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Big Hero 6 .. wie Japanisch ist es

Big Hero 6 (in Deutschland: Baymax) kam 2016 in die Kinos. Die Geschichte spielt in der fiktiven Stadt San Fransokyo, nicht nur beim Namen eine Mischung aus San Francisco und Tokyo. Die Frage ist: Ist eine Mischung oder nur eine Atrappe?  Eine amerikanische Stadt mit pseudojapanischen Designelementen und Kauderwelsch-Schriftzeichen? … Ich will jetzt auch nicht jede Szene zu Tode analysieren. Schauen wir uns einfach ein paar Szenen an.

Schriftzüge

Die Schriftzüge sind kein Kauderwelsch. Gut. Hier im Screenshot kann man sehr gut Manjuu in Hiragana lesen. Manjuu ist Konfekt aus gestampften Reise mit einer Füllung aus rote-Bohnen-Paste. Lecker und so japanisch. Auch die anderen Beschriftungen sind in verständlichen Japanisch (oder Chinesisch). Das Torii hinter den Schriftzügen ist allerdings Asiadekokitsch. Aber so richtig böse kann ich dem Film nicht sein. Man findet so was auch in Japan.

(Unfreiwillige) Erinnerung an Akihabara

Diese Szene hat mich irgendwie an Akihabara erinnert. Das war sicherlich nicht im Sinne des Erfinders. Oder doch?

Tokyo ist für mich untrennbar mit Bahntrassen auf Viadukten verbunden. Dies mag auch daran liegen, dass mein Hotel in Yushima, unweit von Ueno liegt, wo die Yamanote bis hinunter nach Kanda auch einem Viadukt läuft. Zwischen Ueno und Kanda liegt Akihabara. Und die grüne Eisenbahnbrücke der Chuo-Sobu-Linie ist ein Wahrzeichen dieses Stadtteils.

Ich vermute, dass die grünen Geländer meine Gedanken gelenkt haben. Auffällig ist aber schon, dass die Brücke in Big Hero 6 wie das Proginal 4 Längsträger hat und es unter ihr einen Zebrastreifen gibt.

Die Straßen von San Francisco

Diese Szene ist natürliche Referenz auf San Francisco. Die Slopes (steile Straßen) und die Straßenbahn sind spätestens seit der Serie „Die Straßen von San Francisco“ allen bekannt. Durch die japanischen Elemente erinnert mich die Szene aber auch an Hakodate. Auch in dieser Stadt gibt es Slopes, westliche Holzhäuser und eine Straßenbahn. — Ein passendes Foto habe ich in meinem Archiv nicht gefunden. Ich wohl noch einmal nach Hakodate.

Automaten

Getränkenautomaten in allen Formen und Farben gehören einfach zum Stadtbild von Tokyo (und jeder anderen Stadt). In Big Hero 6 ist es ein Automat für Süßigkeiten und wenn ich jetzt angestrengt überlege, dann habe ich in Japan noch nie einen Automaten mit Süßigkeiten gesehen. Aber die Optik. Das nenne ich Wiedererkennungswert [Link]. Es gibt Automaten mit einem Manga-Maul an der Öffnung. Ich muss beim nächsten Japanbesuch ein Foto machen.

Funktürme

Beim Rundflug habe ich viel Freude an zwei Details gehabt. Das erste ist der Funkturm auf dem Gebäude. Das ist ein Doppeltreffer. Denn zum einen findet man riesige rot-weiße Funkttürme überall in Japan auf Gebäudedächern. Dagegen sind unsere Mobilfunk-Spargelstangen peinlich. Zum anderen ist dieser Funkturm im Film eindeutig eine Hommage an Tokyo Tower, der wiederum den Eiffelturm zum Vorbild hatte. (Funktürme in Eiffelturmoptik sind eine eigene Welt. Fast jede größere Stadt hat einen [Link])

Yatai und Ramen

Das zweite Detail war dieser Yatai auf der linken Seite, der Ramen verkauft (wie man auf dem Vorhang lesen kann). Yatai, diese kleinen mobilen Verkaufsstände, sind fast vollständig aus dem Stadtbild japanische Städte verschwunden. [Warum erkläre ich hier]. In Fukuoka findet man sich noch; und auch in Tokyo, wenn man weiß, wo man suchen muss.

Die Leuchtreklame im Hintergrund gehört für mich eher in die Kategorie „wie lässt man eine Stadt asiatisch aussehen“. Dennoch. Die Leuchtreklame orientiert sich eindeutig an Kabikucho  und auch Ginza.

Windkraft

Windkraft als Energiequelle der Zukunft darf natürlich nicht fehlen. Technisch finde ich diesen Ansatz eine höchst spannend Alternative zu großen Masten. Beim Design findet sich ein wunderschöne Referenz auf Japan. Immer ab April sieht man überall in Japan die Koi-Nobori, japanische Windsäcke mit Karpfenmotiv, die zum Kinderfest am 5. Mai wehen [mehr dazu hier]. Diese in Windkraftanlagen zu verwandeln würde ich zu gerne in der Realität sehen.

Polizeiautos

Wenn man den rot-blauen Lichtbalken auf dem Dach mal dem amerikanischen Einfluss zuschreibt, dann ist der Rest von den Polizeiautos, angefangen von der schwarz-weißen Lackierung bis hin zu diesem hohen Dachaufbau, aber sowas von japanisch. Wow. Bis hierhin kann ich nicht über Big Hero 6 klagen.

Kabukimaske

Und zuletzt die Kabukimaske des Bösewichtes. Fumble! So kurz vor der TD-Line. Es wäre fast eine zu-Null-Sieg geworden.

Ich will gar darauf eingehen, dass es im Kabuki keine Masken gibt, sondern dickes Make-up (Kumadori genannt) verwendet wird. Eine Maske in diesem Kontext ist durchaus sinnvoll.

Mein Problem ist mit dem Layout, besser gesagt mit der Farbe. Die dicken farbigen Linien markieren Temperament. Soweit ok, aber die rote Farbe ist Helden und Göttern vorbehalten. Für Bösewichter und Charaktereigenschaften wie Wut und Rache, die hier eindeutig die Motivation sind, ist die Farbe blau vorgesehen. Die Maske geht aber eindeutig in Richtung „Mukimi“ (siehe Übersicht), die für Leidenschaft und Attraktivität steht. Äh, Nein.

Fazit

San Fransokyo ist eine gelungene Mischung aus San Francisco (USA) und Tokyo (Japan), mit auch Liebe zum Detail. Ich finde es durchaus gelungen, vom Fumble bei der Maske mal abgesehen. Man hat sich Mühe gegeben und nicht nur eine amerikanische Stadt futuristisch-asiatisch aussehen gelassen, indem man Leuchtreklame montiert und die Dächer einegeschwungene Form haben.