich Null.

Ich finde ich einen Platz in der ersten Reihe. Es regnet in Strömen. Ich bin schon patschnass, aber das ist jetzt auch egal. Nur, die Kamera meldet die ersten Bugs. Es ist nur noch eine Stunde. Durchhalten. Pünktlich um 20 Uhr kommt der Countdown und das Fest endet. Kein Finale. Einfach Ende. Auf dem Rückweg zum Bahnhof stoppe ich noch hier und da für Matsurifutter.

Um 21:30 bin ich in Arakicho. Die Suche nach der Science Bar INCUBATOR ist jedoch erfolglos (und es regnet). Viele dunkle Straßen und Korridore. Meine Karte hat sich im Regen aufgelöst und ist unlesbar. Ich muss in einer Bar nach dem Weg fragen. Der Barbetreiber eskortiert mich zum INCUBATOR. Heute geschlossen. Pech. Also zurück zu seiner Bar auf ein Glas Nihonshu. Die anderen Gäste üben sich in Karaoke. Um ein Lied komme ich nicht herum.

Die Rückfahrt ist mit Hindernissen verbunden. Der Bahnsteig der U-Bahn ist gesperrt. Eigentlich sollten noch Züge fahren. Nein. Heute ist Sonntag. Blöd. Da kein Personal da ist, springe ich über die Sperre. Anders kommt man sonst nicht mehr raus. Die Suica ist natürlich jetzt blockiert. Zur nächsten Station laufen? Im Regen? … Ein Taxi und 2700yen später bin ich zurück im Hotel.

Erkenntnis des Tages: Gute Planung ist unersetzbar, auch wenn es regnet.

Festival; verpasst

Zunächst: Ich habe ich Tokyo alle wichtigen und weniger wichtigen Sehenswürdigkeiten besucht. Es geht nun darum, Lücken zu schließen und Dinge zu finden, die ich auf NHK World gesehen habe.

Der erste Stop ist Tokyo Eki (nach einem kleine Pflichtabstecher nach Akihabara). Als ich 2004 hier war, gab es 3 Stufen, von denen ich nicht verstand, warum der Architekt sie hier verbaut hat. Mittlerweile weiß ich, dass damals das Fundament erneuert und ein Erdbebenschutz eingebaut wurde. Dafür wurde das gesamte Gebäude, unterteilt in Abschnitte, um einen Meter angehoben. Die Stufen damals war der Übergang zwischen angehoben und noch nicht angehoben Gebäudeteil.

Die Stufen sind weg und man frei wandeln. Der Bahnhof ist echt riesig. Und dazu kommen die ganzen unterirdischen Wege und Korridore. Und um die geht es mir: Es gibt eine „Unterführung“, die sich zwischen zwei U-Bahn-Linien durchquetscht. Es geht ein paar Stufen hinunter, da darüber eine U-Bahn-Linie ist. Der Weg ist schmal (genauso breit wie ein  Bahnsteig), weil links und rechts die Röhren einer andere U-Bahnlinie sind.

Auf dem Bahnsteig der Tozai-Linie sieht man, dass die Decke auf etwas 20m Länge abgesenkt ist. Das ist die Unterführung. Links und rechts die Gleise, die die Breite eingeschränken. Jetzt ergibt alles einen Sinn.

Es geht mit der Hanzomon-Linie weiter nach Koshikawa. Die ist irgendwie auch ein paar Korridore weiter. Ich bin schon lange nicht mehr am Bahnhof Tokyo, oder doch? Ist das jetzt Tokyo, Otemachi oder Nihombashi. Alle Bahnhöfe sind unterirdisch verbunden.

In Koshikawa gibt es einen der japansichen Garten. Auf dem Bahnhof sehe ich ein Plaket für das Fukagawa Edo Museum. Das nehme ich mit. Auf dem Weg dorthin entdecke ich einen kleinen Laden, wie er bei NHK beschrieben wurden: Man kann Süßigkeiten und einfaches Spielzeug kaufen. Quasi ein 100yen-Shop für Kinder. Ich kaufe mir ein paar japanische Kampfkreisel (fighting tops).

Das Museum ist klein aber informativ. Es ist wie ein kleines, überdachtes Museumsdorf. Ich trete ein und habe einen Blick von oben auf das Dorf. Ich gehe durch das Stadtteiltor und gehe zwischen den Häusern entlang. Durch Zufall kriege ich einen persönlichen Führer, der mir Details zu den Häusern erklärt.

Der japanische Garten Kiyosumi Teiein bekommt von mir eine durchschnittliche Bewertung. Er ist schön und bietet gute Motive. Aber meine Favoriten bleiben Hamarikyuteien und Kyushibarikyuteien.

Ich nehme die falsche U-Bahn. Es geht am Tsukiji vorbei in Richtung südliches Ende der Ginza. Es fängt an zu regnen. Ich rette mich in einen Ramenshop. Ich entscheide mich für Kurogomaramen „Black Sesam Ramen“.

Die Ginza ist heute (Samstag) Fußgängerzone. Alles was man hier kaufen kann ist für mich zu teuer, aber Windowshopping geht immer. Außerdem kann ich weitere Architekturhighlights fotografieren.

Dann erhalte ich die Info, dass der Asakusa Carneval heute stattfindet und nicht morgen. Das wirbelt jetzt meine Pläne durcheinander. Das ist jetzt dumm gelaufen. Die Infos im Internet waren falsch. Ich kriege noch die letzten 45 Minuten mit. Danach, wenn ich schon auf der Ecke bin, kaufe ich die Souvenirs in der Kappabashidori.

Gegen 18 Uhr mache ich mich in Yukata auf in Richtung Koenji. Ich nehme den Rapid bis Nakano. Beim Umsteigen nehme ich dummerweise einen Rapid, der natürlich an Koenji vorbeifährt. Ich muss zwei Stationen zurück. Erst kurz vor 19 Uhr bin in Koenji. Hier erwischt mich der zweite Planungsfehler. Ich habe nicht gewusst/berücksichtigt, dass das Festival Punkt 20 Uhr endet. Die verbleibende Stunde will gut genutzt sein. Ich kenne die Routen noch grob aus 2010, also starte ich gleich durch.

Einen guten Platz für Fotos finde ich nicht so recht. Ich versuche ein paar Schnappschüsse aus der zweiten Reihe. So ganz gelingt es mir nicht bei den Lichtverhältnissen. Die Sensorempfindlichkeit ist durch starkes Rauschen limitiert; die Schärfentiefe durch die geringe Blende; die Belichtungszeiten durch die schnellen Tanzbewegungen. Ich habe ein Problem.

Kurz vor Ende, auf der Suche nach gutem Sake, lande ich bei einer Truppe durchgekrachter Japaner; tätowierte, ausgeflippte schräge Vögel. Die Yukata bricht das es. Wir klönen bis weit nach 21 Uhr. Auf dem Weg zum Bahnhof stolpere ich über ein paar „Ausländer“, die in Koenji wohnen; ebenfalls ein sehr schräges Volk. Aber Zeit für ein Bier ist immer.

Der  späte Zug hat einen Vorteil, dass er relativ leer ist. Die Koenji-Besucher sind alle schon weg. Dieses Mal bleibe ich im Local. Nach einigen Bieren und Sake gehe ich auf Nummer sicher. Von Ochanomizu aus geht es direkt zurück ins Hotel. Da wartet ein Rotenburo.

Erkenntnis des Tages: Planen heißt Zufall durch Irrtum zu ersetzen.

高円寺阿波おどり (Koenji Awa Odori)

Der Tag startet mit meinem Fruehstücksklassiker: Reis + Misosuppe, dazu Kaffee und 2 Brötchen. Dieses Jahr ergänzt durch eine Banane (man muß auch mal was Neues wagen).

Dann gehe es los. Akihabara und über Nihonbashi weiter zur Ginza. Ich laufe die Strecke, bei den Temperaturen nicht unbedingt die beste Idee des Tages. Die Route hat zwei Überraschungen parat: Nihonbashi ist eine einzige Baustelle und das Kabuki-za an der Ginza haben sie abgerissen. Damit sind zwei geplante Foto-Shootings abgesagt. Einzige Ausbeute bisher ist ein Foto vom Fluß Kanda. Die Häuser sind bis ans Wasser gebaut. Das ist Tokyo. Jeder Zentimeter wird genutzt.

Compact Tokyo

Auf nach Ebisu. Die Station ist nach der gleichnamigen Brauerei benannt, die dort einmal stand, nicht umgekehrt. Ich genehmige die Führung auf japanisch (habe nichts verstanden). Dann geht es zur Bierprobe. Hier(von) vestehe ich mehr.

Die Gegend im die Brauerei heurm ist irgendwie anders als der Rest von Tokyo. An der Straße stehen Bäume. Der Zugang zur Bahnstation ist ein Eyecatcher; schwer zu beschreiben. Auf dem Ebisu-Gelände steht ein altes Herrenhaus; keine Ahnung, ob es ein Original ist. Optisch paßt es so gar nicht in diese Megacity. Abschließend geht es rauf zur Aussichtsplatform. Ich kenne Tokyo von oben, aber diese Perspektive ist neu. Am Horizont erkenne ich den Landmark Tower von Yokohama. Das Häusermeer ist durchgehend. Wo hört Tokyo auf, fängt Yokohama an?

Weiter zur Cosplay-Bridge. Keiner da? Dafür eine Bühne und Awa Odori-Tänzer. Nicht nur in Koenji scheint heute ein Festival zu sein. Es ist voll. Ich kann einen guten Platz an der Absperrung erringen. Der Sponsor ist übrigens Volkswagen.

Meiji Jingu mae

Zurück im Hotel frage nach dem Weg zum Koenji Awa Odori. Praktisch, der Zug von Ochanomizu fährt sogar direkt dorthin. Die Größe des Festival, habe ich ein wenig unterschätzt. Es ist rappelvoll. Von der Bahnstation konnte ich auf die Hauptstraße blicken und die Parade sehen. Aber die direkten Wege sind von der Polizei gesperrt. Ich verliere die Orientierung. Laufe durch die überfüllte Gassen. Überall werden Snacks und Getränke verkauft. Volksfeststimmung.

Ich laufe zick-zack. In einer kleinen Straße treffe ich auf Tänzer. Es ist eng, aber die Stimmung ist einmalig. Nach ein paar Minuten zieht es mich weiter. Ich finde die Hauptstraße und kann mir – keine Ahnung wie – einen guten Platz sichern. Die Bilder sprechen für sich. Die Kulisse ist übrigens tiptop. Mir gegenüber ist eine Tribüne. Von dort hat man die bessere Aussicht, aber ich habe stattdessen die Lampions als Hintergrund.

Die Stimmung ist super. Ich sitze auf einer Tatamimatte, genieße ein Bier und mache Fotos. So macht Japan Spaß; Mittendrin statt nur dabei. – Habe übrigens die Japaner verblüfft, als ich ohne Aufforderung die Schuhe ausgezogen habe, bevor ich auf die Tatami getreten bin.

Koenji-Awa-Odori

Das Fest ist zu Ende. Ich lasse den ersten großen Besucherstrom in Richtung Bahnhof ziehen. Ich mache die Bekanntschaft mit einem „Samurai“; genauer gesagt eine Schauspieler. Sein Outfit erinntert mich an Sanjuro Kuwabatake aus Yojimbo von Kurosawa (einer meiner Lieblingsfilme). Zurück in Ochanomizu gehe ich zu Fuß in Richtung Akihabara und finde dabei einen Schrein. Die Beleuchtung ist definitiv einen Schnappschuß wert. Außerdem trage ich schon die ganze Zeit das Stativ mit mir rum. Zu irgendwas muß es ja nützlich sein.


Fazit: Perfekter Japan-Auftakt. Hoffentlich kann ich das noch toppen. Diesen Tag buche ich trotz leichter „Zähigkeit“ am Anfang als vollen Erfolg. Morgen dann Odaiba. — Wer die Chance hat, das Koenji-Awa-Odori zu besuchen, sollte es unbedingt machen. Ich verspreche ein einmaliges und umwerfendes Japanerlebnis.


Nachtrag: Hier ein paar Infos zum Koenji-Awa-Odori …
– Die offizelle Webpage webpage.
Youtube video von 2010 (bin aber nirgends zu sehen :-)
– ein weiteres video auf Youtube von 2006.
Denkt euch den PC und den Bildschirm weg und baut euch in die Atmosphäre der videos ein. Japan, 28°C, spätabends, Yakitori und Asahi Bier; und keine Verpflichtung außer die, im hier und jetzt zu sein … Deshalb fliege ich nach Japan und nicht nach „Malle“.


Kanji-Lexikon: Miso (みそ, 味噌), Yakitore (焼き鳥), Kabuki (歌舞伎), Cosplay (コスプレ), Tatami (畳, trad. auch 疊, 疉 oder 疂), Koenji Awa Odori (高円寺阿波おどり),  Akihabara (秋葉原), Nihonbashi (日本橋), Ginza (銀座), Ebisu (えびす), Odaiba (お台場),