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USA 15.4 – Chicago, IL

 2023 war ich für ein Jahre in den USA. Mein Idee war es wöchentlich zu bloggen. Das Leben in den USA kam dazwischen. Es ist einfach zu viel passiert. In 2024 habe ich es
  vergessen. Also werde ich die Blogbeiträge jetzt in 2025 wochenweise einstellen.

DEU

Heute schlafe ich etwas länger. Es ist alles durchgeplant. Kaffee. Auschecken. Koffer zwischenparken und dann runter zum Startpunkt für die Führung durch die Pedways.

Aber zunächst geht es ein letztes Mal runter zu den Brücken des Chicago River. Ich habe Glück. Eine Brücke ist gerade geöffnet. Foto. Danach mache ich Fotos vom Lower Whacker Drive. Ich habe keine Orientierung und dieser unterirdische Teil der Straße ist 2 Meilen lang. Aber irgendwo hier wurden Dark Knight, Blues Brothers und viele andere Filme gedreht.

Ich laufe bis zur Franklin Delano Roosevelt Bridge am Hafen. Ein zweite Runde durch den Maggie Daley Park und zur Bohne. Von hieraus geht es zum Chicago Theater. Hier in der Nähe ist der Treffpunkt für die Führung.

Wir laufen los. Ein Teil der Tunnel ist alt. Die Korridore wirken wie die Lobby eines Theaters. Andere Teile sind eher nüchtern, modern. Aber nie hat man das Gefühl in einer Fußgängerunterführung zu sein, oder unter der Erde.

In einem Tunnelabschnitt sind verschiedene Glasfenster ausgestellt. Sie sind von hinten beleuchtet. Man glaubt sich in einem Museum oder einer Kunstgallerie.

Die alten Padways verbinden eben so alte Gebäude. Das Innere ist imposant; frühes 20. Jahrhundert. Art Déco, fränzösische Gotik. Viele Mosaike. Oft sieht man ein Y-Symbol. Es stellt die Chicago River und seine Gabelung dar. Das Y ist das Symbol für Chicago.

Ich habe keine Ahnung wo wir überall langgelaufen ist. In den Padways ist alles ausgschildert, aber ohne Kenntnis wo City Hall auf der Karte ist, hilft das nicht weiter. Irgendwo an der Michigan Ave kommen wir wieder ans Tageslicht. Gleich um die Ecke ist Adams/Wabash. Ich bin hier schon mehrfach in den letzten Tagen vorbeigangen. Nur ein Schild ist mir dabei nie aufgefallen: „Begin. Historic Route 66„. Genau hier beginnt die berühmte Route 66.

Ein Blick auf die Uhr verrät: Noch ein letzter Stopp im Elephant & Crown. Technischer Halt. Zurück zum Hotel, das Gepäck abholen. Und dann wartet da auch schon der uber. Ich bin mit Reservezeit an der Union Station.

Das Gebäude ist imposant, sauber; so gerade nicht Deutsche Bahn. Nach Statistik ist es der Bahnhof mit der vierthöhsten Passagierzahl in den USA.1 Wo sind die alle? Oder fahren wirklich so wenig Leute mit der Bahn? Ach ja, das Bahnhofsgebäude kommt unter anderem in den Filmen Fargo und The Untouchables vor.

Der Zug hat mindestens 1 Stunde Verspätung. Na super. Da fährste ein Mal mit dem Zug. Arghh. Das Problem ist nicht die Verzögerung. Aber planmäßig ist der Zug um Mitternacht in Indianapolis. Wir wechseln die Zeitzone. Mit der Verzögerung wird es mindestens 1 Uhr morgens. Und ich habe das Hotel nur für eine Nacht gebucht. Arggh. Das wird eine kurze Nacht.

Mit mir zusammen warten ein paar Amish. Ich kann ihrem Gespräch folgen, was Verwunderung auslöst (ich muss bei einem Kommentar sichtbar schmunzeln). Die meisten Amerikaner verstehen nichts. Das ist mein Vorteil als Norddeutscher. Der hier gesprochene Dialekt (Pennsylvania Dutch?) ist für mich eine Mischung aus Englisch, Deutsch und Holländisch; Verstehen ist kein Problem, ans Sprechen denke ich nicht einmal. Wir kommen ins Gespräch (ich in Englisch) während wir weiter auf den Zug warten.

Mit fast 90 Minuten Verspätung geht es endlich los. Ich verabschiede mich von den Amish, die in einem anderen Wagon sitzen. Wir fahren langsam: ganz langsam. Man will den amerikanischen Autofahrer am Bahnübergang nicht überfordern. Ach ja, die Verspätung entstand, weil der Zug auf der Anreise nach Chicago einen Müllwagen abgeräumt hat.  Sowas kannst du dir nicht ausdenken.

Die Fahrt in die Nacht ist relativ ereignislos. Wir kommen unter anderem an Dyer vorbei. Ich muss die Uhr umstellen. Dyer ist bereits Indiana. Hier nimmt der Zug auch Fahrt auf und entfernen uns vom Lake Michigan. Rensselaer, Lafayette, Crawfordsville. Es zieht sich. Mittlerweile ist es zappenduster. Und endlich erreichen wir Indianapolis. Es ist nach 1 Uhr morgens. Der Zug war übrigens der Cardinal und fährt weiter nach New York, wo er in etwa 22,5 Stunden ankommen wird.

Auf gehts. Raus aus dem Gebäude und los, durch die Nacht. Hier ist nichts mehr los. Wieso Henry Street? Falsche Richtung. Argh. Und zurück, unter den Schienen durch zur W Washington Street. Jetzt links. Endlich bin ich am Fairfield Inn & Suites. Zum Glück ist die Rezeption noch besetzt. Es ist kurz vor 2 Uhr. Ich kläre gleich ab, wann Checkout ist. Ich werde ausschlafen. Der Getränkeautomat spendiert noch ein Feierabendbier. Um 2:30 Uhr mache ich das Licht aus. Was für ein Tag.

Chicago ist eine Reise wert. Ich würde es sogar über New York stellen. Diese Kombination aus Chicago River, den Brücken, den alten Hochhäusern und den modernen Skyscrapern hat was. 4 Tage braucht man nicht. 2 Tage plus Reservezeit am An-/Abreisetag. Ich will mich nicht beschweren. Es war eine entspannte Zeit.  Und das Abendteuer geht in ein paar Stunden weiter, hier in Indianapolis.

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USA 16 – Milwaukee, WI

 2023 war ich für ein Jahre in den USA. Mein Idee war es wöchentlich zu bloggen. Das Leben in den USA kam dazwischen. Es ist einfach zu viel passiert. In 2024 habe ich es
  vergessen. Also werde ich die Blogbeiträge jetzt in 2025 wochenweise einstellen.

DEU

Heute geht es nach Milwaukee. Es ist die größte Stadt in Wisconsin und liegt wie auch Chicago am Lake Michigan. Bekannt ist Milwaukee als US-Bierhauptstadt (Pabst4, Schlitz5, Miller6) und Sitz von Harley-Davidson. Manche werden die Stadt durch den Film Wayne’s World kennen. Ach ja, um 1880 hatten 27% der Einwohner deutsche Wurzeln.

Für die Anreise habe ich den Zug gewählt, Amtrak. Mit dem uber geht es zum Bahnhof von Chicago Union Station. Das Gebäude ist ähnlich imposant wie Grand Central Station in New York: Eine riesge, mehrere Etagen hohe Halle, die als Lobby und Wartebereich dient. Anders als in Deutschland gibt es hier keinen Dreck und keine Fastfood-Ketten. Alles wirkt imposant, eher wie eine Bibliothek oder Lobby eines Gerichtes.

Zugfahren in den USA ist anders als in Deutschland. Wie am Flughafen wartet man an einem Boarding Gate und wird dann kurz vor Abfahrt zum Zug eskortiert. Einen erhöhten Bahnsteig gibt es nicht. Man geht auf Höhe der Gleise zwischen den Zügen hindurch und klettert förmlich in den Wagon. Bis Milwaukee sind es etwa 90 Meilen. Der Zug braucht hierfür 90 Minuten.

Der Bahnhof in Milwaukee ist dann schon eher wie in Deutschland aber im Vergleich kaum besucht. Milwaukee hat übe 577.000 Einwohner, ist also etwas kleiner als Stuttgart. Der Bahnhof kommt mit Mühe auf gerade 5 Gleise, von den nur zwei Durchgangsgleise sind. Hier ist nichts los. Selbst die Gegend um den Bahnhof wirkt verwaist. Keine Geschäfte.

Mein erstes Foto schieße ich vom Hilton Milwaukee. Es ist nur ein Hotel, aber die Antenne auf dem Dach ist riesig. Das Art Déco Gebäude stammt von 1927 und ist 274 ft hoch (83,5 m). Die Antenne hingegen schafft es auf 677 ft (206 m). 7

Nächster Stopp ist am Milwaukee County Office. Da die USA nicht wirklich für Fußgänger sind, nutze ich die Tiefgerage um meinem Ziel dichter zu kommen.

Auf der anderen Seite der I-43 wartet die „Church of the Gesu“ auf ein Foto. Anschließend laufe ich die Wisconsin Ave entlang. Zu beiden Seiten der Campus der Marquette Universität. Hier an der Wisconson Ave finde ich das Pabst Mansion.8

Weiter die Straße runter fällt mein Blick erst auf das Ambassador Hotel (ein weiteres Gebäude im Art Deco-Stil) und dann auf „The Rave / Eagles Club“ [Link]. Der Club befindet sich in einem Gebäude von 1927 (Architekt war Russell Barr Williamson) und hat eine erstaunliche Gästeliste: Bob Dylan, Sex Pistols, The Offspring, Bad Religion, Pantera, Marilyn Manson, Korn, Slayer, …

And der 27th St biege ich nach Süden ab. Die Gegend ist geprägt von leerstehenden Wohungen und leeren Grundstücken. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, hier rumzulaufen.

Es gibt einen Fußweg am H-57 über die Bahngleise. Unter mir ist der Menomonee River. Südlich der Gleise ist der Mitchell Park mit den Horticultural Conservatory (a.k.a The Domes), drei große Gewächshäuser.9 Und wie immer bin ich hierhier gelatscht um festzustellen, dass heute geschlossen ist. Argh.

Durch den Park geht es weiter zur W Pierce St, die Grenze zwischen Wohngebiet und Gewerbegebiet. Weiter geht es auf der W Bruce St quer durch das Gewerbegebiet mit vielen alten, teilweise leerstehenden Gebäuden. Jetzt nur noch unter der I-43/ I-94 hindurch und ich stehe, ohne es geplant zu haben, vor der Great Lake Distillery [Link].

Eigentlich eine gute Zeit für ein Bier. Es ist Zufall, dass in wenigen Minuten eine Führung durch die Destillerie startet. Die GLD war die erste Brennerei, die nach Ende der Prohibition öffnete. Das war 1920. Das Gründungsjahr der GLD wird aber mit 2004 angegeben. Dieses Delta muss ich noch klären. Ich weiß auch noch nicht, was das für eine Brennblase ist. Unten ist es eine Pot Still. Es wird also in Batches gebrannt. Der weitere Aufbau ist aber eine Column Still mit zwei Brennsäulen.

Von hier ist es nicht einmal mehr 1km bis nach Harley-Davidson. Ich bin kein Fan dieser Marke. Aber das hier ist Murrica. Das hier ist Milwaukee. Das Museum hat gefühlt von jedem HD-Modell ein Exemplar. Und ich merke, dass sich nach den 1950ern eigentlich nicht mehr viel an der Optik geändert hat. Das ist wie beim Porsche 911. Der sieht auch seit Jahrzehnten gleich aus.

Der Tag ist zu 2/3 rum. Ich habe über 5 Meilen auf der Uhr.

Am Bahnhof vorbei geht es auf die Ostseite des Milwaukee River. Hier steht die City Hall. Das Foto ist gemacht. Zurück am Milwaukee River folge ich dem Riverwalk Way. Bis hinauf zur Lakefront Brewery, kurz vor der Brücke der N Holton Street.

Auweia. Ich muss den ganzen Weg gleich wieder zurücklaufen. Dafür brauche ich eine Stärkungsbier. Und ich laufe auf gegen die Uhrzeit. Denn das Zugticket für die Rückfahrt ist bereits gebucht. Meine Zeitplanung hat Reserven. Mein letzter Stopp ist deshalb der Milwaukee Public Market. Eine Markthalle, die vergleichbar ist mit der Kleinmarkthalle in Frankfurt.

Zurück am Bahnhof sind es dann fast auf den Punkt 10 Meilen. Die Dämmerung hat begonnen. Die Zugfahrt zurück sind 90 Minuten Entspannung für die Füße. Ich komme in Chicago an. Für den Willis Tower ist es bereits zu spät. Und so schlendere ich gemütlich zurück zum Hotel. Mindestsens 1,3 Meilen kommen also noch dazu.

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