Erste Schritte auf fremdem Grund / Narita

Als Frühstück gibt es Rührei mit Pilzen. Auch nicht so mein Fall. Jetzt dürfen wir auch die Fenster öffnen. Unter uns ist Rußland. Keine Häuser, keine Straßen. Absolut leer. Nur Natur. So einen Anblick hat man selten. Hunderte Kilometer ohne Menschen. Ich verstehe, warum man hier wandern will.

Flugroute
Flugroute

Wasser. Das nächste dürfte dann Japan sein. Die Nervosität steigt. Land. Die Nordküste von Honshu. Irgendwie war da so gut wie keine Küste. Es war gleich grün. Wald. Ein Flußlauf. Die Bebauung ist nur dicht am Fluß und sehr kompakt. Sie folgt dem gesamten Flußlauf, ist aber nicht breit. Nach ein paar Straßenzügen ist schon wieder Wald. Es sind auffallend viele blaue Dächer zu sehen. Mit dem Sinkflug erkenne ich, das sind Blechdächer. Blaue Blechdächer. Daß dies mein erster Eindruck von Japan wird, hätte ich nicht erwartet. Der Kulturschock kann beginnen.

Wir fliegen an der Küste entlang. Es folgt ein Rechtsschwenk und die Landung. Es ist 15 Uhr. Bis jetzt fühlt sich Japan nicht anders an als Europa. Gut die Schriftzeichen. Zum Glück gibt es Untertitel.Es folgt die Einreisekontrolle. Der Zettel, den ich während des Fluges ausgefüllt habe, ist das Visum. Die rechts Seite mit den Rückflugdaten wird in den Reisepaß getackert, dazu ein Stempel und ich bin offiziell in Japan.

Mit dem Koffer betrete ich die Lobby. Daß muß ich sacken lassen. Japan. Ich bin Wirklich in Japan. Darauf erst mal ein Bier. Ich stehe mitten in Lobby und sauge diesen Monment auf.

Wie komme ich jetzt von hier (Narita) nach Tokyo. Ich sehe einen Counter des Keisei Liner. Auf der Anzeige steht Ueno. Das ist doch da, wo mein Hotel ist. Meinen die wirklich Tokyo? Das wäre cool. Von Ueno kann ich zu Fuß gehen. Vom Hauptbahnhof hätte ich ein Taxi nehmen müssen. Ich frage lieber noch mal nach. Japp. Ueno bei Tokyo. „Bei“ Tokyo? Warum nicht „in“? Egal. Wird schon passen.

Ich buche den Limited Express für 1000en. Der Zug hat den Charme einer U-Bahn. Der Ltd. Express scheint so etwas wie die Regionalbahn zu sein. Express wohl deswegen, weil er manche Stationen ausläßt. Ich bin der einzige Europäer in diesem Waggon und beobachte die Japaner. Schlafen, auf seine Schuhe schauen, aus dem Fester starren. Es ist ruhig. Hier wird nicht lauf telefoniert oder rumgegröhlt. Japan gefällt mir jetzt schon.

Ein Blick nach  draußen zeigt, die Bebauung wird dichter. Ein wilder Baustil. Haus an Haus. Jedes in einem anderem Stil. Es scheint keinen Bebauungsplan zugeben. Sagen wir es so. Zwischen Deutschland und dem Asterix-England ist der Unterschied genaueso groß, nur in die andere Richtung. Chaotisch beschreibt es am Besten. Immer dabei sind blauen Dächer.

HINWEIS: Ich werde im 2004er Blog ab hier nur Fotos zeigen, die auf der Reise entstanden sind. Das kann etwas dauern. Ich muß die Dias erst auswählen und dann einscannen lassen.

https://www.youtube.com/watch?v=lBDljWjiIKc

Tag 0 / Es geht los …

Heute geht es los. Ich war eben noch bei der Bank und habe die 7000 yen eingesammelt. Was fehlt noch? Ein Regencape. Sicher ist sicher. Also noch einmal zum GlobeCamp und dann weiter in die Cafe Lounge. Hotel Edoya hat geantwortet. Der erste Tag (heute) ist storniert. Zum Glück ohne Strafgebühren.

14:40 ist der familiäre Fahrservice nach Hamburg da. Koffer eingepackt, Licht aus, Strom aus, Gashahn zu. Die Wohnung ist offline. Um 15 uhr geht es los. Wir kommen zügig bis nach Norderstedt. Aber irgendwo mußte der Stau ja sein. Nichts geht mehr. Aus 15:50 wird 16:00 wird 16:10. So langsam werde ich nervös. Um 16:25 ist das Terminal in Sicht. Erleuchterung. Kurzfristig hatte ich die Orientierung verloren. Der Check-in geht zügig. Die Koffer werden an ANA weitergeleitet. — Jetzt werdet ihr sagen, daß machen die doch immer. Mein Fall ist anders. Es sind getrennte Flüge, ich habe getrennte Flugtickets geliefert bekommen. Von daher war es nicht klar, ob ich in Frankfurt die Koffer neu einchecken muß.

16:45 betrete ich die Sicherheitszone. Das Abendteuer beginnt. Der Flieger startet planmäßig um 17:40 ist eine Stunde später in Frankfurt. 2 Stunden bis es weiter geht. Ohne Kofferralley wird es streßfreie Zeit. Da Mittag ausfiel habe ich schon eine Idee sie zu nutzen. Hier ist aber nichts. Also auf von Terminal A zu Terminal B. Eine Treppe runter die Lange Gangway entlang. Ist das Kunst oder kann der Weg. Die Beschallung hier ist gewöhnungsbedürftig (Wasserplatschen, Kinderlärm, Blätterrauschen). Die Lichtinstallation ist da schon akzeptabler. Futuristisch merkwürdig, aber ok. Leider ist das Laufband auf, und ich muß die Strecke laufen. Dann, endlich, das Terminal B und eine Paßkontrolle. Ende des Schengenraums, den ich hiermit zum ersten Mal verlasse. Hier im Terminal B gibt es sogar einen McD. Endlich was zu essen. Bis zum Boarding sind es noch 40 Minuten.

Bordkarte HH FFM
Bordkarte HH FFM
Bordkarte FFM TYO
Bordkarte FFM TYO
Gepäcklabel
Gepäcklabel

20:15 beginnt das Boarding. Ein Fensterplatz und der Sessel neben mir bleibt frei. Das war eine meiner Befürchtungen: 10 stunden neben einem Sumoringer eingequetscht zu sein.

20:45 hebt der Vogel ab. Es ist dunkel. Man sieht Frankfurt bei Nacht. Mit steigender Höhe würden die Straßen zu einem Lichtnetz in der Dunkelheit. Mit der Wolkengrenze ist Schluß. Zeit für das Abendprogramm: Shrek läuft im Bordkino.

Rein theoretisch ist jetz schon der 21. September. Wir sind irgendwo kurz vor St. Petersburg. Das sind plus 2 Zeitzonen und 2 Stunden Flugzeit. Damit haben wir es 1 Uhr. Es folgt das Abendessen. (Und zwei weitere Zeitzonen, Jetzt ist es 3 uhr). Naja, geht so. Ich ziehe mir noch zwei weitere Filme rein, versuche mehrfach etwas Schlaf zu kriegen. Es klappt nicht. Also weiter Bordkino. Eventuell kann ich das zu meinem Vorteil nutzen, den Jetlag überwinden. Gleich wird es Morgen, wir werden gebeten die Fenster zu verdunkeln. Mist. Wollte den Sonnenaufgang in Zeitraffer sehen. Aber man will Nacht simulieren.

-2 Tage / BC-Schuhe

In zwei Tagen geht es los. Klamotten sind schon gebunkert. Ich wollte erst für 4 Wochen Wäsche mitnehmen. Der Berg war aber riesig und hätte die 20kg-Grenze für das Gepäck gesprengt. Also habe ich die Menge halbiert. Ich muß in Oosaka einen Waschtag einlegen.

Vielleicht sollte ich mir eine Satz Wanderschuhe kaufen. Mit den Straßentretern könnten die Tagesausflüge anstregend werden. Nichts wäre schlimmer als am zweiten Tagen blasen zu haben und dann bis zum Ende der Reise nicht mehr laufen zu können. Das fällt mir natürlich wieder rechtzeitig ein. Übermorgen geht es los, morgen ist Sonntag. Mit anderen Worten: Einkauf auf den letzten Drücker. Schuhekaufen und Männer paßt eh nicht zusammen, also mache ich es kurz: Innenstadt, Globetrotter.

Da hatte ich ja vorgestern den „Reisekoffer“ gekauft. Halbhoch sollten sie sein, damit man im schweren Terrain nicht so leicht umknickt. Habe ich schweres Terrain? In Tokyo sicherlich nicht. Aber Nagano ist in den Alpen. Sicher ist sicher. Welche Kategorie? Man kann der Verkäufer fragen stellen. Kategorie A fällt raus, die sind für Mädchen; D irgendwie auch. Das sind ja Kampftreter für die Mongolei im Winter. Bleiben B oder C. Der Trend ist zwar „Mehr Power“, aber der C-Schuh sieht (zu) solide aus. Und auf Gletschern werde ich bestimmt nicht unterwegs sein; höchsten Geröll, wenn überhaupt.

Schuhklassen
Schuhklassen

Also B. Oder doch nicht? Die Bezeichnung „leicht Trekking-Touren“ klingt nicht nach einem Schuh für Männer. BC das klingt schon nach was: anspruchsvolles Trekking, harte Wanderungen, Hochgebirge; Geröll und Klettersteige. Ja, das ist ein Männerschuh; Adjektive, die gefallen. Kann auch sein, daß ich gerade das Opfer von Werbetextern werden. Aber das Prinzip „mehr Power“ spricht ebenfalls für BC, da noch mehr Power dann doch über das Ziel hinaus schießt. Es wird das Modell Himalaya.

Nicht gerade billig, aber besser als Blasen am Fuß. Moment… Die Dinger sind neu. Auf einmal scheint die Idee nicht mehr so gut. Jetzt ist es zu spät. Sie sind bezahlt. Das nächste Problem ist das Gewicht. 800g pro Schuh! Das klingt erst schwer, wenn man ausrechnet, daß die Schuhe 12% des Maximalgewichts für den Koffer ausmachen. Zum Glück werden die Klamotten, die man trägt nicht gewogen.

-3 Tage / Mehr Flugtickets?

Heute kamen die Flugtickets für den Flug von Hamburg nach Frankfut. Wie??? Bis eben dachte ich, daß ich die Flugtickets schon habe. Das war aber nur der Flug ab Frankfurt. Ich bin kurz vor einem Herzinfarkt. Heute ist Freitgag. Viel später hätten die Dinger nicht kommen dürfen. Ich hätte sonst in Hamburg gestanden ohne Flugtickets. Das wäre ja was geworden. Jetzt brauche ich erst einmal ein paar Minuten.

Ich habe immer noch keine Rückmeldung vom Hotel Edoya, ob sie den ersten Tag gecancelt haben. Wenn das schief geht, besteht Gefahr, daß sie alle Nächte stornieren. Egal. Nach dem Schock von eben will ich nicht darüber nachdenken. Selbst wenn das schief geht, bin ich schon mal in Tokyo. Alles andere ist egal.

Aber halt. Ich brauche noch Geld. Kann ja schlecht mit Euro bezahlen. Ein Anruf bei der Bank: Sie haben noch 7000 yen. Nicht viel, aber ich nehme, was ich kriegen kann. Dummerweise, bin ich erst um 18:02 in der Stadt. Zu spät. Und nun? Auf zur Reisebank. Die haben mehr als genug. Ich hole 45000 yen. Wow. Nur 1000er-Scheine. Trotzdem sind es nur 350€.

Mit dem Rucksack von gestern und den Klamotten habe ich schon 1600€ ausgegeben und noch keinen Fuß in Japan. Die Hotels sind auch noch nicht bezahlt, nur gebucht. Ich glaube das wird sehr teuer.

-4 Tage / Reisekoffer

Geld. Vielleicht sollte ich Geld mitnehmen. Aber woher nehmen. Rufe bei der Deutschen Bank an. Sie haben noch 7000en. Mehr kriegen sie auch nicht mehr rein. Egal. Ich nehme, was ich kriegen kann. Auf in die Stadt.

Jetzt liegen die ganzen Sachen für die Reise auf einem Haufen: Klamotten, Kameratechnik, Fön, Kleinkram, Bücher, dazu ein DIN A5-Buch. Ich werde jeden Tag protokollieren. Das Wort Reisetagebuch möchte ich vermeiden. Die Reise wird mehr Eindrücke vermitteln, als ich in Fotos festhalten kann. Ich bin gespannt auf den Kulturschock. Wird er einsetzen? Wie ist es mit Vorurteilen und Klischees? Die Anspannung und Vorfreude steigt mit jedem Tag.

[Nachtrag: Ein Glück, daß ich Protokolle geschrieben habe. Ohne sie wären die Reiseblogs nicht möglich gewesen. Um alle daran zu erinnner. 2004 gab es noch kein web 2.0, keine Blogs.]

Ok. Die Sache liegen auf einem Haufen. Aber wie kommt der Haufen nach Japan. Da habe ich die Tage durchgeplant, eine Checkliste für die erwähnten Haufen aufgestellt und total vergessen, daß der Kram in einen Koffer muß. Na zum Glück habe ich das rechtzeitig bemerkt. Grins. Aber wo kriege ich jetzt einen Koffer her? Die Dinger bei Karstadt sehen so altbacken aus. Und sie wiegen. Teilweise 6kg. Das sind 30% meiner Maximallast. Inakzeptabel. Total inakzeptabel. Plan B sind Rucksäcke. Aber diese Outdoor-Allinklusive-Trekking Rücksäcke sind irgendwie auch nicht das, was ich suche. Und sie sind auch nicht mein Stil.

Bei GlobeCamp finde ich eine Art Seesack. Leer wiegt er fast gar nichts, 1,85kg. Er hat Trageschlaufen und kann auch als Rucksack getragen werden. Die Füllmenge von 85l übersteigt zudem jedem Rucksack und fast jeden viele Koffer. Roaar. Tatonka. Paßt zu meiner Kaffeekanne, die mich durch das Studium gebracht hat und durch so manche Astronacht. Gekauft.

[Nachtrag: In Retrospektive fehlen dem Rucksack doch die Rollen. In Kyoto war das Ryokan so weit vom Bahnhof entfernt, daß ich kurz davor war, ein Taxi zu nehmen. In Hiroshima habe ich dann Rollen gekaut. Mehr dazu im Blog. Heute hätte ich wohl einen Trekking- oder Wanderrucksack genommen.]