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der erste Tag – Youkoso Reiwa

Heute besteigt der neue Kaiser den Thron. Heute beginnt die Reiwaära. Große Veranstaltungen sind nicht geplant. So versuche ich mich an den Tokyo Jissha. Allerdings haben auch Millionen andere die gleiche Idee. Auch Sie wollen ihr Goshuin mit einem Eintrag am 01. Mai 2019 füllen. Mein letzter Tokyo-Jissha-Anlauf war am 01.01.2013. Ich habe ein Talent für komplizierte Termine.

Egal. Es geht los (1) Kanda Myoin. Hier ist so früh kaum Betrieb, aber der Souvenirshop hat so früh noch nicht geöffnet. Ich kann das Ema nicht kaufen oder muss noch 30 Minuten warten. Leider ist der Ansatz: 1 Schrein pro Stunde, sonnst klappt es nicht. (2) Nezu Jinja. Hier findet derzeit noch das Azaleenfest statt. Die meisten Matsuristände sind noch mit dem Aufbau beschäftigt. Die Warteschlange am Goshiun-Schalter ist schon etwas länger. Aber ich bin gut im Plan und habe sogar Zeit für Fotos von den Azaleen.

(3) Hakusan Jinja. Der Schrein ist gleich um die Kurve und öffnet erst in 15 Minuten sein Büro. Es steht im Prinzip auf dem Schild, aber der Aha-Effekt kommt erst, nachdem mir es ein Japaner übersetzt. (4) Oji Jinja. Bis hier war so gut im Zeitplan, aber dann kam dieser Schrein. Einer der Größeren in Bezug auf seine Bedeutung. Außerdem bin ich jetzt in der Goshuin-Rush Hour. Ich stehe über eine halbe Stunde in der Warteschlange. Wenn das so weitergeht, habe ich ein Problem.

(5) Shinagawa Jina. Bis hier war die Reihenfolge wie 2013. Dieses Mal ziehe ich diesen Schrein am Südende Tokyos vor und Rolle den Rest von unten auf. Das spart mir 3 Mal Umsteigen; so der Plan. Und da ich dieses Mal auch nicht in den Express einsteige – den bunten und eindeutigigen Markierungen am Banhnsteig sei dank – ist es auch keine Weltreise. Es fällt mir ferner auf, dass es hier einen Fujizuka gibt. Einen kleinen Steinberg, der den Berg Fuji repräsentiert. Die Chance wird genutzt: Ein Mal zum Gipfel und zurück. (6) Shiba Daijingu. Hier biege ich irgendwo falsch ab und muss nach ein paar hundert Metern nach dem Weg fragen. Man bin ich falsch gelaufen.

(7) Hie Jinja; (8) Hikawa Jinja. Es ist jetzt Nachmittag. Ich bin relativ gut in meinem „Ein Schrein pro Stunde“-Plan und habe den langen Streckenabschnitt (Oji nach Shinagawa sind knapp 30 Minuten !) hinter mir. Aber die Warteschlangen an diesen beiden Schreinen sind lang. Sehr lang. Mit meiner Erfahrung vom Oji Schrein schätze ich eine Wartezeit von über einer Stunde. So gerne ich das Goshiun heute komplettieren möchte, aber rein technisch wären das die letzten beiden Schreine, bevor die Büros schließen. Auf der anderen Seite, bin ich im Urlaub, kein Gläubiger und keiner wird alle 10 Schreine heute schaffen. Ich verschiebe das mit Goshuin auf morgen und kaufe nur die Ema.

(9) Tomioka Hachimangu. Hier ist wieder keine Warteschlange, naja ich warte etwa 5 Minuten. (10) Kameida Tenjin. Dieser Schrein ist der letzte, zumal er nahe am Sky Tree steht. Auf dem Fußweg dorthin, werde ich von einem Izakaya angesprochen. Ich lehne ab, mit dem Verweis auf meinen Schreinbesuch. Am Kameida ist noch der Rest der Wisterablüte zu sehen. Und von der Brücke im Wisterafeld sehe ich auch die Warteschlange. Autsch. 60-90 Minuten schütze ich. Es ist der letzte Schrein und ich habe die Zeit.

Und dann überlege ich: Sich hier die Beine in den Bauch stehen oder doch der Einladung des Izakaya folgen. Ich hatte noch kein Mittag und es ist 17 Uhr. Ein paar Leute hinter mir wird ein Schild aufgestellt. Es ist wie an der Kasse: „Letzter Kunde“. Alle die jetzt noch kommen werden heute nicht mehr bedient. Ich bekomme den Stempel also noch. Oder doch das Izakaya? Was solls. Mir fehlen eh schon zwei Stempel, da kommt es auf diesen nicht mehr an.

Zurück am Izakaya sehe ich erstaunte Gesichter. Die hatten wohl alle nicht erwartet, dass ich zurückkomme. Zugegeben, ich habe es selbst nicht erwartet. Und es war die richtige Entscheidung. Ein guter Sake (Daiginjo) und Sushi. Hier könnte der Tag enden, wäre da nicht noch der Sky Tree.

Sky Tree

Ich verkürze die Anreise zum Sky Tree mit einer Taxifahrt und lasse die Tüte mit dem vorhin erst gekauften Reiwa-Sake und Whisky fallen. Der Sake ist hin. Der Whisky zum Glück nicht. Schrecksekunde.

Die Reservierung über japanican sorgt für Konfusion am Counter, aber am Ende spart sie mir die Warteschlage. Einzige Sorge: Ich habe eben, als ich das Handgepäck im Coin Locker geparkt habe, einen Blick nach oben riskiert. Die Wolkengrenze scheint bei 350m zu sein, da wo die Aussichtsplattform ist.

Oben bestätigt sich dies. Ich stehe im Nebel. Ich texte Thomas, dass es eine 50:50-Chance ist, zumal er in die Warteschlange müsste. Es klar ein wenig auf. Man blickt durch kleine Wolkenlücken nach unten. Das ist auch mal eine Ansicht. Genau jetzt bekomme ich die Akkuwarnung. Ganz mieses Timing. Ich halte mich am Auslöser zurück.

Auf 450m ist die Sicht nicht viel besser, anfänglich; wird aber mit der Zeit immer besser. Klar, ich habe Thomas kurz zuvor getextet, dass ich etwa um 2045 wieder unten bin. Egal.

Zusammen mit Thomas geht es jetzt zur Ninja Bar. Die Bar muss ich ihm zeigen. Sie ist so schon durchgeknallt. Genau, das was man von Tokyo erwartet. Wir probieren uns durch das Sakesortiment und ruinieren die Spotify-Playlist der Bar: Hatsune, Softbank Hawks Theme, Bridear, Ramstein, Apokalyptischen Reiter, … Ich gebe zu, das ist sehr eklektisch. Ach ja, auch hier werde ich wiedererkannt; „the German guy from last year“.

Dieses Mal achte ich darauf, dass wir rechtzeitig aufbrechen. Die beiden müssen noch mit der Asakusa-Line bis Shinagawa. Ich verabschiede die beiden am Gate und gehe dann zurück zur Ginza Line. Das war der Beginn der Reiwaära.