Auftakt; Architektur

Nach der Passkontrolle wechsle ich in westlichen Kleidung. Mit Meindl-Schuhen komme ich einfach schneller durch Tokyo. Bei meinem Yukataplan hatte ich Laufstrecke zum Hotel vergessen. Es ist 7 Uhr und die Hitze ist unerträglich. 30 Grad und ernorme Luftfeuchte. Das Teleobjektiv war im Gepäckraum des Flugzeugs und ist noch kalt. Es beschlägt sofort. Fotos sind unmöglich. Das kann ja was werden. Denken löst bereits Schweißausbrüche aus.

Zuerst wird Haneda Airport erkundet. Hier steht ein Nachbau der Nihonbashi. Macht schon was her. Ich hatte die Brücke schon auf NHK World gsehen. Echtes Zypressenholz. Man riecht es. Der Rest vom Flughafen hat so früh noch nicht geöffnet.

Monorail und Yamanote bringen mich nach Okachimachi. Es folgt der Fußmarsch zum Yushima Tenmangu, um den lokalen Kami begrüßen. Außerdem ist der Weg über die Treppe einfacher als die nervige Steigung, die ich früher gegangen bin. Im Hotel werden die Koffer zwischengeparkt, und ich starte durch nach Asakusa. Ein paar Fotos vom Tempel müssen sein. Ich habe erstaunlicherweise kein einzige Foto vom Kaminarimon.

Eines der Ziele ist Marugoto Nippon: ein kleines Einkaufszentrum mit Dingen aus ganz Japan. Naja, zieht jetzt keinen Hering vom Teller. Nächster Punkt auf der Liste ist Kappabashi. Hier kann man Zubehör für Restaurants und Izakaya kaufen. Ideal für das „etwas andere“ Souvenir. Ich bin schon mehrfach an der Straße vorbeigelaufen ohne zu merken/wissen, dass es die Kappabashi ist. Ich hatte die nie auf dem Radar. Ich merke mir ein paar Läden und sichere mir schon mal ein paar Hera (箆, diese Spachtel für Okonomiaki).

Dann geht zurück zum Hotel. Checkin und kurze Pause. Ich muss duschen. Meinen Ansatz „ein Hemd pro Tag“ kann ich knicken. Die Hitze ist unglaublich. Laut Fernsehnachrichten zieht Taifun 10 unter Japan entlang, wird nach Norden drehen und Tokyo kreuzen; am 30.08.2016. Wenn mein Geburtstag ins Wasser fällt, dann wortwörtlich.

In Omotesando kaufe ich eine weitere Yukata. Meine ist etwas kurz/eingelaufen. In Japan ist die Länge akzeptabel, aber 2cm außerhalb meiner Konfortzone. Hier in Omotesande starte ich auch meine Design-Tour.

Omotesando ist die neue Ginza mit Edelläden wie Gucci, Boss und Versace. Aber es geht mir nicht um Klamotten. Die kann ich mir eh nicht leisten. Tokyo ist ein Mekka für Architekturfans. In der Omotesando (und auch an der Ginza) weiteifern die Nobelmarken auch im Gebäudedesign. Hugo Boss. Das Gebäude ist in Form an die Bäume angelehnt, die hier in der Omotesando stehen. Die Verschalung des Betons hat eine Holzmaserung in dem Beton hinterlassen.

Kenzo Tanges Olympiastadion als zeitloser Klassiker von 1964 steht in der Nähe. Ein Gebäude finde ich nicht. Da habe ich mich wohl auf der Karte vertan. Egal. Ich laufe weiter durch die kleinen verwinkelten Gassen von Aoyama. Auch das ist Tokyo. Plötzlich ist der Mori Tower zu sehen. Einfach so hinter dem Wohnhaus aufgetaucht. Ich bin schon in Roppongi.

Links, etwa 500m entfernt, sehe ich Midtown. Da war ich noch nicht. Fazit: Shopping ja. Sightseeing nein. Da hat Roppongi Hill optisch (architektonisch) mehr zu bieten. Gleich fängt die Dämmerung an und die kann schnell sein.

Das Resto unten im Hotel hat vor ein paar Jahren das Konzept und die Speisekarte gewechselt. Ich bestelle Soba mit Entenfleisch. Lecker. Nach dem Abendessen genehmige ich mir noch einen kurzen Abstecher durch Ueno. In Yukata geht es die Straße runter und an der Tankstelle nach links. Nicht nur an einer Eckkneipe gibt es positves Feedback für meine Kleidungswahl.

Durch einen Navigationsfehler lande ich (wieder einmal) in dieser ultrakleinen Whiskeybar; eigentlich wollte ich ins Tullys. Die Bar ist etwa 4m lang und 2m breit. In der Mitte verläuft über die ganze Länge der Tresen.  Man sitzt am Tresen und mit dem Rücken an der Wand. Die Bar existiert schon seit 45 Jahren und ich vermute es ist immer noch der gleiche Besitzer. Das Alter kommt hin.

Erkenntnisse des Tages: Es ist irre heiß. In Ueno hat sich viel verändert. Rund um das Hotel fehlen drei Hochhäuser und der McD am Keisei Bahnhof ist weg. Asakusa hat jetzt Fahrradwege und man sollte für den ersten Tag keine großen Pläne schmieden. Es gibt auch Konstanten wie den Teppich im Flur im Hotel Edoya und diese ulltrakleine Whiskeybar.

Plan für morgen: Tokyo Eki, Shopping, Tanzfest am Meiji Jingu, Koenji Awa Odori und die „ICUBATOR Science Bar“.