Archiv der Kategorie: 1.6 .. Naruko

Dieser Ort liegt so weit ab vom Schuß, daß er den größten Kontrast zu dem bietet was bisher auf dieser Reise lief.

Jigokudani / Naruko Gorge

Das Wetter ist trüb. Es sieht nach Regen aus. Zeit für ein ausgiebiges, gemütliches Frühstück. Ich nehme den Bus um 10:45 zum Kankentusen, einem Gysier. Der Bus fährt ein Stück durch Naruko und dann auf die andere Seite des Flusses. Es geht den Berg hinauf an einem Stausee vorbei. Ich merke mir die Strecke so gut es geht. Aber ich glaube, zum zurücklaufen wird es zu weit.

Jigokudani

Am Gysier steige ich aus. Nach dem obligatorischen Eintritt geht es durch ein Wohnhaus (!) in den Garten. Hier ist der Gysier. Nach dem Schild ist das Wasser 100-120°C heißt, die Fontäne etwa 18m hoch und erscheint etwas alle 10 Minuten.

Mit einem grummeln kündigt sich das Spektakel an. Binnen einer Sekunde schießt der Gysier nach oben. Wirklich beeindruckend. Das ganze dauert gefühlt nicht einmal 2 Minuten. Ich warte auf die nächste Runde. Zu viel Filmmaterial darf ich aber auch nicht verbraten. Mit ist das Diamaterial bereits ausgegangen. Ich hab die Negativfilme gelanden, die als Notreserve mit im Koffer waren. Und ich habe noch eine Woche Japan nach.

Gleich neben dem Gysier liegt das Jigokudani, ein schmales kleines Tal.Übersetzt solle es kalte Hölle heißen. Der Weg führt einen Flußlauf entlang. Herrliches klares Bergwasser. Schwefelgeruch. Daher der Name. Ich wandere los. Zu meiner linken ist eine Felswand, rechts der Fluß. Ich sehe, wie Wasser aus dem Fels quillt. Überall gibt es kleine Quellen. Man ein Fels, mal blubbt das Wasser aus dem Boden.

Wow. Das Wasser sit kochend heiß. Ich habe den Fehler gemacht und das Quellwasser direkt am Fels angefaßt. Heiß. Selbst der Fels ist warm. Ich dachte, das kommt von der Sonne. Ich habe mich wohl geirrt. Das hier sind heiße Quellen. Wasser, das in Shibu direkt in die Badehäuser gelenkt wurde. Bei genauerem Hinschauen dampfen die kleinen Pfützen; eine brodelt sogar. Ich dachte, daß wäre ein Effekt der Quelle. Nein. Es ist die Temperatur.

Der Weg führt etwas 500m am Fluß entlang, wechselt an einem Holzweg die Flußseite. Überall quellen, manche haben sogar eine kleine Fontäne. Dann ist der befestige Weg zu Ende. Ich sehe einen eta 3m hohen Wasserfall. Der Fluß hat seine Quelle also irgendwo weiter oben. Ob ich da rauf komme? Immerhin gibt es auf der Karte einen gestrichelten Weg. Die meinen doch nicht dieses Nichts von Trampelpfad. Ich taste mich vorsichtig weiter. Es ist rutschig. Ich gehe weiter.

Ich bin alleine, habe meine Ruhe. Alle Japaner habe an der Holzbrücke umgedreht, wo der Weg zu Ende war. Jetzt ist auch der Trampelpfad zu Ende. 50m bevor die Felswand beginnt. Ich sehe Reste von einem Pfad. Rauf geht vielleicht noch, aber nachher wieder runter; ohne Ausrüstung zu riskant. Ich drehe um, nachdem ich die Ruhe aufgesaugt habe.

An der Bushaltestelle erwarten mich 30 Minuten Wartezeit. In der Zeit schaffe ich mindestens 2 Stationen. Das spart Geld. Wie in der Tokyo-U-Bahn steigt der Fahrpreis mit jeder Station. Leider habe ich keine Uhr und wo  ist die nächste Haltestelle. Lieber warten. Eine echte Geduldsprobe.

Zurück in Naruko geht es nach einer Mittagspause um 14:30 Uh mit einem anderen Bus in Richtung Naruko Schlucht. Sie ist etwa 2,5km lang. Also sollte es nur eine Stunde dauern.

Naruko Gorge

Ein Treppe führt hinab in die Schlucht. Endlich mal Stufen abwärts. Wie tief mag die Schlucht sein? 60m, 70m? Die Felswand ist teils steil, teils schräg, so daß Bäumen wachsen können. Alle paar Meter sieht die Schlucht anders aus. Unten in der Schlucht plätschert der Fluß. Er hat diese Landschaft über Jahrtausende geformt. Harmlos sieht er aus. Weiter hinten nimmt der Fluß Fahrt auf; Stromschnellen mit Wirbeln und Strudeln. Was für eine Dynamik, die nur eine zig Meter später wieder in einen ruhigen Fluß wechselt.

Wie mag das erst aussehen, wenn der Herbst hier die Blätter verfärbt. Es könnte ein Postkartenmotiv werden, daß Matsushima in den Schatten stellt. Kiefern sind hat immergrün. Die Laubbäume hier könnten die Schlucht in ein Farbenmeer verwandeln. Hier und jetzt hat die Verfärbung gerade erst begonnen. Ich bin zwei Wochen zu früh. Was aber an dem langen Sommer hier in Japan liegt. Der hat mir die beiden Taifuns beschert und verweigert mir nun die volle Herbstpracht. Ein Vorteil sind die höheren Temperaturen. Ich will also nicht meckern.

Das Wasser ist glasklar und eiskalt. Hier und da rinnt Wasser aus dem Fels hinab. Es gibt auch zwei nette kleine Wasserfälle. Ich habe die Wanderzeit günstig gewählt. Ich bin alleine. Nur Weg selbst erinnert an Zivilistation. Wieder habe ich meine Ruhe. Ein paar Mal wechselt der Weg die Uferseite. Auf halber Strecke gibt es ein kleines Klohäuschen. Aber keinen Mülleimer. Meine Theorie freilebender Mülleimer scheint sich zu bestätigen.

Kurz vor dem Ende Schlucht steht eine Bretterbude, die wie ganz Naruko schon bessere Tage gesehen hat. Betreiben wird die Hütte von einem japanischen Ehepaar samt Hund. Lohnt sich das, hier einen Snackshop zu betreiben? Ich kaufe ein Bier. Der Mann murmelt irgendwas mit „american“. Dem Tonfall nach war es nicht nett. Fast reflexartig erwähne ich „doitsu jin“. Er zuckt zusammen und entschuldigt sich (zumindest der Gesten nach). Da ist er wieder der Deutschland-Bonus.

Ein Treppe, die Schlucht ist zu Ende. Um 17:10 Uhr bin ich wieder am Ryokan. Zeigt für Onsen. Es ist noch hell. Das Rotenburo sieht jetzt ganz anders aus. Der Garten ist kleiner als gestern abend vermutet. Der Bambussichtgschutz ist wirklich kurz vor den Gleisen. Baden bei Tageslicht ist bei weitem nicht so schön als wie bei Nacht. Also kurze Pause, dann wieder das riesige Abendessen.

Dann kurz in das Indoor-Onsen. Auch hier hier liegt der Duft von Zedernholz in der Luft. Es ist aber bei weitem nicht so toll wie das Rotenburo. Mit Sake bewaffnet geht es zurück zum Rotenburo. Ich genehmige extrem entspannede 30 Minuten. Dann eine Pause und etwas später noch einmal 30 Minuten. An der freien Luft vertrage ich die Wassertemperatur recht gut. Ich sitze einfach da. Genieße ein paar Schluck Sake und lasse den Tag und den gesamten Urlaub Revue passieren.

Randnotiz:

  • Fazit: Gysier, Jigokudani und die Schlucht, dazu das Rotenburo. In der Gesamtwertung rutscht der Tag als Ganzen mindestens vor auf Platz 3.
  • Es gibt keine frei lebenden Mülleimer in Japan.
  • Doitsujin ist immer eine gute Idee in Japan. Der Detschland-Bonus.
  • Die Stimmung kann man im Japanischen an Tonfall erkennen. Auch ohne Wörterbuch.
  • 42 Grad Wasser und 42 Grad Sake sollte man nicht kombinieren; egal wie sinnvoll das auf den ersten Blick erscheint.

Matsushima / Dinner

Matsushima steht auf dem Plan. Der Ryokan-Chef warnt mich aber vor der langen Zugfahrt. Egal. Um 9:20 Uhr bin ich am Bahnhof. Der nächste Zug fährt in einer Stunde. Das fängt ja gut an. Zeit das Dorf Naruko zu erkunden. Es wirkt heruntergekommen. So mancher Betonbau erinnert mich an die DDR-Platten. Von außen schmutzig. Alte Gardinen, wenn überhaupt. Alles sieht aus, als hätte Naruko seine besten Tage hinter sich. Meine Meinung zum Äußeren des letzten Ryokans kann hier auf das ganze Dorf angewendet werden.

Dann der Zug um 10:18 Uhr. Es geht an Furukawa vorbei nach Kogota. Die fahrt dauer 1 Stunde. Ein Bahnhof mit mehreren Gleisen im Nirgendwo. Keine Häuser, keine Stadt. Nur der Bahnhof inmitten von Reisefeldern. Nicht einmal ein Nudelshop ist hier auf dem Bahnsteig. Irgendwie hatte ich mich an die Anwesenheit dieser kleine Hütten gewöhnt. 30 Minuten warten. Ich komme mir so verloren vor. Ich stehe ganz alleine hier. Was istdas für ein Bahnhof. Kurz vor 12 Uhr geht es weiter zum Bahnhof Matsushima. (Anmerkung: Matsushima hat zwei Bahnhöfe, die von verschiedenen Linien angesteuert werden. Die Züge aus Sendai halten in Matsushima-kaigen.)

Der Weg ins Stadtzentrum führt mich auf eine kleine Anhöhe. Von hier habe ich eine gute Sicht auf die Bucht. Es ist kurz nach 13 Uhr. Das Wetter ist sonnig und heiß. Die Fernsicht ist aber nicht besonders. Die Luftfeuchtigkeit ist hoch. Nach den „nur“ 25 Grad in Yudanaka kommt man richtig ins Schwitzen. Brachial hier in der Mittagssonne.

Hinab zum Zuigan-Tempel. 700yen Eintritt. Bin ich Krösus? Das verkneife ich mir. Vor dem Tempel ist eine Kryptomeren-Allee (auch Sicheltanne oder japanische Zeder). Hohe kerzengrade Bäume. Man kommt sich klein vor. Schatten. Hier läßt es sich aushalten. Links von mir eine Felswand mit Meditationshöhlen. Wer kommt auf solche Ideen?

Nächter Stop: Entsu-in. Nur 300yen. Gleich zu meiner linken gibt es einen japanischen Garten. Grüne Flächen. Wasserläufe sind durch weißen Sand dargestellt. Dazu eine kleine Brücke über das Wasser. Der Garten ist klein. Das Tempelareal dagegen weitläufig. Das Ende wird durch eine Anhöhe aus Felsen und einen Wald markiert. Wenig spektaulär. Aber der Steingarten hat echt was.

Zum Kai. In 50 Minuten fährt das nächste Ausflugsboot. Genug Zeit für O-Shima; einer kleine Insel zur Rechten. Es gibt hier ebenfalls so etwas wie Meditationshöhlen. Nur viel kleiner. Es sind eher kleine Nischen. Ein paar kleine Buddhastatuen stehen hier. Sonst wirkt es wie ein kleiner Fels im Wasser auf dem Bäume wachsen. Auf der anderen Seite des Anlegers sehe ich eine Art Pavillion, der ebenfalls auf einer Felsinsel steht. Sie ist viel kleiner als O-shima. Über insgesamt drei kleine Brücken gelangt man dorthin. Der Pavillion entpuppt sich als buddhistischer Tempel, der Godaido.

Das Ausflugsboot legt ab. Begleitet von hunderten Möwen. Die Japaner füttern die Viecher. Es gibt sogar einen Automaten auf dem Schiff, wo man Futter kaufen kann. Die Möwen, in Lübeck schon frech, haben sich darauf spezialisiert. Sie sind im Parallelflug mit dem Schiff und kommen auf Armläge heran. Für Fotos natürlich ideal.

So wie es aussieht bin ich der einzige, der sich für die Inseln interessiert, die der Gegend ihren Namen geben und wegen der Matsushima (Kiefernbucht) eine der berühmten Landschaften Japans ist. Die Inseln sind Felsen, die aus dem Wasser ragen. Steile Felsen. So wie Helgoland. Auf wirklich jeder Felsinsel wachsen Kiefern. Selbst auf dem kleinsten Eiland, das ich sehe steht ein Kiefer. Einige Felsen sind unterhöhlt, haben nur einen nur eine schmale Basis auf Meereshöhe. Andere Inseln haben Löcher. Jede Insel ist anderes. Eine beeindruckende Landschaft. Es soll über 230 solche Inseln hier geben. Sie gehen bis fast zum Horizont.

Und was machen die Japaner? Sie füttern Möwen. Es ist unöglich ein Foto ohne Möwe zu machen. Argh. Nach der Bootsfahrt ein verspätetes Mittag.Die lokale Speizialität verkneife ich mir. Rinderzunge, wenn ich das richtig lese. Matsushima hat sogar eine eigene Brauerei. Es gibt verschiedene Sorten. Hier die NICHT übersetzten Namen: Helles, Dunkles, Weizen, Bock … kein Fehler. Alle Namen sind in Deutsch.

Als Souvenier ergattere ich noch Masu-Becher. Kleine Holzkisten, aus denen traditionell Sake getrunken wird. Füllmenge sind 180ml. Dann geht es zurück zum Bahnhof. Ich hätte zwar noch eine Stunde bis zur magischen Uhrzeit, aber ich will zum Dinner zurück in Naruko sein. Nach der langen Fahrt hierher, muß ich auch 3 Stunden für die Rückfahrt einplanen.

Im Ryokan bitte ich mich früh zu wecken. Morgen will ich nach Onagawa und Kinkazen. Der Herr am Tresen wühlt daraufhin in seinen Unterlagen. Fazit: Mit der Bahn an einem Tag nicht möglich. Ups. Das hatte ich jetzt nicht eingeplant. (Die Fahrzeit nach Matsushima auch nicht). Er rät mir, morgen die Gegend in Naruko zu erwandern. Er hat recht. Wenn ich schon einmal hier bin, sollte ich einen Tag hier verbringen. Der Plan wird geändert. Es gibt hier eine Schlucht, durch die man wandern kann und einen Gysier. Das ist doch mal ein Alternativprogramm.

Dinner

Es folgt das Dinner. Ich habe es gebucht. Es soll kommen. Es wird aufs Zimmer gebracht. Was da aber anrollt war so nicht erwartet. Ein riesiges Tablett mit Tellern. Sashimi, Fisch, Tempura, Gemüse, Reise, Misosuppe, Sukiyaki, … Meine Erinnerungen an japanisches Frühstück werden wach. Na dann mal los. Es ist unglaublich lecker. Ein paar Sachen sind nicht so ganz mein Fall. Das macht aber nichts. Die einzelnen Portionen sind nicht groß, aber die Menge macht es; der Reis sowieso. Ich bin pappsatt und habe nur 2/3 geschafft.

Anschließend empfiehlt er mir das Outdoor-Onsen (Rotenburo, frei übersetzt „Bad unter freiem Himmel). Nach der 9-Onsen-Tour bin ich neugierig. Mit Yukata, das habe ich ja schon gelernt, geht es auf Holzsandalen zum Rotenburo. Ich konnte gestern in diesen Dingern nicht laufen und heute auch nicht.

Das Rotenburo leigt in 3F. Das Haus ist am Hang gebaut. Hier im zweiten Stock ist der Garten hinter dem Haus. Man verläßt fas Haus. In etwas 20m gibt es ein Häuschen. Hier kann man sich umziehen. Im Inneren duftet das Holz wie in einer Saune. Zedernholz hat einen sehr hohen Gehält an ätherischen Ölen. Herrlich dieser Duft.

Hinter einer Schiebetür liegt das Becken. 2x2m groß mitten im Freien. Das Wasser hat angenehme 42 Grad. Die Luft hat immer noch so um die 20 Grad. Das Wasser dampft.Das Becken ist aus Natursteinen gemauert. Wenn man sich hinzsetzt geht eine das Wasser bis zum Hals. Eine ideale Tiefe. Setzt man sich auf Stufe, geht das Wasser bis zur Brust.

Die einzige Laterne, die die Szenerie erhellt ist damit im leichten Nebel. Das Bad ist klein, aber ich bin alleine. Es ist genug Platz da. Hinter dem Becken ein kleiner Garten und ein Zaun als Sichtschutz.

Ein Zug rauscht vorbei. Wow. Das kam unverhofft. Gleich hinter dem Zaun müssen die Gleise sein. Ich genieße das Wasser. Wenn es etwas zu heiß wird, kühle ich mich in der Nachtluft ab. Hier halte ich es wesentlich länger aus als indoor. Fehlt nur noch Sake. Der Plan für morgen Abend.

out door hot spring

Randnotizen:

  • Fazit: Die Anreise war suboptimal. 7 Stunden Bahn für 3 Stunden Matsushima. Viel zu kurz. Aber immerhin habe ich einen Punkt von meiner Liste abgehakt. Auch die zweite Landschaft Japans wird ihrem Namen gerecht. Matsushima ist echt schon. Der Tag landet dennoch im unteren Mittelfeld.
  • Unterschätze niemals die Fahrzeiten mit Zügen.
  • Deutschland scheint in Sachen Bier das Maß der Dinge zu sein.

Shinkansen / Local

Heute folgt der Wechsel zum letzten Stop, bevor es zurück nach Tokyo geht. Die Japantour neigt sich ihrem Ende. Ich glaube länger als 4 Wochen, sollte so etwas auch nicht dauern. Nachdem sich in Nagano schon so eine Art Tempelmüdigkeit breit gemacht hat, wird Naruko noch mal richtig entspannend und dann zum Abschluß Hektik in Tokyo.

Für die Weiterereise heute ist kein Zwischenstop eingeplant. Ich muß mit vier verschiedenen Zügen fahren. Außerdem habe ich nichts interessanten auf der Strecke gefunden, was man so nebenbei abhaken kann. Ist eventuell auch gut so. Ich habe ja noch das Kamidana dabei. Das wären 2 Coin Locker.

Der Ryokan-Chef fährt mich zum Bahnhof. Dafür bin ich ihm echt dankbar. Es geht nach Nagano. Während der Zugfahrt rüste ich das Barrel (meine große Gepacktasche) auf Rucksack um. Den Bergans trage ich dann vorne. Damit habe ich trotz Kamidana eine Hand frei für Kleingeld, JRP und solche Sachen. Allerdings leidet die Beweglichkeit. Passend wäre jetzt ein „Wide Load“-Schild am Rücken.

Was ich bei der Planung vergessen habe ist, daß ein Shinkansen zwischen Nagano und Tokyo verkehrt. Für die Weiterfahrt nach Norden brauche ich nicht einmal bis Tokyo oder Ueno. Ich kann in Omiya umsteigen; sehr praktisch. 60 Minuten nach Nagano, 90 Minuten bis Omiya, 100 Minuten bis Furukawa. Dazu die Wartezeiten am Bahnhof. Zugegeben. Das summiert sich trotz Shinkansen. Aber Nagano wird zum Tagesausflug von Tokyo aus.

In Furukawa geht es mit der Bummelbahn weiter. Dieses Mal ist sogar optisch korrekt. Das Ding sieht aus wie ein Schinenbus. Nur ein Wagen. Wo liegt dieses Naruko? Im Nichts? Die Bahnhöfe werden immer kleiner. Manche sehen aus, als hätte hier seit Jahren kein Zug mehr gehalten. Es gibt kaum noch Häuser an der Strecke, dafür immer mehr Reisefelder.

Nach 45 Minuten erreichen wir Naruko. Ich steige aus. Es riecht nach Schwefel. Whow. Hoffentlich gewöhnt man sich daran. Das Dorf ist zumindest größer als alle, die ich während der letzten Stops gesehen habe. Nach der Beschreibung sind es 15 Minuten Fußmarsch. Nein. Taxi. Da ist das Kamidana. Es war eine gute Entscheidung. Das Hotel ist am Ende des Dorfes. Eines der letzten Häuser.

Das Ryokan ist ein kleines Hotel. Sehr japanisch und geschmackvoll eingerichtet. Der Betreiber spricht Englisch und sogar etwas Deutsch. Damit habe ich nicht gerechnet, aber es erklärt, warum die Buchung so einfach lief. Viele Ryokans hatten nicht geantwortet oder sich aus dem Rennen genommen, mit dem Hinweis, daß das Personal kein Englisch kann.

Es gefällt mir hier. Mein Zimmer ist in 4F. Der Raum hat 6 Tatami. Es gibt einen kleinen Wintergarten mit 4 Tatami. Und ich habe wieder ein eigenes Bad. Es ist zwar genauso groß wie im Hotel Flex, aber es ist meins. Irgendwie fühle ich mich wohler mit Dusche. Ja doch, die Wahl war gut. Mein Kamidana sorgt kurz für Verwirrung.

Das eröffnet mir der Chef, daß es heute kein Dinner geben wird. Heute ist in Japan ein Feiertag und der Koch hat frei. Er wird also das Abendessen von der Rechnung abziehen und mich in ein Lokal im Dorf fahren. Von seiner Seite aus kann es sofort losgehen. Ich für meinen Teil möchte zuvor noch duschen. Nach den 8 Stunden mit Bus und Bahn bin ich etwas durchgerockt.

Frisch geduscht gehe ich nur mit Yukata begleitet in die Lobby. In 5 Minuten kann es losgehen. Aber der Ryokan-Chef hat andere Pläne. Er gibt mir diese japanischen Holztreter. Mit dem Hinweis auf die Yukata meint er nur. Das ist ok. Das hier ist ein Onsenort. Mehr braucht man nicht tragen. Was ich nicht ganz raus habe ist, wie man man mit diesen Holzklötzen laufen kann. Es gibt keinen Hacken und kein Vorderteil. Den Fußabrollen ist unmöglich. Alternativ fällt mir nur so eine Art Stampfschritt ein. Sieht dämlich aus. Also versuche ich eine Mischung. Eines ist klar: komfortabel ist was anderes.

Das Lokal ist so eine Art Kneipe mit Küche. Ein paar ältere Herren sitzen hier. Man kennt sich. Es werden kurz die Eckdaten ausgetauscht, dann noch die Info an mich, daß ich einfach anrufen soll. Er holt mich dann ab. Weg ist er. Jetzt sitzte ich hier alleine in Yukata. Gut, 5 Japaner um mich rum. Macht die Sache nicht einfacher. Dennoch kommt ein bischen Konversation auf. Das war so zurück betrachtet immer der Fall. Ich bestelle Soba und ein Bier.

Mit dem letzten Schluck ist der Ryokan-Chef in der Tür. Das nenne ich Telepathie. Den Rest des Tages verbringe ich vorm Fernseher und im Hauseigenen Onsen. Dabei überlege ich, ob drei Wochen nicht gereicht hätten. Ich bin irgendwie kaputt. Ich brauche Urlaub.

Randnotizen

  • Fazit: Heute mal keines.
  • Japan sieht außerhab der Großstädte immer etwas runtergerockt aus.
  • Die Umsteige-/Wartezeiten nicht unterschätzen.
  • So ein Kamidana ist unhandlich.