Rückflug / Kulturschock

Rückflug

6:45 Uhr .. Der Wecker klingelt. Damit ist der letzte Tag des Urlaubs angebrochen. Was bleibt ist die Rückreise. Ich weiß jetzt schon, daß es nicht die einzige Reise war. Es wird noch eine weitere geben. Für dieses Mal aber ist Ende.

7:00 Uhr .. Frühstück. Zum Glück habe ich gestern noch einmal auf das Flugticket geschaut. Sonst hätte ich den Flieger verpaßt.

7:40 Uhr .. Check-out und das Taxi ordern. Das dauert nicht mal 5 Minuten. Als ob der Taxifahrer schon vor der Tür stand. Ein älterer Herr, der beim ersten Versuch mein Barrel anzuheben scheitert. Japp. 25kg sind das schon. Und unhandlich sind sie auch. Dennoch läßt er sich es nicht nehmen ,die Tasche für mich einzuladen. Den Service würde ich zu gerne in Deutschland sehen. Da muß man ja noch selber den Kofferraum öffnen.

Die Tür schwingt auf. Ich steige ein. Taxifahren in Japan ist und bleibt eine andere Welt. Man sitzt hinten bequem mit automatischer Tür und vorne fährt ein Chaffeur. Nicht so ein verlumpter Taxifahrer mit Jeans und Stoppelbart. Anzughose, Hemd, Weste, Handschuhe. Aber ich hatte das glaube ich schon einmal geschrieben.

8:00  Uhr .. Ich stehe vor dem Keisei Ueno Eki. Praktisch. Der Zug fährt in 20 Minuten. Ich hab Glück, denn ich habe mich gar nicht um die Abfahrzeiten gekümmert. Die Züge fahren zwar regelmäßig, verpaßt man aber den Express und nimmt den Nachfolgenden local sind schnell 40 Minuten weg. Das hatte ich nicht berücksichtigt.

8:20  Uhr .. Deer Zug fährt los. Bis hierher hat alles geklappt. Aber was wird mit dem Kamidana. Darf ich ein zweites Gepäckstück mitnehmen. Wenn nicht, was dann? Abwarten. Draußen zieht Tokyo vorbei. Das Häusermeer wird dünner. Wir kreuzen Flüsse. Zu  beiden Seiten wieder Überflutungsflächen.

9:15 Uhr .. Vom Bahnsteig geht es in Richtung Flughafenhalle. Ein Sicherheitscheck ist direkt am Ende des Bahnsteigs. Kein Problem. So weit, so gut. Narita Airport. Der Kreis schließt sich. Ich gehe in Richtung Check-in. Mein Kamidana zieht viele Blicke auf sich. 2 Stunden bis zum Boarding. Angesichts der Schlange am Check-in und der am Sicherheitscheck sicherlich nicht zu großzügig gerechnet. Mit dem nächsten Zug wären 40 Minuten weniger auf der Uhr. Ich habe das Gefühl, mächtig Glück gehabt zu haben.

9:30 Uhr .. An der mobilen Röntgenstation gibt es Probleme. Mein Barrel wird gescannt danach das Kamidana. Der nächste Satz ist „Excuse me, your passport and your ticket please.“ Nicht gut. Nach kurzer Beratung mit dem Kollegen: „Please follow“. Noch weniger gut. Die haben noch meine Paß. Auf geht es. Wohin? Polizeistation? War das mit dem Kamidana doch keine gute Idee? Ich werde nervös.

Eskortiert von der Polizei geht es durch die Halle. Jetzt sind definitiv alle Blicke auf mich gerichtet. Ich hingegen habe immer noch keine Idee, was da schief gegangen ist. Wir gehen am check-in von ANA vorbei. Das wäre meine Schlange gewesen. Sie ist lang. Wenn jetzt noch Formalitäten mit der Polizei folgen wird es verdammt knapp.

Die Polizei macht einen Rechtsschwenk. Wir stehen vor dem First Class Check-in. Wie jetzt? Paß und Tickets habe ich noch nicht zurück. Aber dafür wird das Gepäck eingecheckt. Der Karton mit dem Kamidana bekommt etliche Aufkleber „Vorsicht, zerbrechlich“. Wieder ein „Plase follow“. Schön und gut. Jetzt ist mein Gepäck weg, aber ich bin immer noch in der Polizeieskorte.

Es geht zum Sicherheitscheck. Die Polizisten bilden eine Schneise. Ich folge einfach. Dann gehe ich durch den Metallscanner. Kein Problem. So langsam ahne was hier läuft. Auf der anderen Seite bekomme ich meine Papiere. Man wünscht mir eine gute Reise. Beide Polizisten verbeugen sich japanisch. Wir sind alle Blicke auf mich gerichtet. Ich bedanke mich. Auf Englisch. Mir sind selbst die einfachsten japanischen Worte entfallen.

Das war einfach. Sollte ich jetzt immer ein Kamidana kaufen? Bis zum Boarding sind es noch über eine Stunde. Der Zeitplan geht voll auf. Ich muß noch durch eine weitere Paßkontrolle. Hier wird das Visum ausgestempelt. Der Abschnitt mit den Rückflugdaten, der seit Reisebeginn im Paß klebte wird abgetrennt. Zurück bleibt der Aufkleber mit dem Barcode. Im Duty Free belaste ich die Mastercard ein letztes Mal mir knapp 40€ für Souveniers.

11:10 Uhr .. Boarding. Dieses mal habe ich keinen Einzelplatz. Der Sitz in der Mitte der 3er-Reihe ist auch belegt. Damit ist es etwas beengter als auf dem Hinflug. Der Fensterplatz ist schön, aber ich glaube beim nächsten Mal versuche ich einen Platz am Gang zu kriegen.

11:35 Uhr .. Abflug bei bestem Sonnenschein. Leider liegt der Fuji auf der anderen Seite. beim nächsten Mal brauch ich einen Platz auf der anderen Seite des Flugzeugs. Der Taifun 23 ist im Anmarsch, aner noch weit weg. Bestes Wetter

Das war Japan. Es geht über die japanischen Alpen. Auf dem Hinflug war alles grün. Jetzt hat der Herbst Einzug gehalten. Die Bergspitzen sind bereits rot-gelb verfärbt. Die Täler noch grün. Die Farben wirken wie im Schulatlas. Dann kommen die Wolken.

Das war Japan !

Der nächste freie Blick ist Rußland. Alles voller Schnee. Berge. Dann so eine Art Tafelberge. Die Steilhänge glänzen. Keine Bäume. Das fällt mir jetzt erst auf: In Japan waren alle Berge (mit Ausnahme des Fuji) bis zur Spitze bewaldet. Selbst in Shoga Kogen. Später sehe ich noch Gegenden mit weniger Bergen, dafür mehr Bäumen. Dann folgt Flachland.

Ich bin zwar müde, aber schlafen kann ich nicht. Die 11 Stunden werden lang. Das Filmangebot is bei weitem nicht so gut wie auf dem Hinflug. Zum Glück haben wir Oktober und sie haben die DVDs gewechselt. Aber die Filme laufen in Endlosschleife. Immer beginne ich in der Mitte und schaue den Anfang erst, wenn die nächste Runde beginnt.

Fotografisch ist nicht viel los. Negativmaterial ist geladen, ein paar Bilder sind übrig. Einen neuen Film breche ich nicht mehr an. Kurz vor der Landung, wir müssen schon über Deutschland, oder zumindest Polen sein, sehe ich eine Aureole. Fote. In der Mitte der Schatten des Flugzeugs. Ich sehe auch den Kondestreifen als Schatten auf der Wolkendecke unter uns. An der Schattenspitze die Aureole.

Wir fliegen durch ein Cirrusgebiet. Über die Tragflächen streifen Wolken. Es bildet sich ein leichter Regenbogen. Noch ein Foto. Der nächste Blick auf Land ist dann der Landeanflug auf Frankfurt. Deutschland sieht von oben ganz anders aus. Die Städte liegen irgendwie als kleine Inseln. In Japan folgten sie fast immer den Flußläufen. Es fehlen die blauen Dächer. Zwischen den Häusern ist so viel Platz. Platz für ein weiteres Haus. Erst jetzt wird mir die Packungsdichte Japans bewußt.

Kulturschock

Ich bin wieder in Deutschland. Ich habe jetzt 4 Wochen auf den viel zitierten Kulturschock gewartet. Erst in Deutschland setzt er ein. Es gibt diesen Spruch, daß man erst merkt, was man hat, wenn es vorloren ist. So ähnlich ergeht es mir. Nach vier Wochen in einer anderen Kultur fallen wir die Eigenarten von Deutschland auf.  Und Deutschland schneidet nicht gut ab. Eine 4 minus höchtens.

Das geht los mit diesem Beamten an der Paßkontrolle. Unfreundlich wie sonst was. Am liebsten würde ich ihm das Kaugummi aus dem Gesicht hauen. In Japan wäre so ein Benehmen bestimmt ein Kündigungsgrund. An der Kaffeecke geht das weiter. Ich erwarte ja kein „Guten Tag“ oder „Danke für ihren Besuch“, aber der Typ muß seine Unlust auf Arbeit nicht an mir auslassen. Wenn man nicht weiß wo man ist, weiß man es spätenstens jetzt: in der Servicewüste Deutschland. Das Personal in Japan hat genau so wenig Lust auf Arbeit wie hier, aber dort lassen sie es sich nicht anmerken. Einkaufen und Kneipenbesuche sind immer angenehm und spannend. Hier in Detuschland vergeht mir schon nach 5 Minuten die Lust.

Auch das Bodenpersonal auf dem Rollfeld wirkt schlaksig. Keine eindeutigen Gesten. Keine weißen Handschuhe. Kurz: ohne Pepp. Und Termial A ist eine Raucherzone. Wie ekelig. Auch das fällt jetzt erst so richtig auf: Japan ist eine rauchfreie Zone. Fast überall ist das Rauchen verboten. Ich habe mich in vier Wochen daran gewöhnt ohne es zu merken. Jetzt wieder im Nebel stehen … am liebsten würde ich duschen.

Erfreulich ist, daß es auf öffentlichen Toiletten wieder Seife und Handtücher gibt. Und man  versteht wieder, was andere sagen. Ob die Rolltreppen jetzt ein Vor- oder Nachteil sind, kann ich noch nicht sagen. Sie reden nicht. In Japan wurde man auf alles mögliche aufmerksam gemacht: Die Rolltreppe beginnt, die Rolltreppe endet, Vorsicht Stufe, … Hier ist Ruhe. Ich genieße es, mal nicht von der Technik angebabbelt zu werden. Noch während ich genieße falle fast auf die Nase. Die Rolltreppe ist zu Ende. Das blöde Ding hatte ja auch mal was sagen können … Ups. Daran habe ich mich also auch gewöhnt gehabt.

Und dann überall klingelnde Handys und Leute die fast ins Handy brüllen. Jungs, die machen das elektronisch, der andere hört euch schon. Urgs. Das ist also der Kulturschock. Ekelig. Und um es vorweg zu nehmen: Deutsche Straßen sind dreckig: Kaugummiflecken, Zigarettenkippen, Müll. Von den Tretminen ganz zu schweigen. Auch das wird mir erst nach der Rückkehr so richtig bewußt.

Wenn ich überlege, daß jeder Japaner die gleiche Erfahrung macht. Am leibsten würde ich mich bei allen Entschuldigen. Einziger Lichtblick ist, daß es länger hell bleibt. Sommerzeit sei dank.

18:40 Uhr .. Boarding für den Flug nach Hamburg. Der Flug selbst ist ereignislos. Es geht in den Landeanflug. Wolken. Ein paar Turbulenzen. Dann der Blick auf Hamburg. Wirkt irgendwie klein. Keine Lichter bis zum Horizont.

20:05 Uhr .. Mit dem Koffer und dem Kamidana geht es zum Zoll. Den Durchgang für „Nichts zu verzollen“ will ich nicht riskieren. Also den roten Ausgang. Sonst ist am Ende noch das Kamidana weg. Von dem Whiskey und dem Sake reden wir mal gar nicht.

„Was ist das?“ „Ein Kamidana.“ „Was ist das?“ „Ein shintoschrein für Zuhause“ Was?“ Ein Hausaltar.“ „Was?“ „Ein Souvernier aus Holz“ „Zollfrei, sonst noch was?“ Nach dieser Konversation habe ich den Sake gar nicht erwähnt. Sake wird immerhin gebraut. Ist als so rein technisch ein Bier. Aber diese Spitzfindigkeiten wollte ich jetzt nicht diskutieren. Der Junge war mit dem Kamidana schon überfordert. Fazit: Ein Kamidana im Gepäck ist immer unhandlich, aber von Vorteil.

20:10 Uhr .. Ich gehe durch die Schranke in die Lobby. Der familiäre Abholservice ist schon da. Es geht nach Hause. Nicht ohne zuvor einen Stop beim Griechen gemacht zu haben. Denn das hat mir in Japan gefehlt und ist ein Plus für Detuschland: große Portionen und viel Fleisch.