Yuru-chara .. Maskottchen

Sie wirken wie aus einem Manga und sie sind überall. Jede Stadt hat sie; jeder Sportverein, ob Fußball oder Baseball; Jede Feuerwehr und Polizei hat eine: Maskottchen.

Obwohl ich nicht wirklich nach ihnen gesucht habe, laufen sie einem früher oder später über den Weg.  Meine wenigen Fotos sind nur die Spitze vom Eisberg. Hier mein Favorit, ein Inbegriff von Kawaii:

Hikonyan [20121225]

Der Begriff Yuru-Chara ist eine Verkürzung von yurui mascot character. Yurui kann man als sanft, weich oder entspannt (laid-back) übersetzten. Ein Yuru-Chara soll prinzipiell über drei Eigenschaften verfügen:

  1. starke Verbindenheit zur Heimatstadt oder Region.
  2. Die Bewegung soll einmalig, instabil und merkwürdig sein.
  3. Der Charakter soll unkompliziert und entspannt sein.

Aus meiner Sicht erfüllen 95% der Yuru-Chara diese Anforderung. Zu den restlichen 5% gehören Monster (bei denen der Designprozess irgendwo falsch abgebogen ist) und auch ein blauer Zombie-Bär. In Hokkaido gibt beispielsweise eine Kreuzung aus Melone und Bär mit Draculazähnen (leider kein Foto); sprich: manche Yuru-Chara haben das Potential für Albträume.

Das Charakterdesign bezieht sich meist auf eine lokale Spezialität oder Besonderheit. Das ist nimmer immer von Vorteil, will sagen dass manche Maskottchen sehr merkwürdig aussehen (siehe Kurashiki); als hätte sie ein 3-Jähriger mit Wachskreide entworfen.

Die enorme Popularität lässt sich wohl  nur mit der Kultur Japans am Besten begründen. Seit jeher gibt es hunderte von Oni und Yokai in Japan. Wie sonst wären Filme wie Mononoke Hime (Prinzession Mononoke) und Sen to Chihiro no Kamikakushi (Chihiros Reise) denkbar. Da ist es dann wohl nicht weit zum anthropogenen Gemüse und einem Draculamelonenbär.

Hier ein paar Maskottchen, die mir über den Weg gelaufen sind:

Der Start des Yuru-Chara-Booms liegt im Jahr 2007 in Hikone. Zum 400. Geburtstag der Burg wurde Hikonyan erfunden (siehe oben).

Zu diesen Zeitpunkt gab es schon viele Maskottchen. In 2008 startete das erste Yuru-chara-Matsuri. 2010 folgte der Yuru-Chara-Grand-Prix, in dem das beliebteste Maskottchen gewählt wird. Mit über 50 Milionen Zuschauern (in 2015) hat das fast etwas von Eurovision Song Contest. 2010 gewann übrigens Hikonyan. 2011 gewann Kumamon, über den wir noch reden müssen.

2014 gab es schon über 3000 Charaktere. Heute (6 Jahre später) kann ich nur raten, da ich keine aktuellen Zahlen finde. Diese enorme Anzahl hat liefert auch Probleme. Wenn jedes Dorf und jeder Straßenzug ein Maskottchen haben, wirkt die Marktwirkung des Regionalmaskottchen natürlich verwässert.

Ins Guinnessbuch haben es die Yuru-Chara auch geschafft: 2013 mit dem größten Maskottchen-Tanz (134 tanzende Maskottchen) und ebenfalls 2013 mit den meisten Maskottchen auf einer Veranstaltung (376 Teilnehmer auf dem 4. Yuru-Chara-Matsuri in Hanyu).

Da die Yuru-Chara nicht ständig im Dienst sind, trifft man oft ihre Pappversion, oder Plastikversion …

Zugegeben, beim leztzen Bild handelt es sich um kein offizielles Maskottchen. Das ist Tora-san aus der Fernsehserie „Otoko wa tsurai yo“ von Yamada Yoji. Die Serie spielt in Shibamate und wurde zwischen 1969 und 1995 gedreht. In der ganzen Stadt finden sich Statuen.

Kumamon

Lets talk about the bear in the room … Kumamon ist das Maskottchen von Kumomoto. Gerade nach dem Erdbeben 2016, bei dem die Burg von Kumamoto schwer beschädigt wurde, war es Kumamon, der auf PR-Tour ging. Der Marktwert dieser Figur beträgt heute (2020) unglaubliche 1 Mrd. Yen (ca. 10 Mio. Euro). — Eigentlich ist es nur ein Bär (jap.: kuma) mit roten Backen. Besonders kawaii finde ich ihn nicht.

Ni-Tama

Maskottchen sind nicht nur auf Kostüme beschränkt. Das bekannteste Beispiel ist wohl (Ni-)Tama, eine Katze. Ihre Mutter (Tama) war eine streunende Katze an einem Bahnhof im Nichts einer bankrotten Bahngesellschaft. Es begann als Gag, aber die Katze wurde erst Station Master, dann Super-Station Master und später sogar Vize-Präsidentin (kein Witz) der Bahngesellschaft. Heute wird Tama als Kami (Shintogottheit) im Schrein auf dem Bahnhofsgelände verehrt. Der Wirbel um den filinen Super-Stationmaster spült heute hunderte Touristen zum Bahnhof und hält die Bahnlinie so am Leben. Und natürlich war ich einer der Touristen.

Doramon und Co.

Und dann gibt es noch beliebte Manga-Figuren. Das sind streng genommen keine Yuru-Chara. Aber ich will sie trotzdem am Beispiel von Toyama erwähnen. Doraemon ist ein Roboterkatze auf Zeitreise (nehmt das jetzt einfach mal so hin). Einer der Erfinder ist Hiroshi Fujimoto, der in Takaoka geboren wurde. Wer heute nach Takaoka fährt findet Doramon überall: Stuen, Briefkästen, eine Straßenbahn mit Doraemon-Thema, …

Der Stadtteil Toranome Hills springt auf den Zug auf … Das wäre dann auch ein super Überleitung zum Thema „Geezer Puns“. Aber lassen wir das. Viel interessanter ist: Toranom hat Katzenohren!!!

Maskottchen im Sport sind auch im Westen bekannt. Dennoch. Auch sie gehören dazu …


Kurz: Wer in Japan reist, kommt um Yuru-Chara nicht herum.