狸 .. Tanuki

Tanuki (狸) sind eine feste Größe in der japanischen Mythologie und heißen eigentlich Bakedanuki (化け狸). Optisch sind sie an die real lebenden Tanuki angelehnt, haben aber im Laufe ihre Entwicklungsgeschichte einige Eigenheiten entwickelt, über die noch zu reden sein wird.

Tanuki gehören zu den Yokai, zu den Monstern. Anders als westliche Monster sie Yokai in Japan nicht grundsätzlich oder ausschließlich böse … Es ist kompliziert.

Historie

Wo genau der Tanuki und seine magischen Kräfte her kommen ist nicht restlos geklärt. Ihr Ursprung liegt vermutlich in der chinesischen Folklore. Dort gab es Wildkatzen (Leoparden), die ihre Form wechseln können. Leoparden existieren in Japan nicht. Die Fähigkeiten wurden daher auf ein lokal vorkommendes Tier, den Tanuki übertragen.

Bei dieser Übertragung hilfreich war sicherlich das verwendete Kanji 狸. Es wurde in China für alle kleinen, katzenähnlichen Tiere verwendet. Anfänglich wurde es auch in Japan für viele verschiedene Tiere benutzt. Irgendwann setzte es sich für Tanuki durch. Gut möglich dass damit auch die magischen Kräfte beim Tanuki landeten

Die erste schriftliche Erwähnung eines Tanuki ist im Nihonshoki, das in der Narazeit geschrieben wurde: „in two months of spring, there are tanuki in the country of Mutsu (春二月陸奥有狢), they turn into humans and sing songs (化人以歌)“.

Charakterwandel

Anfänglich (z.B. in im onjaku Monogatari) hatte der Tanuki noch gottgleiche Zaubermacht und war ein durchweg böser Yokai. Einen Tanuki zu töten ganz als Heldentat, über die Lieder gesungen und Geschichten erzählt wurden.

In der Märchen Kachi-kachi yama tötet und isst er eine Bauersfrau. Hier wird er allerdings von einem Hasen ausgetrickst und getötet. (Es ist so ein bischen eine Mischung aus Rotkäppchen und der Geschichte von Hase und Igel).

Dies änderte sich durch den in Japan Fuß fassenden Buddhismus. Er verlor seine Macht und sein böser Charakter verschliff sich zu einem, der den Menschen Streiche spielt, sie vorführt, ihnen aber nichts Böses will. Er bekommt sogar hilfsbereite und aufopfernde Charakterzüge.

In der Erzählung Bunbuku Chagama ändert verwandelt sich ein Tanuki in einen Teekessel der Wasser spendet ohne leer zu werden. Er hilft damit einem alten Mann, erleidet aber jedes Mal Qualen, wenn er aufs Feuer gestellt wird, um das Wasser heiß zu machen.

Viele Tanuki-Legenden stammen aus den Regionen Sadoshima, Niigata-ken und von Shikoku (Kagawa-ken und Tokushima-ken). Es gibt viele Erzählungen über Tanuki. Die drei berühmtesten Tanuki sind wohl (weitere Tanuki-Geschichten findet ihr in den Referenzen erwähnt):

In der Edo-Zeit wandelt sich der Tanuki dann endgültig zum lustigen Gesellen mit derben Humor und Trinkfestigkeit. Heute ist er der Party-Dude unter den Yokai.

magische Fähigkeiten

Im Nihonshoki wurden auch zum ersten Mal seine Zauberkräfte beschrieben. Tanuki können ihre Erscheinungsform verändern. Der Tanuki gilt als Meister der Verkleidung und ist diesbezüglich mächtiger als der Fuchs (kitsune), der sich ebenfalls verwandeln kann.

Damit enden dann auch die  Gemeinsamkeiten. Der Tanuki ist eindeutig männlich konnotiert, derb und draufgängerisch; der Fuchs weiblich konnotiert, elegant und schlau (Füchse haben damit die gleichen Eigenschaften wie in der westlichen Folklore).

Wenn Tanuki Menschenform annehmen, übernehmen sie oft auch menschliche Charakterzüge. „Tanukitypisch“ sind dies dann die Eigenarten von Spielern, Trinkern, Betrügern und Dieben. Diesbezüglich nehmen sie in den Geschichten dann die Rolle ein, die Tiere auch in europäischen Fabeln spielen: Ein Spiegelbild für menschliches Verhalten. Tiere sind heute noch mit menschlichen Charaktereigenschaften verknüft, sei es in Zootopia oder in Beastars.

Tanuki können Menschen teleportieren und haben auch die Fähigkeit kleinere Flüche zu bewirken. Zusammen mit seiner Verwandlungsfähigkeit (und seinen Charakter) benutzt er dies immer wieder, um Menschen einen Streich zu spielen, oder sie vorzuführen (in peinliche Situationen zu locken). Er macht dies in der Regeln aber nicht aus Bosheit, sondern um dem Opfer seine Charakterschwäche zu offenbaren … oder um einfach eine gute und spaßige Zeit zu haben.

Tanuki verlieren ihre Fähigkeiten in der Anwesenheit von Hunden und verwandeln sich zurück in ihre eigentlich Form.

Eigenschaften und Eigenheiten (Darstellung des Tanuki)

Es wird gesagt, dass Kitsune 7 Verkleidungen haben und Tanuki 8 (狐七化け、狸八化け). Dies bezieht sich auf die 8 Eigenschaften bzw. Assessoires, die mit einem Tanuki in Verbindung gebracht werden:

  • ein Hut gegen Schlechtwetter und Unglück
  • eine Sakeflasche (Tugendhaftigkeit — Ok, Japan halt)
  • ein Schuldschein (Vertrauen)
    • große Augen (gute Beobachter und Entscheider)
    • buschigen Schwanz (Stärke und Beharrlichkeit)
    • enormes Scrotum (finanzielles Glück)
    • ein runder Bauch (Entschlossenheit und Beschaulichkeit)
    • ein freundliches Lächeln; soweit dies einem Tanuki möglich ist

Der Hut ist in der Regel ein einfacher Strohhut. In der Nähe von Baseballstadien gibt es natürlich auch Tanuki mit passendem Jersey und Baseballhelm.

Der Schuldschein ist für den Sake, den er hat. Begleichen tut er ihn nie. Alternativ zum Schuldschein gibt es auch Figuren mit einem Kassenbuch oder einem Sack Geld. Letztere findet man oft in Satire, um einen geldhortenden Mönch darzustellen. Interessant vor diesem Hintergrund sind dann natürlich Tanuki in Mönch-Outfit.

Die Sakeflasche ist meist mit dem Kanji 八 für 8 beschriftet, das auf seine 8 Eigenschaften verweist (und damit auch auf sich selbst).

Das übergroße Scrotum ist wohl das herausstechendste Merkmal. Es ist ein Symbol für finanzielles Glück und Reichtum; ich vermute, weil es an einen prall gefüllten Geldbeutel erinnert. Die Größe kann, gerade in älteren Ukiyo-e bizarre Ausmaße annehmen. Schaut einfach mal auf die referenzierten Webseiten. Es gibt sogar einen Kinderreim dazu (die Bedeutung von jugendfrei ist in Japan halt anders):

たんたん狸の金玉は  (Die Hoden von Tan-Tan-Tanuki)
風もないのに (auch ohne Wind)
ぶーらぶら (schaukeln sie hin und her)

Ein Slang für Scrotum/Hoden in Japan ist kintama (金玉), wörtlich übersetzt „goldene Eier“. Der Ursprung dieses Ausdrucks dürften in dem Tanukireim liegen. Aber Vorsicht: heute ist es Jungendsprache, aber auch Gossensprache.

Bilder von Tanukistatuen

Die Tanuki-Statuen findet man überall in Japan. Die moderne Version des Tanuki soll 1936 in Shiga-ken entstanden sein und wird mit dem Töpfermeister Fujiwara Tetsuzo in Verbindung gebracht.

Bei Sichtung meiner Sammlung musste ich feststellen, dass ich nur (exakt) eine Handvoll (also 5) Tanuki fotografiert habe und alle sind hier eingebaut. Für weitere Bilder verweise ich daher auf die referenzierten Webseiten.

Tanuki in Manga und Anime

Der erste Tanuki, der mir hier einfällt ist Hachiemon aus Inuyasha. Schon im Namen ist die Acht (hachi) enthalten. Der Anime ist schon älter und ein Shonen und eher Durchschnitt, stammt übrigens von der gleichen Autorin, die auch Ranma 1/2 geschrieben hat. Man merkt es.

Der wohl aktuellste Anime mit einem Tanuki (2021) ist BNA. Hier ist die Protagonistin Michiru Kagemori ein antropomorpher Tanuki. Innerhalb des Anime gibt es auch Anspielungen auf die Ähnlichkeit zu Wäschbären.

In Pom Poko aus dem Hause Ghibli gibt es eine ganze Gruppe geselliger Tanuki. Da ich diesen Anime noch nicht gesehen habe, kann ich keine Aussagen dazu machen.

Von Zootopia gibt es lokalisierte Versionen. In der japanischen Variante sind die Nachrichtensprecher Tanuki, inklusive — Was es mit dem Blatt auf sich hat, muss ich noch klären. Ich vermute es gilt als Ersatz für den Hut. Ich bleibe da dran.

Tanuki im realen Leben

Tanuki sind Marderhunde und werden auch Waschbärhunde genannt, obwohl sie nicht mit Wäschbären verwandt sind. Der Name kommt von dem Umstand, dass man sie leicht verwechseln kann. Aber, Tanuki haben eine geteilte Gesichtsmaske, Waschbären nicht.

Tanuki sind nachtaktiv und leben in Wäldern und Gegenden mit viel Unterholz. Ihr ursprüngliches Siedlungsgebiete sind Ostsibirien, China, Korea und Japan. Sie wurden wegen ihres Fells (meist als Seefuchsfell bezeichnet) gejagt und auch gezüchtet. Dadurch verbreiteten sie schnell auch im europäischen Gebiet. Sie werden auch überall in Deutschland gefunden. Als Neozoe, die die einheimischen Tierarten bedrohen, sind sie fast überall zum Abschuss freigegeben.

Trivia

Tanuki Soba ist ein Nudelgericht. Es sind Buchweizennudeln mit Agedama (kleine frittierte Flakes aus dem Teig, der sonst Tempura ummantelt). Agedama erzeugt also tanukigleich eine Illusion von Tampura (Gemüse, Fisch oder Fleisch). Eine Variante wäre Tanuki Udon; dann halt mit Udon-Nudeln. — Ich weiß wegen der verwendten Brüche nicht, ob die Gerichte vegetarisch sind.

Referenzen