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Nikko / Geldautomat

Heute ist der letzte Urlaubstag in Japan. Ich habe meine gesamte Liste abgegrast. Gut, den ein oder anderen Tempel oder Schrein hab ich verpaßt. Komplett offen ist aber Nikko.

Anreise

Davon abgeshen, daß ich viel zu spät aufstehe und zu lange am Frühstückstisch sitze, kommt der nächste Schock am Bahnhof. Der schnelleste Weg ab Ueno ist der Shinkansen. Der kostet aber 6000yen. Bei allem was recht ist. Nein. Plan B wäre der normale Zug. (Nennt man die eigentlich Kansen? „Shin“ heißt übersetzt neu.) Der Preis ist immer noch hoch, aber für mich ok. Der Haken kommt während der Fahrt. 100 Minuten fährt die Bahn nach Utsunomiya, wo ich umsteigen muß. 100 Minuten durch ein Häusermeer, das nicht zu enden scheint. 100 Minuten ist Lübeck-Hamburg hin und zurück. Hier ist es Tokyo. Einfach nur Tokyo. Haus an Haus. Erst kurz vor dem Ziel nimmt die Bebauungsdichte ab. Eine größere Lücke gab es nicht.

In Utsunomiya dann 50 Minuten Wartezeit. Der Anschlußzug ist gerade weg. Ich hätte ich gekriegt, wenn ich sofort zum anderen Bahnsteig gegangen wäre. Meine Laune sinkt. Die Fahrzeit sind noch einmal 45 Minuten. Fazit: 195 Minuten von A nach B. Darauf erst einmal Karre und ein Bier. – Karree ist eine komisch Kombination. Am besten Beschreibt es sich als deutsches paniertes Schnitzschnitzel, mit indischer brauner Currysoße (daher der Name) und japanischem Reis. Man kann es essen. Es ist billg, macht definitiv satt. Und es gibt viele Variationen. Langweilig wird es nicht. Aber Vorsicht. Das rote als Garnitur ist eingelegter Ingwer.

Nikko

Nach weiteren 45 Minuten mit dem Zug der Nikko-Line bin ich endlich am Ziel; um exakt zu sein fehlen noch 2km Fußmarsch. Es ist bereits 14 Uhr. Mir bleiben gerade einmal 2,5 Stunden. Und ich brauche Filmmaterial. Gestern in Hakone ging der vorletzte Film drauf. Ich habe nur noch 20 Bilder übrig. Wo finde ich auf die schnelle ein Fotogeschäft. Ich frage eine Gruppe junger Japaner. Sie haben Negativmaterial mit. Ich kaufe ihnen drei 24er-Filme zu je 300yen ab. Das sollte reichen. Los.

Die Straße geht immer geradeaus und leicht bergauf. Auf beiden Seiten gibt es ein Geschäfte und Kneipen. Wenn ich mehr Zeit hätte, wäre es eine richtige schöne Straße. Jetzt aber nervt sie ein wenig. Die Straße endet an einer T-Kreuzung. Links steht die rote heilige Brücke Shinkyo. Betreten kann man sie nicht. Sie ist abgesperrt.

Auf der anderen Seite der Straße warten Stufen. War ja so klar. In Stein gemeißelt steht hier „Weltkulturerbe“. Ich bin gespannt. Die Stufen rauf; links ab; den Sandweg lang, rechts; weiter den Sandweg lang; am Sanbutsu-do Tempel vorbei im Eilgang zum Tosho-gu. Er ist so ganz anders als die anderen Schreine. Chinesisch verspielt. Sehr viel Geld. Die Balkenkonstruktion wirkt überladen und chaotisch. Das Design ist mit nichts zu vergleichen, was ich in den letzten 4 Wochen gesehen habe. Er ist quasi der volle Kontrast zu Ise-jingu. Und das waren nur die Schätzhäuser.

Das Hauptgebäude ist ein paar Stufen. Zu beiden Seiten stehen alte, fast verwitterte Steinlaternen. Das Häuptgebäude ist ähnlich überladen mit Verzierungen. Rechts geht es zum Grab von Tokugawa Ieyasu. Dazu durschreitet man ein kleines Tor. Über dem Durchgang ist ein bekanntes Motiv in das Holz geschnitzt: die schlafene Katze von Nikko. Wie immer verbunden mit Stufen. Das Grab ist wenig spektakulär. Es ist eine große Urne mitten im Wald hinter dem Schrein.

Links neben dem Tosho-gu ist der Nikkofutarasan-jinja. Es hat den gleichen Baustil wie der Tosho-gu. Die Gebäude wirken alt. Der Lack ist an vielen Stellen ausgeblichen und brüchig. Hinzu kommt das Laub, das an vielen Stellen liegt. Herbst hat immer die Wirkung von Verfall. Viel Zeit für eine ausgiebige Besichtigung bleibt nicht. Den Taiyu-in lasse ich ausfallen. Es bleibt nur noch eine Stunde, bevor überall die Türen zu gehen. Es geht den Sandweg zurück. Ein kurzer Blick auf die 5-stöckige Pagode.

Der wohl letzte Stop ist der Rinno-ji. Er besteht aus 3 großen Gebäudekomplexen. Das Sanbutsudo ist eine große Halle. Sie ist ganz in rot gehalten, die Halle der drei Buddha. Ich riskiere nur einen schnellen Blick hinein. 50m südlich stehen weitere Gebäude. Hier befindet sich der Shoyo-en. Der Garten ist so entspannt. Ich versuche die Stimmung aufzusaugen. Nach 2 Stunden Vollgas gar nicht so einfach.

17 Uhr, Feierabend in Japan. Zurück zum Bahnhof. Abendessen fällt aus. Meine Bargeldreserven sind aufgebraucht. Die Banken in Nikko sind geschlossen. Um 17:30 Uhr stehe ich wieder am JR Bahnhof von Nikko. Auf der Rückfahrt nach Utsunomiya unterhalte ich mich mit einem Franzosen.

Bankautomaten

Um 20 Uhr bin ich wieder in Ueno und steuere direkt auf Akihabara zu. Fast alle Geschäfte haben gesschlossen. Weiter zur Bank. Geschlossen. Weiter zur Post. Hier sind die Automaten aus. Oder kann ich sie nicht bedienen? Ich sehe einen Klappe die als Nachtschalten beschriftet ist. Ein Klingel. Die Klappe geht auf. Dahinter sitzt ein Japaner. Ich glaube es nicht. Diese Geschichte stimmt also auch.

21 Uhr: Ich erkläre kurz mein Problem: fliege morgen früh zurück und brauche Geld für den Zug nach Narita. Das hätte ich lassen sollen. Er fängt an zu telefonieren. So wie es aussieht sind alle Automaten aus. Es ist Sonntag. Er telefoniert weiter. Währenddessen reift Plan B. Ich verzichte auf ein Abendessen und stehe morgen eine Stunde früher auf. Nur kriege ich diesen Postbeamten nicht gestoppt. Er läuft immer noch im Hilf-dem-Gaijin-Modus. Das ist ja wie in Oosaka.

Ich verklicker ihm, daß einfach morgen wieder komme. Das Hotel Edoya ist dicht bei. Kein Problem. Dennoch will er mir ein Taxi rufen. Auf Kosten der Post. Habe ja kein Geld. Nach ein paar Minuten kriege ich das gestoppt. Nur raus aus der Post.

Zurück beim Hotel finde ich den Portier in Hektik vor. Der Typ von der Post hat angerufen und eine weitere Welle in den Teppich geschlagen. Der Portier, über 60, spricht kein Englisch. Er hat sich mit mehreren Wörterbüchern bewaffnet, um mir zu helfen. Ich komme aus der Nummer einfach nicht raus. Wieder vergehen Minuten bevor ich glaube, die Sache im Griff zu haben. Weit gefehlt. Ich soll in der Lobby warten, der Hotelchef kommt. Arghhhh.

30 Minuten später ist der Chef da. Ich erkläre das Mißverständnis. Er kürzt die Sache ab. Er zieht meine Kreditkarte durch, bucht 3000yen aus der Hotelbar drauf und zahlt mir das Geld aus. Es kann so einfach sein. Jetzt habe ich Geld für das Bahnticket, kann ausschlafen und Abendessen.

Ein letztes Mal in die Nacht hinaus nach Ueno. Ich laufe etwas herum und steuere einen kleinen Laden an. Keine Ahnung was es ist, aber es ist lecker. Weiter. Nächster Stop ist der Laden First Kitchen. Dort bestelle ich eine Art Hamburger mit Hänchen, Okonomiyakisoße und Kohl. Ebenfalls unglaublich lecker. Allerdings sind die Chili-Pommes unglaublich scharf.

Letzter Stop ist das Hotelonsen. Edoya hat auch eines. Auf dem Dach im 7. Stock. Die Wassertemperatur ist gerade richtig. Schon merkwürdig mitten im Tokyo unter freiem Himmel in einem Onsen zu sitzen. Dabei ist völlig egal, ob es Thermalwasser ist oder nicht.

Nachtrag: Zum Glück schaue ich noch einmal auf das Flugticket. 11:40 Abflug. Ich habe mich um drei Stunden verzettelt. Das wäre beinahe schief gegangen.

abendessen

hotel onsen

argh flug geht schon um 11:40

Randnotizen

  • Fazit: Nach Fuji vorgestern die zweitschlimmiste Anreise. Zum Glück konnte ich einen Crashkurs in Nikko machen habe dennoch nur die Hälfte gesehen.
  • Nikko ist Pflichtprogramm und eine Reise wert; in meinem Fall eine zweite.
  • Ich habe die drei Affen und die Halle des schlafenden Drachen verpaßt.
  • Sonntags sind die Geldautomaten aus.

Hakone / Yokohama

Es bleiben 2 Tage und 2 Ziele. Heute ist Hakone dran, morgen Nikko. Mit dem Shinkansen geht es nach Odawara. Damit ist es fast die gleiche Reiseroute wie gestern. DaAnk des Shinkansen verlief es bis hierher aber viel schneller. Ein Problem entdecke ich erst in Odawara: Mein JRP ist gestern abgelaufen. Der Datumstempel beginnt mit dem Jahr in japanischer Zähling. 16.10.15 mein 15. Oktober im Jahr Heisei 16 = 2004. Ich hab das die ganze Zeit als 16. Oktober gelesen. Das werde ich auch als Ausrede benutzen. Ich muß den JRP noch den ganzen Tag nutzen. Ich habe sonst nicht genug Geld dabei.

Mit einer Bummelbahn geht es 4 Stationen weiter nach Hakoneyumoto. Hier muß ich erneut umsteigen. Die Bahn in die ich jetzt einsteige sieht alt aus. Sie erinnert etwas an die Straßenbahnen von San Francisco. Echte Nostalgie. Die Strecke führt den Berg hinauf nach Gora. Plötzlich stoppt die Bahn auf freier Strecke. Draußen läuft der Schaffner vorbei. Was ist jetzt los? Es geht rückwarts. Zurück? Nein, weiter bergauf. Jetzt kapiere ich, die Bahn fährt Zickzack den Berg hinauf. Wäre eine coole Idee für eine Modelleisenbahn.

Dann wieder ein Stop. Der nächste Wechsel? Meine Augen bleiben auf dem Schaffer. Er rennt von links nach rechts. Auf halber Zuglänge trifft er auf einen anderen Schaffner. Salutieren die? Ich glaube es nicht. Dann läuft er weiter. Der zweite Schaffner rennt ebenfalls weiter. Da haben die zwei Leute im Zug. An jedem Ende einen, aber nur einer darf den Zug fahren und muß bei jedem Richtungswechsel von vorne nach hinten rennen? Sieht ganz danach aus.

Es geht weiter. Am dritten (und letzten) Richtungswechsel das gleiche Spiel. Seitenwechsel, Salutieren und weiter. Die Bahn fährt kaum schneller als Schrittempo. Es bleigt genug Zeit, den Blick in die Berge zu genießen. Bis auf wenige Stellen ist die Strecke eingleisig. Viele Züge fahren hier nicht.

Bergwanderung

In Gora muß man erneut umsteigen. So langsam nervt das. Der nächste Abschnitt ist nur 1km lang. Es ist eine Art Seilzugbahn, die mit konstranter Steig am Berg hochfährt. Bahnsteig und Waggons sind schräge gebaut, die Türen der Steigung entsprechend angepaßt. In Sounzan muß man in eine Seilbahn umsteigen. So langsam geht das ins Geld.

Ich verfolge einen anderen Plan. Ich habe ein kleines Schild gesehen. Es gibt einen Wanderweg nach Owakudani. Der Weg führt über den bewaldeten Berg. Eine Alternative nach dem ganzen warten und in Zügen sitzen.

Der Weg beginnt, natürlich, mit Stufen. Dann beginnen auch schon die Schwierigkeiten. Die Treppe selbst sind kaum mehr als ein Trampelpfad mit Steinen, die die Stufen bilden. Die Steine hören auf. Festgetretener Sand und Wurzel ersetzen sie. Der Weg ist mehr oder weniger eine Rinne im Waldboden, die das Regenwasser bergab nimmt. Moos, rutschige Wurzeln und Stufen aus Lehm bilden den Weg, der als Linie in der Karte eingezeichnet war.

Anstrengend. Miyajima war ein Witz dagegen. Nach einer Stunde habe ich etwa 300 Höhenmeter geschafft. Oder waren es mehr. Ich habe keine Ahnung. Es geht weiter. Die Vegetation ändert sich. Weniger Bäume, mehr Büsche. Mir kommen immer wieder Japaner entgegen. Ausweichen auf dem schmalen Weg ist nicht einfach. Dann der Gipfel.[Nachtrag: In google-Maps beginnt der bei 760 Höhenmeter. Der erste Gipfel ist bei knapp 1360m]. Blick auf den Fuji. Wow.

Weiter geht es auf dem Bergrücken. Ein Abzweiger. Links geht es zum Gipfel des Wie-auch-immer. Rechts nach Owakudani. Aber was macht das Warnschild hier? Der Weg ist gesperrt wegen Vulkangasen. Na super. Also über den Gipfel zum See oder zum zweiten Gipfel und mit der Seilbahn weiter zur Südspitze. Das ist auch ein Plan, aber ich verpasse Owakudani; das Zentrum von Hakone. Soll ich zurück zur Seilbahn nach Gora? Pause zum Nachdenken.

Eine weitere Japanergruppe kommt. Jetzt stehen wir zusammen vor dem Warnschild. Sie erkennen mein Dilemma, noch bevor ich frage. Die Antwort verblüfft: Kein Problem. So schlimm ist es nicht. Sie wollen auch diesen Weg gehen. In Owakudani steht deren Auto. Wir tun uns zusammen. (Vorab: Alleine hätte ich das nicht gewagt, und das wäre auch gut so gewesen.)

Owakudani

Der Weg führt bergab. Loses Geröll. Nicht ganz einfach. Und so wie ich das sehe klettere ich das nicht wieder hinauf. Es gibt kein zurück. Der Geruch von Schwefel steigt in die Nase. Die Vegetation ändert sich. Kein Bäume nur Büsche und Bambus. Dazwischen tote Sträucher und Bäume, bzw. deren Überreste in Form grauen Ästen.

Dann eine Absperrung auf dem Weg. Die Japaner klettern rüber. Ich hinterher. Ein paar Meter und Kurven später sind auch letzten grünen Blätter weg. Der Schwefelgeruch nimmt zu, kratzt im Hals. Eine Mondlandschaft. Nur noch weißgraue Stöcke, die einmal Bäume waren. Überall neben dem Weg steigt Rauch auf. Eindeutig: Vulkangase. Deshalb die Absperrung. Alles um einen herum sagt, man sollte besser nicht hier sein.

Ein Japaner warnt mich. Die nächsten Meter besser nicht atmen. Spinnt der? Jetzt sehe ich warum. Der Weg verschwindet im Nebel; besser gesagt im Schwefel. Mit Anlauf geht es durch die Wolke. Atmen kann mn hier nicht. Die Landschaft ist gespenstisch. Der Boden und die ganzen Baumreste sind grauweiß. Einige Stellen sind schwefegelb. Überall dampft es. Man hört es brodeln. Postapokalyptisch.

Ein Blick zurück. Der Berg sieht so grün aus. Vor uns dutzende Touristen; auf der anderen Seite einer Absperrung. Die bestaunen das Kraterfeld von Owakudani. Ich bin mittendrin. Schnell arbeiten wir uns durch an den dampfenden Kratern vorbei, durch die Büsche auf die richtige Seite des Zauns. Erst jetzt fühle ich mich sicher. [Nachtrag 2010: Bei dieser Reise habe ich keine Fotos gemacht, aber 2008. Ich werde weitere Fotos ergänzen.]

Lake Ashi

Ich werde auf eine Runde Onsen eingeladen. Ich entscheide mich dagegen. Zum einen will ich die Japaner nicht weiter nerven, zum anderen muß wollte ich nich zum Lake Ashi und dann muß ich auch noch zurück nach Tokyo. Was sie sich nicht nehmen lassen ist, mich runter zum See zu fahren. Ich bedanke mich bei der Truppe und setze meinen Weg alleine fort. Dieser Weg beginnt mit einer leckeren Schüssel Soba, denn zur Abfahrt des Bootes sind es noch 30 Minuten.

Die Bootsfahrt ist entspannend. Endlich etwas Pause. Leider nur wenig Ruhe. Die ganze Fahrt wird begleitet von einer Art Reiseführere auf Band. Oben an Deck ist es zwar etwas kühl, aber die Lautsprecher sind unter Deck. Lake Ashi ist ein Kratersee. Das Ufer entsprechend steil. Bäume wächsen hier bis ans Wasser heran. Sehr schön anzusehen. Auf der linken Seite steht ein kleines Torii mitten im Wasser. In Hakonmachi endet die Fahrt. Es ist noch etwa eine Stunde hell.

Hier war zu Samuraizeit eine Mautstation. Sie befand sich auf der Handelsroute zwischen Tokyo und Kyoto. Die Begriffe Kanto, für die Region um Tokyo, und Kansai, für die Region um Kyoto, haben ihren Ursprung durch dieser Station. Meine sie doch übersetzt nichts anderes als östlich bzw. westlich der Station. Der Checkpoint ist sicherlich keine Reise, aber wenn man hier, kann man ihn ruhig besuchen. Nur um da gewesen zu sein.

Vom Checkpoint für eine 2km langes Stück der alten Handelsstraße nach Moto-Hakone. Der Weg führt durch einen Zedernwald. Die Bäume beeindrucken immer wieder; sehr hoch und kerzengrade. Leider ist der Abschnitt nur 2km. Oder auch zum Glück, denn die Dämmerung kommt immer näher.

In Moto-Hakone besuche ich den Hakone-Schrein. Hier steht ein Torii im Wasser. Das muß das Torii sein, das ich Wasser aus sah. Die Dämmerung beginnt. Man sieht auf dem Wasser, wie der Schatten der Berge schnell größer wird. Ich gehe zurück nach Moto-Hakone. Ich habe Glück. die Wolken am Horizont veschwinden und geben den Blick auf den Fuji frei, an dessen Flanken sie festhingen. Jetzt hat der Fuji nur noch einen Wolkenring um sich herum. Der Berg leuchtet in der Dämmerung in einem unwirklichen rot. Der Blick von hier auf den Fuji hat mehr als der gestrige Tag.

Langsam verfärbt sich der ganze Himmel orange, die Reflektion im Wasser ist goldgelb. Nach 10 gefühlten Minuten ist das Spektakel vorbei. Es wird jetzt schnell richtig dunkel und ich sitze alsbald im Bus zurück nach Odawara. Es fahren auch Busse nach Yumoto, aber der nach Odawara erspart mir das Umsteigen. Von dort nehme ich den Local nach Yokohama. Den Shinkansen riskiere ich nicht wegen des abgelaufenen JRP.

Landmark Tower

Ich verlaufe mich erst einmal in den Korridoren und Ebenen von Yokohama Eki. Ich brauche fast 30 Minuten bis zum Gate der Minatomirai. Schnell geht es durch die Lobby des Landmark Towers. Riesig. Die Halle geht über wieviel, 8 Etagen? Einfach riesig. Der Eintritt kostet mich 1000yen. Dafür fahre ich mit dem schnellsten Aufzug der Welt (Stand 2004) in 74F (274m). Inklusive Tür zu und auf nicht einmal 40 Sekunden. 170m/min. Man hat richtig Druck auf dem Trommelfell.

Die Aussicht ist Wahnsinn. Und der Blick ist in jede Richtung anders. Nach Norden geht der Blick in Richtung Tokyo. Leider kann ich die Skyline von Shinjuku oder den Tokyo Tower nicht erkennen. Zu weit weg. Nach Osten blickt man über den Hafen, den Freizeitpark und die Brick Warehouses. Hell erleuchtet. Dahinter dunkel die Tokyo Bay. Nach Süden geht der Blick Richtung China Town, den Marine Tower und das Partyschiff. Auch die Promende ist zu sehen. Man erkennt die Autobahn und die Bahntrasse. Direkt unten am Fuß der Tower liegt alles gestapelt übereinander. Gleich daben das Segelschiff. Im Süden und Westen sieht man Yokohama. Am Horizont, im dunklen nicht zu sehen, der Fuji und Hakone. Was man alles erkennt. Die Bay Bridge. Man sieht das Queens Plaza von oben und das Convention Center. Die Insel dahinter müßte der Flughafen Haneda sein.

Jetzt wird genossen. Ein Landmark Cocktail (Rum, Grapefruit, Blue Curacao), anschließend Kaffee und Kuchen. Noch einmal der Panoramablick, und dann mit dem Fahrstuhl wieder runter. Eingentlich war China Town als nächster Stop geplant. Ich komme aber nur bis zur Treppe runter zum Schiff.

Hier zeigt ein Straßenkünstler, was er kann. Jonglieren, Zauberstücke, Luftballons knoten. Ich bleibe bei der Show hängen. Musik und Unterhaltung mehr oder weniger auf der Straße. Ich verstehe kein Wort, der Spaß ist dennoch groß. Immer wieder animiert er das Publikum zum mitmachen, teilweise auf knien. Geschäftsleute auf dem Weg nach Hause bleiben stehen. Das Publikum wird größer. China Town fällt aus. Das ist besser. Gestern Jazz, heute das und die Wanderung durch das Kraterfeld. Dieser Urlaub lebt immer mehr von spontanen Siuationen. Um 23 Uhr ist Sense. Ich muß zurück nach Tokyo.

Erdbeben

Gegen 1:30 werde ich wach. Ich habe das Gefühl der ganze Raum schwankt wie ein Schiff. Oder doch nicht. Doch. Die Kugelschreiben fallen vom Tisch. Erdbeben. Anders als ich es erwartet habe. Der Fußboden schwingt horizontal; in meine Fall von links nach rechts. Ganz leicht und gleichmäßig, aber definitiv beunruhigend. Zumindest bin ich hellwach. Adrenalin sei Dank. Dann ist es alles vorbei. War das jetzt real? Ich schaue aus dem Fenster. Draußen schwingen die Stromleitungen immer noch. Was tun? Ich warte, ob ein Alarmton losgeht. Nichts. Ich schreibe eine schnelle Notiz und lege mich wieder hin: Schwingung etwa in Nord-Süd-Richtung, Amplitude schlecht zu sagen, Freqeuenz etwa 2 Hz.

Etwas später in der Nacht das gleiche noch einmal. Oder bin ich jetzt übersensibel?

[Nachtrag 2012: Das Beben ereignete sich um 17:19 UTC eta 50km vor der Küste von Oarai, Ibaraki. Es hatte eine Stärke von 5,4m. Das Nachbeben folgte um 18:54 UTC mit 5,8m. Ich vermute eine 4 ist in Tokyo angekommen. Es sind etwa 170km Luftweg zum Epizentrum. Nach Mercalliskala war es hier in Tokyo eine IV, nach JMA-Skala eine 4.]

Randnotizen

  • Fazit: Ein rundum guter Tag. In der Liste der „der ganze Tag war super“ steht er mit ganz oben. Nach Nara und Kamakura der wohl drittbeste Tag.
  • Japaner sind Zwangsneurotiker

Kawaguchi / Shinjuku Jazz

Um das gleich vorweg zu nehmen: dieser Tag war voll daneben. Versucht niemals mit dem Zug über Gotemba in Richtung Fuji zu reisen. Geht lieber zu Fuß. Der heute Tag markiert die untere Kante dieser Reise. Selbst die Irrfahrt nach Matsushima war dagegen gut. Dabei fing allse so gut an; auch das Finale hatte es für sich. Nur die Zeit dazwischen …

Das Wetter ist gut, 20 Grad und Sonne. Heute geht es zum Fuji. (Leider habe ich die Reiseroute nicht notiert. Ich glaube ich bin mit dem Local nach Kouzu gefahren, nachdem man mir sagte, daß der Shinkansen vorbeifährt, aber an den entscheidenden Bahnhöfen nicht hält.) Nach dem Umsteigen in einen anderen Zug mit einer halben Stunde Wartezeit auf einem Bahnhof im Nirgendwo, gelange ich nach Gotemba. Nach Karte bin ich jetzt am Fuß des Fuji. Soweit so gut. Der Fuji ist viel größer geworden, wirkt aber immer noch weit weg.

Von hier fährt nur ein Bus zu Fuji. Also los. Der Bus fährt und fährt. Meine Laune sinkt immer tiefer, die Preisanzeige im Bus steigt und steigt. Nach Karte sind es höchsten 20km. Was kann da schon so lange dauern. Aber dieser Bus zuckelt durch die Gegend. Ich gehe nach vorne und Frage, ob ich im richtigen Bus sitze. Ja doch.

Endlich Yamanakako, der erste der fünf Fujiseen. Um nicht völlig zu explodieren fange ich ein Gespräch mit dem Australier hinter mir an. Auch er hatte sich die Anreise anders vorgestellt. Im Gegensatz zu mir ist er aber erstaunlich gelassen. Dann endlich, nach einer nun insgesamt 5-stündigen Odyssee erreiche ich Kawaguchi. Es ist 14 Uhr. Dichter an den Fuji komme ich nicht mehr. Jetzt verstehe ich auch seine Gelassenheit. Er ist Backpacker. Er verschiebt den Fuji einfach auf morgen oder übermorgen. Zuerst steuern wir die Tourizentrale an. Er sucht ein Hostel, ich einen Weg zurürck.

Jetzt der Schlag ins Gesicht. Es gibt eine Busverbindung ab Shinjuku. Arghhh. Der Bus fährt über die Autobahn und braucht 2 Stunden. Ich dreh durch. Jetzt brauche ich ein Bier. Schnell. Runter zum See. Auch er hat Hunger. Kurz vor dem Ufer gabelt sich die Straße. Hier steht ein paar kleine Restaurants; Garküchen trifft es eher.

Wir entscheiden uns für eine. Ob es die beste Wahl war… Der Laden ist klein und schon etwas runtergerockt. Aber was solls. Bier und Soba. Etwas salzig. Hugh. Das ist das Problem wenn man die Karte nicht lesen kann. Auch die Toilette ist eine Überraschung. Es Keine Schüssel. Ein japnisches Stehklo. (Loch im Boden). Super. Heute hat sich alles gegen mich verschoren. Pinkeln geht noch. Für Rest benötige ich wohl ein Handbuch wenn nicht gar einen Volkshochschulkurs.

Von dem Resto sind es nur wenige Meter zur Seilbahn zum Mt Tenjo. Von hier oben hat man eine gute Sicht auf den See und den Fuji. So dicht dran und doch so weit weg. Anschließend begleite ich den Australier zum Hostel. Wir laufen durch die Randbezirke von Kawaguchi. Hier ist nichts los. Im Vergleich zu Tokyo geradezu dünn besiedelt. Die Straße zieht sich hin. Die Häuser sehr alt und runtergekommen aus. Ein Eindruck, der sich immer wieder bestätigt. Dieser Eindruck setzt sich aus mehreren Dingen zusammen. An den Häusern ist viel aus Metall. Dieses rostet. Die Fenster haben Einfachverglasung. Es fehlen die für Deutschland typischen Vorgärten. Alles sieht etwas rumpelig aus. Wenn man das jetzt in die USA packt würde man sagen, schlechte Nachbarschaft.

Wir laufen noch etwas die Straße entlang. Der Fuji kommt nicht dichter. Wir drehen um. Er steuert nun final das Hostel an, ich gehe zurück zum Bahnhof. Da es bis zur Abfahrt des Busses noch ein paar Minuten mehr sind, laufe ich durch Kawaguchi. Hier im Stadtzentrum ist auch nicht viel los. An der Ostsee würde ich sagen Nebensaison. Noch ein paar Fotos vom See und dann Abfahrt.

Shinjuku Jazz

Die Fahrt über Land ist wenig ereignisreich. Paßt zum Rest des Tages. Gegen 19:30 fährt der Bus auf den Chuo Expressway. Jetzt geht es sehr schnell. Am Horizont erkennt man die Lichter von Tokyo. Sie kommen näher und werden immer mehr. Noch kann ich keine bekannten Punkte erkennen. Und das gibt es wohl nur in Japan: Bushaltestellen auf der Autobahn. Der Bus stoppt wirklich mehrmals auf dem Standstreifen, um Leute ein- und austeigen zu lassen.

Gegen 19:50 erkenne ich die Skyline von Shinjuku. Die Twin Tower des Rathauses. Ein Blick zur Seite. Wir sind bereits umgeben von Tokyo. Ein Foto ist leider nicht möglich. Die Kamera will mindestens 1 Sekunde. Nicht in einem fahrenden Bus.

Der letzte Abschnitt der Fahrt beginnt. Die Häuser werden immer höher. Die Autobahn führt jetzt mitten hindurch. Ein rot-weißes-Lichtband. Immer mehr Bürotürme. Dann geht es von Express runter auf die normale Straßenebene. Ein paar Kurven. Dann in eine tiefer gelegene Ebene. Shinjuku. Der Bus hält. Die Fahrt zum Fuji wäre so einfach gewesen.

Leider kann der Busfahrer den 10000er nicht wechseln. Ein japanübliches „Please wait“ folgt. Er geht ins Gebäude und läßt mich im Bus zurück. Nach etwa 2 Minuten kommt er mit Wechselgeld wieder. Jetzt kann ich bezahlen. Das nenne ich Service.

Anschließend geht es durch das Nachtleben. Zuerst verlaufe ich mich im dem Gängesystem der U-Bahn. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Irgendwann bin ich wieder auf Straßenniveau. Irgendwo. Ein Jazz-Combo spielt Jazz; mitten auf der Straße. Tokyo ist immer wieder für eine Überraschung gut. Ich hole mir einen Caramel Macchiato beim Star Bucks ein paar Meter die Straße hinab. Noch auf dem Weg dorthin sehe ich einen Japaner mit Posaune. an mir vorbei laufen. OK. Ich nutze die Gelegenheit, um ein weiteres Souvenir zu kaufen: Eine Tokyo-Starbucks-Becher. Klingt etwas albern, aber irgendwie will ich den haben.

Mit dem Becher und Getränk geht es zurück zu der Jazz-Combo. Tatsächlich, der Japaner mit der Posaune steigt gerade in die Session ein. Ich sehe auch einen Schlagzeuger, der gerade aufbaut. Woher hat er das Schlagzeug? Kann mir egal sein. Was hier gerade abläuft, kann man nicht planen. Ich nehme das einfach mit. Nachdem der Tag total daneben war, brauche ich das jetzt. Ich sitze auf dem Gehweg mitten in Shinjuku, höre Jazz. Es sind etwa 25 Grad. Zumindest der Abend ist gerettet. Nach etwa einer Stunde verlasse ich die Szene. Aufhören, wenn es am Schönsten ist.

Rückreise zum Hotel. Vor dem Bahnhof stehen 4 Karren, wie ich sie aus den Anime kenne. Sie haben die Größe vom Wurst-Maxe-Stand. Neben den Karren stehen Sitzbänke; um die Karren herum stehen kleine Hocker. Die Karren sind überdacht. Lampions leuchten. Es ist ein Art japanischen Fondue. In der Mitte brodelt eine Suppe. Nach Wunsch der Gäste, wirft der Koch verschiedene Sachen hinein und fischt sie etwas später wieder heraus. Ich traue dem ganzen nicht. Keine Ahnung warum. Ich steuere einen Laden an und bestselle ein Karree. Das ist mir sicherer, vom Geschmack meine ich.

Der Weg zurück führt mit der Yamanote nach Okachimachi. Es ist bereits 23 Uhr, aber der Bahnsteig ist rappelvoll. In den Zügen bekommt man nur mit Mühe einen Stehplatz. Dabei fähert die Yamanote immer noch im 6-Minuten-Takt. Auf den Straßen das gleiche Bild. Hier ist mehr los, als in der Lübecker Fußgängerzone um die Mittagszeit.

Das Publikum ist gemischt. Sehr viele Geschäftsleute mit Anzug und Krawatte. Habe ja schon von dem Vorurteil gehört, daß die nach Feierabend mit den Kollegen in einem Izakaya (Kneipe) versacken. Scheint was dran zu sein. Ich sehe auch jugendliche in Schuluniform. Waren die noch nicht zu Hause? Oder ist dies die Bestätigung für ein weiteres Klischee: Japaner denken in Gruppen und Gruppenzugehörigkeiten. Tragen Schüler deshalb bis spät abends die Schuluniform damit sie der Gruppe „Schulklasse XY der Schule XY“ angehören? Sie richtig verstehen wird man das wohl nur als Japaner.

Randnotizen

  • Fazit: Der Tag war voll daneben. Zumindest am Fuji gewesen und „Jazz in Shinjuku“
  • Wenn Fuji, dann mit dem Bus ab Shinjuku. Alles andere ist Wahnsinn.
  • Haltestellen auf der Autobahn.

Asakusa / Yushima Tenmangu

Vor dem Frühstück schnell noch eine Runde outdoor Onsen. Heute geht es zurück nach Tokyo, die allerletzte Chance nutze ich. Beim Frühstück dann der Wetterbericht. Taifun 23 ist auf dem Weg. Er wird am 18. Japan erreichen. Ich kann nur hoffen, daß die Vorhersage falsch ist. Am 18. geht es zurück nach Deutschland. Was ich gar nicht gebrauchen kann, ist ein stornierter Flug. Außerdem ist der Tag vor dem Taifun Regen.

9:45 Uhr erfolgt der check-out.  Der Ryokanchef bringt mich noch zum Bahnhof. Der Zug rollt um 10:18 Uhr. Damit ist auch das vorletzte Kapitel (Narukoonsen) zu Ende. Es bleibt das Finale in Tokyo. In Furukawa dann der Wechsel in den Shinkansen. Dieses Mal bin ich echt froh einen Sitzplatz reserviert zu haben. Der Zug ist voll. Um 14:55 rollt der Zug in Ueno ein. Gemäß der Ansage ist dies sogar die Endstation.

Ich stehe wieder mitten im Chaos. Was für ein Kontrastprogramm nach der Ruhe und Abgeschiedenheit von Naruko. Die Shinkansengleise sind im Untergrund; im Erdgeschoß die normalen Bahnlinien. Einige Gleise sind im ersten Stock. Das muß die Yamanote sein. Dahin will ich nicht. Also den nächstbesten Ausgang. Eine Mehrspurige Straße und ein Fußgängerbrückensystem wie ein Spinnennetzt darüber gelegt. Und darüber der Expressway, die Autobahn… japp, das ist Toyko

Bleibt nur noch die Frage nach der Richtung. Autobahn und Yamanote laufen in Nord-Süd-Richtung, dann müßte rechts von mir der Ueno Park sein. Sicher bin ich mir aber nicht. Und mit dem Kamidana … ich nehe ein Taxi. Nach zwei Kurven sind wir in vertrauten Gebiet. Meine Baustelle. Aber wo will der Taxifahrer lang? Stimmt ja. Die Straße vor dem Hotel ist eine Einbahnstraße.

15:10 Uhr der check-in. Ich frage nach einem Shintoschrein für Kendo und verweise mit einer Handbewegung auf die Kiste mit dem Kamidana. Der Chef vom Ryokan greift zum Telefon: Kashima Jingu. Der liegt aber gut 2 Stunden außerhalb von Tokyo. Narita ist etwa auf der halben Strecke.

Yushima Tenmangu

Dann bittet er mich zu folgen. Wir verlassen das Hotel. Die Straße weiter rauf und dann rechts. Nach 200m steht ein Schrein. Der Yushima Tenmangu. Es ist ein Gelehrtenschrein. Viele Studenten der ToDai kommen hierher, um für die Aufnahmeprüfung zu beten. Das Holz des Schreins ist ungewöhnlich hell. Er kauft eine Tafel und schenkt sie mir. Bin sprachlos.

Dazu gibt es einen kleinen Crashkurs: In die mitte kommt eine, ich nenne es mal Allround-Tafel. Mit ihr ist der Schrein sozusagen online. In die rechte Tür kommt die Tafel des Ortschreines und in die linke die Tafel des Schreins, der die Funktion hat. Ich habe keinen Ortsschrein. das ist normalerweise der Schrein, der am dichtesten an der Wohnung liegt. Bevor ich jetzt eine Karte hole und den westlichsten Schrein Japans suche, gehe ich ganz pragmatisch an die Sache ran: Meine erste Übernachtung und meine letzte sind im Hotel Edoya. Von daher kann man schon den Yushima Tenmangu als den dichtesten Schrein bezeichnen. Zudem gefällt mir die Idee mit dem Gelehrtenschrein. Paßt zum Unidojo.

Auch bei der Kashima-Tafel hilft er mir. Zurück im Hotel schreibt er einen Brief auf Japanisch. Darin bittet er, ein Tafel per Post zu schicken. Ich brauche nur meine Adresse und etwa 2000yen dazu packen und es von Deutschland aus zu veschicken. Mit so viel Hilfe habe ich nicht gerechnet.

Asakusa

Es ist noch ein paar Stunden hell. Zeit für einen Zwischenstop wäre da gewesen. Hätte ich heute Nikko abhaken können? Dran vorbei gefahren bin ich. Jetzt ist es zu spät für solche Ideen. Aber Tokyo ist noch so unbekannt. Die Zeit kann man hier sehr gut verbringen.

Auf nach Asakusa. Es ist der größte in bekannteste Tempel in Tokyo. Eines dieser Fotos, die stellvertretend für Tokyo stehen (ähnlich wie der Tokyo Tower). Unterhalb des Ueno Parks führt die Asakusadori nach Osten. Man muß nur kurz vor dem Fluß abbiegen. Auf dem Weg dahin sehe ich viele kleine Läden, die buddhistische Ältare und Zubehör verkaufen. Ob die auch Shintosachen haben? Brauche gar nicht suchen. adfür gibt es einen eigenen Laden. Ich kaufe einen Spiegel. Der gehört zu dei Pflichtuntensilien.

Die Straße, die zum Tempel abzweigt, habe ich fast übersehen. Es ist eine „Ginza“. Souvenierläden mit Essen und Touristentrödel. Nach Kamakura, Nara und Kyoto ist dies ein Tempel wie jeder andere. Dennoch: Er steht mitten in Tokyo. Ein großes Mon. Hier hängt ein riesiger Lampion. Das Foto kennt jeder. Das Hauptgebäude ist riesig. Auf halben Weg dorthin ein Becken mit hunderten brennenden Räuchstäbchen. Zudem eine 5-stöckige Pagode. Und alles mitten in Tokyo.

Akihabara

Electronic Town. Der Name kommt nicht von ungefähr. Hier kann man alles kaufen was mit Strom läuft: HiFi, Computer, Kameras, Handys, einfach alles. Große Geschäfte wie Big Camera haben bis zu 8 Stockwerke nur mit Elektronikkram. In den Nebenstraßen geht es zu wie auf einem Basar. Kleine Händler. Einer verkauft nur Kabel. Ein kleiner Laden nur für CDs und DVDs. In den Katakomben unter der Yamanote muß man den Kopf einziehen, aber hier ist es noch krautiger. Ein Tapeziertisch mit tausenden LEDs und Transistoren. Daben ein Laden für Spionagesachen. Minikameras in Brillen, Funkscanner und so’n Kram. Meßgeräte. Oszilloskope. Der real gwordene Conrad-Katalog. Ein Mekka für Elektronikbastler. Ein Laden mit Röhren für HiFi-Verstärker. Einfach irre.

Akihabara ist mehr als Elektronik. Mange und Anime sind hier ebenfalls präsent. Mangaläden über 4 nein 5 Etagen. Auf der Straße stehen verkleidete Japenrinnenund machen Werbung vor Maiden-Cafes. Auch die gibt es in mehreren Extremen. In einigen bekommt man überteuerten Kaffee von Japerinnen in Dienstmädchen-Outfit serviert, die einen mit „my Master“ begrüßen. Man bucht keinen Cafe, sondern ein Dienstmädchen. Für Frauen gibt es Butler-Cafes. Gleiches Konzept.

Der Schritt in die Richtung Fetisch und BDSM ist ganz kurz. In anderen Cafes ist dieser Schritt sogar Teil des Konzeptes. Man muß aufpassen. Der Übergang ist fließend. (Wie auch bei den Kneipen.) Ich nehme ein paar Flyer mit. Jetzt erst mal weiter durch diesen Stadtteil.

Dazu die ganzen Menschen. Nicht jeder ist für die Elektronik hier. Akihabara ist ein wichter Knotenpunkt im Bahnnetz von Tokyo. Es ist laut, bunt. Jeder Laden hat laute Musik und Werbung laufen. Es gibt hier sogar Marktschreier, die mit Megaphon vor dem Laden auf Angebote hinweisen. In der Nebenstraße kann man Second Hand kaufen. Alles. Kameras. 286er. Alte Laptops und auch Mangas und Anime. Autoradios.

Ich muß hier raus. Es wird dunkel. Akihabara ist jetzt komplett erleuchtet. Überall blinkt und fackert es. Die Menschen. Der Lärm. Die Lichter. So muß ein LSD-Trip sein.

Entspannter und ruhiger ist da das Abendessen beim Italiener. Danach ein Streifzug durch Ueno und über die Baustelle. Hatte ich am Anfang der Reise das bunt erleuchtete Nachtleben von Uenno gelobt, verblaßt es ein wenig, wenn man in Akihabara war. Trotzdem. Seine  Wirkung verfehlt es nicht. Wie heißt es? Lichter der Großstadt?

Die Baustelle hat sich entwickelt. Sie ist größer geworden. Das Verkehrschaos hat sich gefühlt verdoppelt. Die Ordnung ist etwas gesunken, aber immer noch beachtlich. Das Verhältnis Arbeiter zu Sicherungsposten ist immer zu Gunsten der Sicherungsposten. Und ich habe immer noch keine Ahnung, was die hier bauen. Eines ist klar. Es ist unterirdisch. Bagger mit langen Greifarmen und Bohrer. Egal was es wird. Es wird groß.

Randnotiz:

  • Fazit: nichts besonderes, außer das Geschenk vom Chef des Hotel Edoya.
  • Für Fahrten in den Norden Japans ist Ueno der bessere Bahnhof. Nicht alle Zügen starten in Tokyo.
  • Soweit ich das verstehe, ist Ginza ein Sammelbegriff, für Einkaufsstraßen ohne  Autoverkehr; ähnlich unseren Fußgängerzonen. Viele Ginza sind überdacht.
  • Souvenierläden bestehen immer zu mehr als 50% als Lebensmitteln.