Bier (ein lange Einführung) I

Bier wird gebraut: Die Stärke eines Ausgangsprodukt wird in Malzzucker umgewandelt, der dann vergören wird. Abgrenzung: Wein wird gekeltert. Ausgangsprodukt ist Obst, dessen Fruchtzucker direkt vergoren werden kann. Damit ist Sake (Reiswein) technisch gesehen ein Bier.


Brauprozess

Mälzen: Die Gerste (Weizen, …) wird unter Zugabe von Wasser zum Keimen gebracht und so das Enzym Amylase angereichert. Darren: Die Keimung wird durch Hitze (85-100°C) beendet und das Malz getrocknet. Darren definiert Malzfarbe und Trocknungsgrad, was den Biergeschmack wesentlich beeinflusst. Bei hohen Temperaturen entstehen karamelisierte Malze und Raucharomamalze. Schroten: Das Malt wird zerkleinert.

Maischen: Wasser wird auf 45-60°C erhitzt und das geschrotete Malz hinzugefügt. Unter Rühren wird die Temperatur auf bis zu 75°C erhöht. Die Amylase zersetzt die Stärke in vergärbaren Malzzucker. Hier entstehen die verschiedenen Biersorten: Rasten (halten der Temperatur) bei 65°C lässt mehr Alkohol entstehen; Rasten bei 70°C ergibt vollmundige Biere. Läutern: Im Läuterbottich wird der flüssige, vergärbare Anteil der Maische (Würze) vom Rest (Treber) getrennt. Nachgüsse waschen Eiweiß- und Stärkeabbauprodukte aus dem Treber. Dies beeinflusst den Geschmack. (Bis hier sind die Prozesse für Bier und Whisky prinzipiell identisch!)

Würzkochen: Die Würze wird mit dem Hopfen in der Sudpfanne eingekocht. Es entsteht die Stammwürze. Amylase und Eiweiße denaturieren. Das Verhältnis Malz-zu-Hopfen und der Ablauf des Wasserzusatzes unterscheiden die Dortmunder, Münchener und Pilsener Brauart. Es gilt: Mehr Hopfen erhöht die Haltbarkeit und macht das Bier bitter. Ausschlagen: Ungelöste Hopfenbestandteile, denaturieretes Eiweiß sowie Schwebstoffe werden abgeschöft. Es entsteht die Anschlagwürze, die heruntergekühlt wird.

Vergären: Die Hefe wird hinzugegeben. Die Gärtemperatur ist 18-24°C (obergärige Hefe) bzw. 8-14°C (untergärige Hefe). Nach 5-8 Tagen sind 60-70% des Malzzuckers in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt. Lagerung: Das Jungbier wird in Lagertanks gefüllt. Die Nachgärung dauert 2-12 Wochen (je nach Bier) und setzt den verbleibenden Zucker um. Da der Lagertank geschlossen ist, wird das entstehende Kohlendioxid als Köhlensäure im Bier gebunden. Trübstoffe sinken auf den Tankboden.

Filterung (optional) und Abfüllung: Vor der Abfüllung werden Eiweißgerbstoffe, Hopfenharze, Hefezellen und Bakterien herausgefiltert. Bei Lagerung in Eichenfässern waren die Fässer mit Peck ausgestrichen, damit sie gasdicht sind und das Bier keinen Kontakt zum Holz bekommt.

Flaschengärung: Das Bier reift eine Zeit lang in der Flasche nach und verändert etwas den Geschmack. Bei unpasteurisierten Bieren kommt es in der Flasche sogar zu einem erneuten Gärprozess. Meist verbleibt Resthefe im Bier.


Einteilung nach Stammwürze

Die Stammwürze gibt an, wie viel vergärbarer Extraxt (enthält u.a. Malzzucker, Eiweiß, Vitamine, Mineralien Hopfenanteile, …) nach dem Würzkochen in der Würze enthalten ist. Die Angabe erfolgt in Grad Plato. Es gilt der Faustwert: Alkoholgehalt = Stammwürze / 3. Die nachfolgende Einteilung von 1993 gilt für Deutschland und ist rein steuerrechtlich motiviert:

  • 1,5 – 6,9 °P = Einfachbier
  • 7.0 – 10,9 °P = Schankbier: Berliner Weiße (7-8)
  • 11,0 – 15,9 °P = Vollbier: Helles und Weizen (11-13), Kölsch (11.3), Alt (11,9), Pils (11,3-12,3), Export (12-13,5)
  • >16,0 °P = Starkbier: Bockbier (16-17,9), Doppelbock (18)

Sonstiges

7 Minuten: Ein gutes Pils braucht sieben Minuten. Das war einmal. Die Aussage stammt aus der Zeit, wo das Bier noch oben am Zapfhahn mit Eis gekühlt wurde, dass in die Zapfanlage geschüttet wurde. Heute ist das Bier durchgehend gekült. Die 7 Minuten sind nicht mehr.

Alkohollimt: Bierhefe stirbt bei 12% Alkoholgehalt ab. Höhere Werte sind durch Zugabe frischer Hefe während der Gärung möglich. Alternativ kann dem Bier durch Frieren Wasser entzogen werden (Eisbock). Alkoholrekord hält das schottische Brewmeister Snake Venom mit 67,5%. Den deutschen Rekord hält das Schorschbock 57 mit 57,5%.

Ausgangsstoffe: In Deutschland kommen Gerste und Weizen zum Einsatz. In anderen Ländern wird auch Reis, Mais, Hirse und Buchweizen eingesetzt.

Steuer: Beim Verkauf von Bier muss neben der Mehrwertsteuer auch die Biersteuer abgeführt werden. In Gaststätten kommt dann noch die Gewerbesteuer und die Schanksteuer für den Wirt hinzu: 4 verschiedene Steuern auf einem Glas Bier. Prost.

Bierkeller und Biergarten: Hier wurde das Bier vor der Einführung von Kühlanlagen gelagert und gereift. Die Keller wurden im Winter mit Eis gefüllt. Manche konnten bis in den Sommer die Temperatur niedrig halten. Über dem Keller befand sich oft ein Baum mit großen Blättern (Schatten) und flachen Wurzeln (wegen dem Keller). Zusammen mit dem Umstand, dass der Ausschank nahe zum Keller geschah, entwickelte sich so der typische Biergarten mit Baum; meinst Eiche, Linde oder Buche.

Bier in Deutschland: Die 10 größten Bierhersteller (2015) sind: Krombacher, Oettinger, Bitburger, Veltins, Becks, Paulaner, Warsteiner, Hasseröder, Radeberger, Erdinger. Hinzu kommen weitere über 1200 Bierbrauer. Der Prokopfverbrauch liegt bei 105 l/Jahr (2010). Der Gesamtabsatz von Bier lag 2004 bei knapp 100 Millionen Liter, wovon 87% im Inland verkauft wurden. Die Marktanteile der Biersorten waren 2008: Pils 55% Export 10% Weizen 8%, Helles 5%, Kölsch 1,6%, Lager 1%, Bock 0,5%.

Deutsches (bayrisches) Reinheitsgebot: Brauvorschrift von 1516, die die Zutaten von Bier auf Wasser, Gerste und Hopfen begrenzt. Die Vorschrift wurde allerdings erst ab den 1950ern angewendet, um Importbiere zu blocken und ist heute nur noch fürs Marketing gut.

Gesundheit: Hier ein paar alternative Fakten: In 100 ml Bier sind 3-4g Kohlenhydrate und 25 kcal (alkoholfreies Bier), bis 70 kcal (Doppelbock). Der Polyphenolgehalt (soll Ateriosklerose vorbeugen) liegt bei 400-500 mg/l. In den USA liegt Bier auf Platz der 3 der Antioxidantienlieferanten (Syringasäure, Kaffeesäure, Sinapinsäure, Ferulasäure). Im Bier sind wasserlösliche B-Vitamine enthalten. Fettlösliche Vitamine werden hingegen im Brauprozess ausgefiltert und Vitamin C beim Darren zerstört.

Hopfenextrakt: Heute wird Bier oft mit billigerem Hopfenextrakt gebraut. Es erfüllt das deutsche Reinheitsgebot; leider.

Kölsch-Konvention: Kölsch muss aus Köln oder der näheren Umgebung kommen, ist obergärig, hell, hochvergoren, hopfenbetont und blank (filtriert). Serviert wird in der Kölner Stange (ein schlankes, zylindrisches und dünnwandiges 0,2l-Glas)

Kühltechnik: Bier muss kühl gelagert und gebraut werden. Die Einführung der Kühltechnik war somit ein Meilenstein, der von den Bierkellern/-höhlen unabhängig machte. Direkt damit verbunden ist das Aufkommen untergäriger Biere.

Pilsener Brauart (1842) : Dies ist ein untergäriges Bier auf Basis der „bayrischen Brauart“. Verwendet wird leicht gedarrtes Malz. Die Gärung ist langsam und erfordert die kalte Lagerung.

Salvatorschlacht (1888): Gäste randalieren in Wirtshäusers wegen einer Preiserhöhung.

Weißbier Einschenken: Vor dem Befüllen mit Wasser ausschwenken, um die Schaumentwicklung zu reduzieren. Eingießen entweder mit schräg gehaltenem Glas oder schnelles Umstülpen der Flasche in das Glas und langsames nach oben herausziehen. Ist nur noch ein kleiner Rest in der Flasche, wird gestoppt und die Flasche geschwenkt, um die Hefe aufzuwirbeln. Dann wird der Rest mit der Hefe in das Glas gefüllt.


Biergläser

Gläser haben die tönernden Bierkrüge fast vollständig verdrängt. Hier aufgelistet nur ein Auszug:

  • Biertulpe: kurz gestielt, Tulpenform; Standard für helle Lager (Pils)
  • Bierkelch: breiteres, kürzeres Oberteil als Biertulpe; langer Stiel
  • Nosingglas: große, breite Schale; kurzer Stiel; für malzige Biere
  • Bierpokal: kurzer Stiel; lange, meist konische Schale; für Pils und stark gehopfte Biere
  • Bierkugel: unten kugelförmig, nach oben geöffnet; kurzer Stiel

regionale Formen (ebenfalls Auszug):

  • Weizenglas: erweitert sich nach oben; schließt sich zum Rand etwas
  • Willibecher (Helles): doppelkonsich; Standardform für das schwach-bauchiges Glas
  • Maßkrug (Helles): meist als Literglas mit Henkel
  • Zoigl-Steinkrug: das Material kühlt das Bier lange
  • Bockbierglas: Henkelglas in bauchiger Form
  • Bockbierkrug: zylindrischer, gläserner Krug mit Henkel
  • Altbierbecher: zylindrisch
  • Schwarzbierpokal: gestieltes Kelchglas
  • Stange (Kölsch): zylindrisch, schlank, dünnwandig, 0.1 oder 0.2l
  • Altbierbecher (D’dorf): zylindrisch und schlank (wie Kölsch-Stange); mitunter leicht konisch;
  • Bierkugel (Export): geschwungenes Glas: Kugelform, nach oben öffnend, gestielt; sieht aus wie ein großes Whisky-Nosingglas
  • Pint: leicht doppelkonisch, mit dickem Teil nahe am oberen Ende.

Eichstrich: muss gut sichtbar (Problem bei Ton-Bierkrügen) sein und definiert die Mindestfüllhöhe (ohne Schaum). Neben dem Eichstrich ist der Hersteller markiert.

Größe: Die Standardgröße ist regional unterschiedlich. In Köln sind es beim Kölsch 0,2 l. Lager/Pils im Rheinland werden für gewöhnlich als 0,2 oder 0,3 l verkauft; im Norden sind es 0,3 bis 0,5 l. Es gibt regional unter schiedliche Bezeichnungen  für Biergrößen, die bei der Bestellung verwendet werden. Hier die wichtigsten Bezeichnungen:

  • 0,10 l = Stößchen (Köln)
  • 0,15 l = Stößchen (Dortmund)
  • 0,20 l = Becher (Düsseldorf), Flöte (Köln), Stange (nur bei Kölsch), Lütten (Schleswig-Holstein), Kleines
  • 0,25 l = Schoppen (Bayern), Quartl (Bayern, 1/4 Maß)
  • 0,30 l = Stange (außer Kölsch), Kleines
  • 0,33 l = Kugel (Dortmund)
  • 0,40 l = Halber (Norddeutschland), Kugel (Berlin)
  • 0,50 l = Halbe, (Bayern), Halber (Norddeutschland), Hülse (bei Dosenbier), Humpen (Saarland), Molle (Berlin), Schoppen (Rheinland-Pfalz), Seidel (Bayern), Potsdamer Stange (Berlin, Brandenburg)
  • 1,0 l = Maß (Süddeutschland)

Dabei ist zu beachten, dass einigige Bezeichnungen regional unterscheidlich benutzt werden. Hierzu gehören: Stange, Stößchen, Kugel, Halber, Kleines. // Weitere Maße sind:

  • Schnitt = schnell gezaptes Halbes mit viel Schaum und nicht bis zum Eichstrich gefüllt (etwa 0,3-0,4 l)
  • Pint = 0,568 l; Achtung: USA nur 0,473 l
  • Half Pint = 1/2 Pint, auch Ladies Pint genannt
  • Pitcher = Kanne mit 1,8l; etwas mehr als 3 Pint
  • Schankmaß = 1,069l wird nicht mehr verwendet
  • Kranz = Tragegestell für Kölsch mit bis zu 18 Stangen
  • Pittermännchen = kleines Kölschfass
Linkliste

https://de.wikipedia.org/wiki/Bier
https://de.wikipedia.org/wiki/Reinheitsgebot