懐石 .. Kaiseki

Dieser Artikel behandelt 茶懐石 (cha-kaiseki), das bei der Teezeremonie gereicht wird. Für das Kaseki, dass man in teuren Restaurants und Ryokans bekommt, gibt es einen anderen Artikel [hier der Link]. Beachtet, da dieses Kaiseki mit den Kanji 会席 geschrieben wird.

茶懐石 (cha-kaiseki) wird vor Beginn der Teezeremonie serviert. (cha) ist das Kanji für grünen Tee. (kai) ist eine Art Brusttasche, wie sie vor allem buddhistische Mönche benutzen, und die eher auf Bauchhöhe getragen wird. (seki oder auch ishi gelesen) ist der Stein.

Der Ursprung ist das Wort 温石 (Onjaku; ja, hier wird jaku gelesen). Dies ist ein heißer Stein, den man sich in die Kleidung steckt, um sich zu wärmen. Mönche haben ihn ihrer Brusttaschen (懐,kai) getragen, um das Hungergefühl während langer Meditationen zu unterdrücken. Cha-kaiseki ist also der heiße Stein, der das Hungergefühl während der Teezeremonie besänftigen soll.

Die Verwendung dieser Kanji für das Menü, das vor der Teezeremonie gereicht wird, geht auf den Teemeister Sen-no-Riykuu  (1522–1591) zurück.

Serviert wird in der Regel ichi-juu san-sai. Ich habe das mal mit Bindestrichen geschrieben, mit dem die Übersetzung einfacher wird: „eine Suppe, drei Beilagen“. Dazu gibt es Reis.

  • ichi-juu: Dies ist eine klare Suppe (suimono) oder Miso-Suppe
  • san-sai: Die klassischen drei Beilagen sind Mukouzuke, Nimono (煮物, Gekochtes) und Yakimono (Gegrilltes).

Neben dem ichijuu sansai werden Hassun, Yutou und Kounomono gereicht.

Die Bestandteile im Einzelnen

Mukouzuke heißt übersetzt „auf der entfernten Seite platziert“. Es ist die Beilage, die auf dem Tablett am auf weitesten vom Gast entfernt ist. Häufig ist dies Sashimi.

Yakimono ist Grilltes. Yaki  steht für Gegrilltes und wird in der Regel auf einem Teller für alle Teilnehmer serviert, während die anderen Beilagen für den jeden Teilnehmer separat kommen.

Ihr kennt das Kanji sicherlich von Yakitori, Takoyaki und Okonomiyaki. Mono ist ein Kanji das für Sache oder Ding. Mit ihm kann man z.B. Verben substantivieren: taberu = essen, tabemono = das Essen; nomu = trinken, nomiono = das Getränk; kau = kaufen, kaimono = der Einkauf.

Suimono ist eine klare Suppe, die in einer kleinen Schüssel mit Deckel serviert wird. Sie ist der Starter und soll den Gaumen auf das Essen vobereiten, bevor der Sake getrunken wird. Andere Worte sind Kozuimono (kleine, klare Suppe) oder Hashiarai (Essstäbchenreiniger).

Hassun sind kleine Leckerbissen aus den Bergen oder dem Meer. Dieses servieren sich die Gäste untereinander. Es begleitet den Ausschank des Sake durch den Gastgeber. Das Hassun folgt damit dem Suimono in der Reihenfolge der Gänge.

Yutou (湯桶) ist heißes Wasser mit ein wenig braunem Reis (ganz leichtes Aroma). Dieses schenkt man sich selbst ein.

湯 ist das Kanji für heißen Wasser. Es finder sich z.B. im Yushima Tenmngu (湯島天満宮), meinem Hausschrein. 島(shima) ist die Insel. (湯島) yushima ist also die Heißwasserinsel. (天満宮) Tenmangu ist eine Klassifikation von Schreinen.

Kounomono ist Eingelegtes. Diese Beilage gehört zum Yutou.

Es ist gut möglich, dass es weitere Beilagen gibt, die Shiizakana genannt werden. Diese begleiten dann einer weitere Runde Sake. Ein anderer Name ist Azukebashi (Schale, die in der Obhut eines anderen ist). Der Name leitet sich davon ab, dass die Schale mit dem Shiizakana vom Gastgeber beim ersten Gast abgestellt wird. Sie wird dann von Gast zu Gast weitergereicht.

Chakaiseki ist ist also wie auch die anderen Kaisekiformen ein vollständiges und im Prinzip mehrgängiges Menü. Es nimmt seine Sonderform ein, weil es in der Regel ausschließlich mit der Teezeremonie serviert wird.

Bevor ich mich in das Thema eingelesen hatte, hätte ich steif und fest behauptet, dass es nur ein kleiner Appetizer ist. In der Teezeremonie ist Alles im Geiste des Zen auf das wesentliche reduziert. Da lag es nahe, dass das Kaiseki auf einen Reiscracker reduziert wird. — Ich habe mich getäuscht.

会席 .. Kaiseki

Kaiseki ist ein traditionelles, japanisches Abendessen mit mehreren Gängen. Es ist auf dem Level der westlichen Haute Cuisine zu sehen und entsprechend bepreist. Auf dem Teller sind die einzelnen Gerichte kleine Kunstwerke, die alle einem Satz von Regeln folgen.

Schreibweise

Es gibt zwei Schreibweisen, mit unterschiedlichem Urpsrung, die zwei verschiedene Arten von Kaiseki beschreiben: 懐石 und 会席.

Der Ursprung von 懐石 ist das Wort 温石 (Onjaku). Dies ist ein heißer Stein, den man sich in die Kleidung steckt, um sich zu wärmen. Mönche haben ihn ihrer Brusttaschen (懐, kai) getragen, um das Hungergefühl während langer Meditationen zu unterdrücken. Das Kanji 石 für Stein kann wie oben jaku gelesen werden, aber auch ishi oder seki. 懐石 (kai-seki) meint also Brusttaschenstein.

Diese Schreibweise wird für Kaiseki benutzt, das vor einer Teezeremonie gereicht wird. Es soll wie der Stein, das Hungergefühl unterdrücken, damit man die Teezeremonie genießen kann.

会席 wird ebenfalls Kaiseki gelesen. 会 ist ein Treffen oder Zusammenkunft, 席 kann als Sitzplatz übersetzt werden. Kaiseki ist salopp eine Zusammenkunft mit Sitzgelegenheit, ein Banquet.

Kaiseki-Stile

Kaiseki ist, wie erwähnt, ein mergängiges Gericht bei dem alle Gänge gleichzeitig auf einem großen Tablett serviert werden. Die Gänge sind vergleichbar mit den Gängen in der westlichen Haute Cuisine. Es gibt einen Starter, mehrere Haupt- und Zwischengänge und ein Dessert. Über die Jahrhunderte haben sich verschiedene Stile entwickelt. Die wichtigsten sind:

  • 有職料理 (yuusoku ryouri) entstand am kaiserlichen Hof während der Heain-Zeit (9. Jarhrhundert)
  • 精進料理 (shoujin ryouri) ist eine buddhistische (vegetarische) Version, die den Tempel der Kamakura-Zeit (12. Jahrhundert) entwickelt wurde.
  • 本膳料理 (honzen ryouri) ist die Samurai-Version, die in der Muromachi-Zeit (14. Jahrhundert) entstand.
  • 茶懐石 (cha-kaiseki), das ich oben schon erwähnte, entstand in der Higashiyama-Periode (15. Jahrhundert), einem Zeitabschnitt innerhalb der Muromachi-Zeit.

Daneben entwickelten sich noch unzählige weitere Varianten. Und jede Stilrichtung hat ihre einen Regeln und Philosophien in der Zubereitung, Kombination und Darbietung der Speisen. Heutzutage bedient sich Kaiseki dieser Stilrichtungen und kombiniert sie zum Teil.

Asunaro Ryokan, Takayama (übernachtet in 2008)
Asunaro Ryokan, Takayama (übernachtet in 2008)
Prinzipien von Kaiseki

Kaiseki ist mehr als nur Essen. Es geht immer auch um Kombination von Zutaten, Aromen, Gerüchen, Texturen und Farben, sowie das Arrangement der Zutaten zu einem … ja ich sage es … Gesamtkunstwerk für alle Sinne. Folgende Grundregeln werden dabei immer beachtet:

  • saisonale Zutaten
  • lokale/regionale Zutaten
  • frische Zutaten
  • ausgewogene Kombination der 5 Farben Schwarz, Weiß, Gelb, Grün und Rot
  • Verwendung von passendem Geschirr
  • gelegentlich werden auch Wünsche oder Vorlieben des Gastes mit eingebaut.

Bei Kaiseki werden nur frische Zutaten entsprechend der jeweiligen Jahreszeit benutzt. Sie werden so zubereitet, dass ihr Eigengeschmack betont wird. Die Zutaten werden teilweise getrennt zubereitet, damit sich die Arome nicht überlagern.

Neben der Jahreszeit wird auch die Lokalität, die Region gewürdigt. Wenn ich im Sommer in Akita bin, möchte ich etwas essen, dass die Natur im Sommer in Akita bietet. Wir kennen bei uns die Spargelzeit oder die Zeit für Pflaumenkuchen, Federweißer oder Grünkohl. Der Japaner legt hier nochmal ’ne Schippe drauf.

Dass die Zutaten Topqualität haben, muss man eigentlich nicht erwähnen. Das versteht sich von selbst.

Die Gerichte werden geradezu künstlerisch angeordnet und garniert, oft mit echten Blättern und Blüten. Essbare Garnituren werden oft so gestaltet, dass sie Pflanzen oder Tieren ähneln.

Das Geschirr ist ein weiterer wichtiger Teil. Form, Farbe und Struktur (glasiert oder rauh) sind passend zum Gericht gewählt, was auch dem Geschirr präsentiert wird. Alles hat einen Grund und folgt einen Zweck. Ich muss nicht erwähnen, dass auch das Geschirr die Jahreszeit und die Region berücksichtigt. Zudem ist es oft sehr altes Geschirr, dass für Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte und Nutzung ist. Tradition ist natürlich auch ein Teil von Kaiseki.

Ich behaupte mal, dass die ästhetische Erfahrung, das Essen zu betrachten, der wichtigste Teil von Kaiseki ist. Das Bedürfnis vor dem ersten Bissen ein Foto zu machen, kann ich nachvollziehen. Jedes Tablett ist ein kleines Kunstwerk.

Setup und Reihenfolge

Ursprünglich bestand ein Kaiseki-Menü aus Misosuppe, Reis und drei Beilagen. Das ist heute das Standardsetup für die normale japanische Küche und trägt den Namen セット (setto). Heutzutage ist Kaiseki viel umfangreicher und komplexer und umfasst klassisch 5 Gänge: Vorspeise, eine gegrillte Komponente, eine gekochte oder gedämpfte Komponente, Reise und Misosuppe (als Sättigungskomponente) und ein Dessert.

Über weitere Gänge entscheidet der Koch. Wie schon erwähnt werden alle Gänge zeitgleich auf einem Tablett serviert. Es ist daher wichtig, die Reihenfolge zu kennen. Es wird einem nicht der Kopf abgerissen, wenn man durcheinander isst. Allerdings bauen die Gänge kulinarisch aufeinander auf. Dies wird natürlich ramponiert, wenn man mit dem Dessert startet.

Bevor wir starten: ihr findet oft das Kanji 物 (mono). Es bedeutet Ding oder Sache. Es kann benutzt werden, um Verben zu substantivieren. taberu (essen) –> tabemono (das Essen), kau (einkaufen) –> kaimono (der Einkauf). Das Kanji 焼 (yaki) kennt ihr von Yakitori, Takoyaki oder Okonomiyaki. Es bezeichnet gegrilltes. 焼物 (yakimache) ist also eine gegrille Sache (Gegrilltes). 肴 (sakana) bezeichnet Vorspeisen oder Snacks, die zum Sake (oder Bier) gereicht werden.

Bentenkaku Ryoian in Naruko (übernachtet 2004 uns 2014)
Bentenkaku Ryoian in Naruko (übernachtet 2004 uns 2014)
  • 先附 .. sakizuke: eine Vorspeise vergleichbar dem Amuse-bouche. Dazu wird in der Regel 日本酒 (Nihonshu, a.k.a Sake) oder 梅酒(Umeshu) als Aperitif gereicht.
  • 椀物 / 御椀 .. Wanmono / Owan: Eine leichte Suppe, um den Gaumen zu reinigen; ich sage immer „Reset der Zunge“.
  • 八寸 .. hassun: Der zweite oder dritte Gang. Er trägt die Jahreszeit. Es ist oft ein Sushi oder ein Set von saisonalen Beilagen. Die Dekoration stimmt auf das Thema des gesamten Menü ein.
  • 煮合 .. takiawase: Die gekochte Komponente und besteht aus Gemüse mit Fleisch, Fisch oder Tofu als Proteinquelle. Die Zutaten werden dabei getrennt gesimmert, damit sich die Arome nicht vermischen und auch Farbe und Textur erhalten bleiben. Weitere mögliche Begriffe sind Shiizaka (強肴) oder Nimono (強肴).
  • 向付 .. mukouzuke: ein geschnittenes Gericht; in der Regel ist es saisonales Sashimi. Serviert werden 2 bis 5 Häppchen.
  • 物 .. futamono: Ein „Gericht mit Deckel“. Meist ist eine klare Suppe, die in einer kleinen Schüssel mit Deckel serviert wird.
  • 焼物 .. yakimono: Die gegrillte Komponente. Dies ist in der Regel gegrillter Fisch. Eine andere Bezeichnung ist Hachizakana (鉢肴)
  • 御食事 .. Oshokuji: der letzte Gang vor dem Desert. Er soll sicherstellen, dass alle satt werden. Zu diesem Zeitpunkt wird auch kein Alkohol mehr ausgeschenkt (ein weiteres Anzeichen, dass bald Schluss ist).  Ich habe es ohne es zu wissen, richtig gemacht. Meine Motivation war immer, mich an den Kostbarkeiten satt zu essen und nicht den Magen mit dem Reis zu blockieren. Der Gang besteht aus:
    • 御飯 .. gohan: gekochter Reis, oft ergänzt mit saisonalen Zutaten (diese dann in einer separaten Schüssel serviert).
    • 止椀 .. tome-wan: Eine Gemüsesuppe auf Miso-Basis. Sie gehört zum Reis.
    • 香の物 .. kounomono: Saisonales, eingelegtes Gemüse.
  • 水物 .. Mizumono: Das Desert, meist saisonale Früchte. Heutzutage können es aber auch Eiscreme oder ein Stück Kuchen sein. Dazu wird traditionell ほうじ茶 (Hojicha), gerösteter grüner Tee serviert. Ein alkoholisches Digestif existiert in Japan nicht. Aber Restaurants sind nicht von gestern und können auf Anfrage sicherlich einen Portwein oder Whisky anbieten.
Hotel Sansui, Tsunagi Onsen (übernachtet in 2008)
Hotel Sansui, Tsunagi Onsen (übernachtet in 2008)

Weitere (optionale) Komponenten sind:

  • 酢肴 .. Suzakana: Ein Zwischengang, um den Geschmack zu neutralisieren. Das englisch Wort ist palete-cleanser. Meist ist es in Reisessig eingelegtes Gemüse. Beim Sushimenü ist dies der eingelegte Ingwer. Ein alternativer Begriff, den ich gefunden habe, ist Sunomono (酢物) und verweist auf die Verwendung von Essig.
  • 冷し鉢 .. hiyashi-bachi: Es wird nur im Sommer serviert und und ist gekühltes, leicht gekochtes oder gedünstetes Gemüse.
  • 中猪口 .. Naka-choko: Dies ist neben dem Suzakana ein weiterer Geschmacksneutralisierer in der Mitte des Menüs.
  • 強肴 .. shiizakana: Ein herzhafte Komponente, in der Regel Hot Pot.
Wo bekommt man Kaiseki?
  • Entweder ihr besucht ein (teures) Restaurant,
  • oder ihr übernachtet in einem besseren Ryokan.

Ryokans sind sicherlich die einfachere Variante. Ein Restaurant zu finden und dann einen Tisch (geht meist nur auf Japanisch) zu reservieren, ist echt kniffelig. Ryokan, die Kaiseki anbieten, weisen meist schon auf der Internetstartseite darauf hin.

Kaiseki im Ogiwarakan (übernachtet in 2018)
Kaiseki im Ogiwarakan (übernachtet in 2018)

In den Ryokans mit Kaiseki gibt es dann wieder zwei Optionen: Bei den einen ist das Abendessen fest mit im Übernachtungspreis, der dann locker die 150€/Nacht übersteigt (Einzelperson). Und es gibt Ryokans, bei denen man Kaiseki optional buchen kann. Der Preise pro Übernachtung mit und ohne Kaiseki unterscheidet sich schnell um 50€ oder mehr pro Nacht.

Ich würde die zweite Variante empfehlen und dann bei mehreren Übernachtungen mindestens ein Mal Kaiseki ordern. Sicherlich sind 50€ (oder mehr) viel. Aber für ein mehrgängiges Abendessen mit frischen, saisonalen, regionalen Zutaten ist auch ein Schnäppchen.

Jeden Abend Kaiseki würde ich auch nicht wählen. Denn so entgeht einem die Chance, abends ein Restaurant oder Izakaya aufzusuchen. Immer nur im Hotel zu Abend essen ruiniert das Nachtleben und ist einer der Gründe, warum die Onsenorte verfallen.

Letzter Hinweis: Seid pünktlich. Frisch und frisch zubereitet ist ein wesentlicher Faktor bei Kaiseki. Ryokans mit Kaiseki haben daher einen strikten Zeitplan für das Abendessen.

Hanaya, Tsumago, Abendessen (übernachtet in 2012)
Hanaya, Tsumago, Abendessen (übernachtet in 2012)

Restaurants, die Kaiseki anbieten, sind meistens sehr klein und werden 料亭 (ryotei) genannt. Natürlich findet man viele Ryotei in Kyoto, die Stadt in der Kaiseki entstand. Kyoto war nicht nur Standort des kaiserlichen Hofes für fast 1000 Jahre, sondern auch das Epizentrum der Teekultur. Es gibt sogar eine lokale Version von Kaiseki, 京料理 (kyo-ryouri) genannt.

Das Problem ist, diese kleinen Ryotei zu finden. Sie haben nicht immer eine englische Webseite, wenn sie denn überhaupt eine Webseite haben. Und wenn sie eine haben, sind sie schnell von Touristen überrannt.

Meine beste Idee wäre: Fragt das Hotelpersonal. Dieser Ansatz hat aber das Problem, dass eine Reservierung sehr kurzfristig erfolgen müsste. Packt die Frage am besten schon bei der Hotelreservierung in eine eMail … Ja, man sollte nicht alles über booking.com abwickeln. Diese Seiten sind bequem, aber man hat keinen Kontakt zum Hotel. Man kann nichts erfragen oder um Hilfe und Tipps bitten.

Eine Alternative zu Ryotei sind sogenannte 割烹 (Kappo). Diese sind im Vergleich zu Ryotei etwas günstiger. Allerdings sitzt man hier am Tresen.

Etikette und Dresscode
  • Die Kleidung sollte der Situation angemessen, aber auch bequem sein. Man sollte damit rechnen, dass man auf Tatami sitzt und deshalb die Schuhe auszieht. Achtet also auch lochfreie Socken. Ach ja, barfuß  ist ein no-no.
  • Parfüm und Colognes sollten nicht getragen werden. Sie irritieren nicht nur die eigene Nase, sondern auch die der anderen Gäste.
  • Zum Thema Foto sollte man definitiv vorher um Erlaubnis fragen. Die meisten werden ja sagen, aber darum bitten, den Blitz zu deaktivieren. Achtet definitiv auf die Persönlichkeitsrechte andere Gäste und des Personals im Restaurant. Japaner haben hier ein anderes Verständnis von Diskretion als das westliche Instagram-Proletariat.
  • Beim Essen sollte man sich irgendwie an die Reihenfolge erinnern. Im MICASA gab es einen Zettel, der mir die Gänge erklärte. Der war natürlich in der richtigen Reihenfolge. MICASA war kein traditionelles (= echtes ?) Kaiseki, aber es folgte alle Regeln bezüglich Saisonalität, Regionalität, Farbkomposition usw.
  • Lebensmittelrestriktionen — seien sie religiös, ideologisch oder medizinisch begründet — sollten bei der Reservierung kommuniziert werden. Bei Ankunft im Restaurant ist es zu spät. Es ist kein a-la-carte-Essen. Gleiches gilt für den Verzehr von Alkohol. Sake gehört zum Kaiseki traditionell dazu. Aber jedes Restaurant hat eine Alternative parat; nicht zuletzt, weil in Japan eine 0-Promille-Grenze gilt.

Alternativen zu Sake in Form von Wein oder Bier sind möglich und zählen zu einer zeitgemäßen Interpretation von Kaiseki. Ich empfehle dennoch den Sake; zumindest für die ersten zwei, drei Erfahrungen mit Kaiseki. Danach kann man auch mal eine Weinbegleitung testen, wenn sie angeboten wird. Nur so kann man den modernen Ansatz richtig in den Kontext einordnen. Bei der Wahl des Sake (und der Trinktemperatur) wurde ich mich ohne zu zögern in die kompetenten Hände des Personals begeben. (Ein Tipp der auch für Sternerestaurants gilt. Der Sommelier weiß was er tut. Das ist sein Job. Ich bin kein Sommelier, was weiß ich von Wein, gerade in Kombination mit der Kreation des Küchchefs)

Ryokans haben eigene Regeln. Hier ist es gut möglich, dass Kaiseki auf dem Zimmer serviert wird und man selbst in der Yukata am Tisch sitzt. Sollte das Kaiseki im Speisesaal serviert werden, fragt vorhe nach den Regeln bezüglich Yukata. Dies handhabt jedes Ryokan anders.

Was kostet der Spaß

Kaiseki ist teuer; so ist aber auch Sterneküche in Europa. Die Preise starten bei 50€ und können schnell auf 400€ (pro Person) steigen; Getränke extra, versteht sich.

Die Menüs gibt normalerweise in drei Preisstufen: Sho Chiku Bai (Kiefer, Bambus, Pflaume). Kiefer ist dabei die teuerste Variante. Und wer meint den Begriff von irgendwoher her zu kennen … ja es ist der Name es billigen Sake, dem man hierzulande im Asialaden kaufen kann.

Manche Restaurants bieten eine etwas günstigere Lunch-Version an (40-80€). Kaiseki bleibt für mich aber ein Abendessen. Es soll sogar Bentobox-Varianten geben (ab 20€). Diese Idee finde ich wiederum interessant. Es hätte schon Stil, Kaiseki-Bento an Bord eines Shinkansen auf dem Weg von Tokyo nach Osaka zu essen.

Casual Kaiseki

Hier werden viele Schalen und Schüssel eingesetzt, um Kaiseki zu imitieren. Meist fehlen dann aber Bestandteile oder es werden die ganz zu Anfang definierten Regeln verletzt.

Ich bin ganz ehrlich: Ich weiß nicht, ob ich ein Casual Kaiseki vom „Real Deal“ unterscheiden könnte (das MICASA hatte ich schon erwähnt). Und ich weiß auch nicht, ob es einen großen Unterschied macht, wenn es gutes Casual Kaiseki ist. Wahrscheinlich sind die Hälfte meiner Kaiseki-Fotos in Wahrheit „Casual Kaiseki“.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass ich Kaiseki genossen habe, noch bevor ich wußte, dass es Kaiseki ist oder auch nur was Kaiseki ist. Die erste Fotos sind von 2006. Eingelesen in dieses Thema habe ich mich erst so um 2016; 10 Jahre später, als ich alle aus meiner sIcht wichtigen Orte bereist und auch das Projekt „2004 Reloaded“ abgeschlossen hatte.

狸 .. Tanuki

Tanuki (狸) sind eine feste Größe in der japanischen Mythologie und heißen eigentlich Bakedanuki (化け狸). Optisch sind sie an die real lebenden Tanuki angelehnt, haben aber im Laufe ihre Entwicklungsgeschichte einige Eigenheiten entwickelt, über die noch zu reden sein wird.

Tanuki gehören zu den Yokai, zu den Monstern. Anders als westliche Monster sie Yokai in Japan nicht grundsätzlich oder ausschließlich böse … Es ist kompliziert.

Historie

Wo genau der Tanuki und seine magischen Kräfte her kommen ist nicht restlos geklärt. Ihr Ursprung liegt vermutlich in der chinesischen Folklore. Dort gab es Wildkatzen (Leoparden), die ihre Form wechseln können. Leoparden existieren in Japan nicht. Die Fähigkeiten wurden daher auf ein lokal vorkommendes Tier, den Tanuki übertragen.

Bei dieser Übertragung hilfreich war sicherlich das verwendete Kanji 狸. Es wurde in China für alle kleinen, katzenähnlichen Tiere verwendet. Anfänglich wurde es auch in Japan für viele verschiedene Tiere benutzt. Irgendwann setzte es sich für Tanuki durch. Gut möglich dass damit auch die magischen Kräfte beim Tanuki landeten

Die erste schriftliche Erwähnung eines Tanuki ist im Nihonshoki, das in der Narazeit geschrieben wurde: „in two months of spring, there are tanuki in the country of Mutsu (春二月陸奥有狢), they turn into humans and sing songs (化人以歌)“.

Charakterwandel

Anfänglich (z.B. in im onjaku Monogatari) hatte der Tanuki noch gottgleiche Zaubermacht und war ein durchweg böser Yokai. Einen Tanuki zu töten ganz als Heldentat, über die Lieder gesungen und Geschichten erzählt wurden.

In der Märchen Kachi-kachi yama tötet und isst er eine Bauersfrau. Hier wird er allerdings von einem Hasen ausgetrickst und getötet. (Es ist so ein bischen eine Mischung aus Rotkäppchen und der Geschichte von Hase und Igel).

Dies änderte sich durch den in Japan Fuß fassenden Buddhismus. Er verlor seine Macht und sein böser Charakter verschliff sich zu einem, der den Menschen Streiche spielt, sie vorführt, ihnen aber nichts Böses will. Er bekommt sogar hilfsbereite und aufopfernde Charakterzüge.

In der Erzählung Bunbuku Chagama ändert verwandelt sich ein Tanuki in einen Teekessel der Wasser spendet ohne leer zu werden. Er hilft damit einem alten Mann, erleidet aber jedes Mal Qualen, wenn er aufs Feuer gestellt wird, um das Wasser heiß zu machen.

Viele Tanuki-Legenden stammen aus den Regionen Sadoshima, Niigata-ken und von Shikoku (Kagawa-ken und Tokushima-ken). Es gibt viele Erzählungen über Tanuki. Die drei berühmtesten Tanuki sind wohl (weitere Tanuki-Geschichten findet ihr in den Referenzen erwähnt):

In der Edo-Zeit wandelt sich der Tanuki dann endgültig zum lustigen Gesellen mit derben Humor und Trinkfestigkeit. Heute ist er der Party-Dude unter den Yokai.

magische Fähigkeiten

Im Nihonshoki wurden auch zum ersten Mal seine Zauberkräfte beschrieben. Tanuki können ihre Erscheinungsform verändern. Der Tanuki gilt als Meister der Verkleidung und ist diesbezüglich mächtiger als der Fuchs (kitsune), der sich ebenfalls verwandeln kann.

Damit enden dann auch die  Gemeinsamkeiten. Der Tanuki ist eindeutig männlich konnotiert, derb und draufgängerisch; der Fuchs weiblich konnotiert, elegant und schlau (Füchse haben damit die gleichen Eigenschaften wie in der westlichen Folklore).

Wenn Tanuki Menschenform annehmen, übernehmen sie oft auch menschliche Charakterzüge. „Tanukitypisch“ sind dies dann die Eigenarten von Spielern, Trinkern, Betrügern und Dieben. Diesbezüglich nehmen sie in den Geschichten dann die Rolle ein, die Tiere auch in europäischen Fabeln spielen: Ein Spiegelbild für menschliches Verhalten. Tiere sind heute noch mit menschlichen Charaktereigenschaften verknüft, sei es in Zootopia oder in Beastars.

Tanuki können Menschen teleportieren und haben auch die Fähigkeit kleinere Flüche zu bewirken. Zusammen mit seiner Verwandlungsfähigkeit (und seinen Charakter) benutzt er dies immer wieder, um Menschen einen Streich zu spielen, oder sie vorzuführen (in peinliche Situationen zu locken). Er macht dies in der Regeln aber nicht aus Bosheit, sondern um dem Opfer seine Charakterschwäche zu offenbaren … oder um einfach eine gute und spaßige Zeit zu haben.

Tanuki verlieren ihre Fähigkeiten in der Anwesenheit von Hunden und verwandeln sich zurück in ihre eigentlich Form.

Eigenschaften und Eigenheiten (Darstellung des Tanuki)

Es wird gesagt, dass Kitsune 7 Verkleidungen haben und Tanuki 8 (狐七化け、狸八化け). Dies bezieht sich auf die 8 Eigenschaften bzw. Assessoires, die mit einem Tanuki in Verbindung gebracht werden:

  • ein Hut gegen Schlechtwetter und Unglück
  • eine Sakeflasche (Tugendhaftigkeit — Ok, Japan halt)
  • ein Schuldschein (Vertrauen)
    • große Augen (gute Beobachter und Entscheider)
    • buschigen Schwanz (Stärke und Beharrlichkeit)
    • enormes Scrotum (finanzielles Glück)
    • ein runder Bauch (Entschlossenheit und Beschaulichkeit)
    • ein freundliches Lächeln; soweit dies einem Tanuki möglich ist

Der Hut ist in der Regel ein einfacher Strohhut. In der Nähe von Baseballstadien gibt es natürlich auch Tanuki mit passendem Jersey und Baseballhelm.

Der Schuldschein ist für den Sake, den er hat. Begleichen tut er ihn nie. Alternativ zum Schuldschein gibt es auch Figuren mit einem Kassenbuch oder einem Sack Geld. Letztere findet man oft in Satire, um einen geldhortenden Mönch darzustellen. Interessant vor diesem Hintergrund sind dann natürlich Tanuki in Mönch-Outfit.

Die Sakeflasche ist meist mit dem Kanji 八 für 8 beschriftet, das auf seine 8 Eigenschaften verweist (und damit auch auf sich selbst).

Das übergroße Scrotum ist wohl das herausstechendste Merkmal. Es ist ein Symbol für finanzielles Glück und Reichtum; ich vermute, weil es an einen prall gefüllten Geldbeutel erinnert. Die Größe kann, gerade in älteren Ukiyo-e bizarre Ausmaße annehmen. Schaut einfach mal auf die referenzierten Webseiten. Es gibt sogar einen Kinderreim dazu (die Bedeutung von jugendfrei ist in Japan halt anders):

たんたん狸の金玉は  (Die Hoden von Tan-Tan-Tanuki)
風もないのに (auch ohne Wind)
ぶーらぶら (schaukeln sie hin und her)

Ein Slang für Scrotum/Hoden in Japan ist kintama (金玉), wörtlich übersetzt „goldene Eier“. Der Ursprung dieses Ausdrucks dürften in dem Tanukireim liegen. Aber Vorsicht: heute ist es Jungendsprache, aber auch Gossensprache.

Bilder von Tanukistatuen

Die Tanuki-Statuen findet man überall in Japan. Die moderne Version des Tanuki soll 1936 in Shiga-ken entstanden sein und wird mit dem Töpfermeister Fujiwara Tetsuzo in Verbindung gebracht.

Bei Sichtung meiner Sammlung musste ich feststellen, dass ich nur (exakt) eine Handvoll (also 5) Tanuki fotografiert habe und alle sind hier eingebaut. Für weitere Bilder verweise ich daher auf die referenzierten Webseiten.

Tanuki in Manga und Anime

Der erste Tanuki, der mir hier einfällt ist Hachiemon aus Inuyasha. Schon im Namen ist die Acht (hachi) enthalten. Der Anime ist schon älter und ein Shonen und eher Durchschnitt, stammt übrigens von der gleichen Autorin, die auch Ranma 1/2 geschrieben hat. Man merkt es.

Der wohl aktuellste Anime mit einem Tanuki (2021) ist BNA. Hier ist die Protagonistin Michiru Kagemori ein antropomorpher Tanuki. Innerhalb des Anime gibt es auch Anspielungen auf die Ähnlichkeit zu Wäschbären.

In Pom Poko aus dem Hause Ghibli gibt es eine ganze Gruppe geselliger Tanuki. Da ich diesen Anime noch nicht gesehen habe, kann ich keine Aussagen dazu machen.

Von Zootopia gibt es lokalisierte Versionen. In der japanischen Variante sind die Nachrichtensprecher Tanuki, inklusive — Was es mit dem Blatt auf sich hat, muss ich noch klären. Ich vermute es gilt als Ersatz für den Hut. Ich bleibe da dran.

Tanuki im realen Leben

Tanuki sind Marderhunde und werden auch Waschbärhunde genannt, obwohl sie nicht mit Wäschbären verwandt sind. Der Name kommt von dem Umstand, dass man sie leicht verwechseln kann. Aber, Tanuki haben eine geteilte Gesichtsmaske, Waschbären nicht.

Tanuki sind nachtaktiv und leben in Wäldern und Gegenden mit viel Unterholz. Ihr ursprüngliches Siedlungsgebiete sind Ostsibirien, China, Korea und Japan. Sie wurden wegen ihres Fells (meist als Seefuchsfell bezeichnet) gejagt und auch gezüchtet. Dadurch verbreiteten sie schnell auch im europäischen Gebiet. Sie werden auch überall in Deutschland gefunden. Als Neozoe, die die einheimischen Tierarten bedrohen, sind sie fast überall zum Abschuss freigegeben.

Trivia

Tanuki Soba ist ein Nudelgericht. Es sind Buchweizennudeln mit Agedama (kleine frittierte Flakes aus dem Teig, der sonst Tempura ummantelt). Agedama erzeugt also tanukigleich eine Illusion von Tampura (Gemüse, Fisch oder Fleisch). Eine Variante wäre Tanuki Udon; dann halt mit Udon-Nudeln. — Ich weiß wegen der verwendten Brüche nicht, ob die Gerichte vegetarisch sind.

Referenzen

Only in Japan (John Daub) .. Okachimachi

Okachimachi. Das ist meine Nachbarschaft, wenn ich in Tokyo bin.

Der Stadtteil liegt zwischen Ueno und Akihabara an der Yamanote-Linie. In Ueno stoppen die Züge, die vom Narita Airport kommen. Ich nehme da ja traditionell den Keisei-Liner.Hier in Ueno ist auch der Ueno-Park, der — man soll es nicht glaube — sehr berühmt ist. Ich habe seine bedeutende Stellung erst in den letzten Jahren erkannt. In Ueno gibt es die Einkaufsstraße Ameyokocho, die im Prinzip am JR-Bahnhof Okachimachi endet.

Akihabara kennt man aus Film und Fernsehen. Diesen Stadtteil muss ich keinem erklären.

Bei meinem nächsten Besuch in Tokyo, wenn ich den neuen Kimono habe, wird hier geshoppt.

Rundgang mit John

9:47 – Ah, der Nordeingang von JR Okachimachi Station. Diesen benutzte ich immer, wenn ich mit der Yamanote- oder der Keihin-Tohoku-Line fahre. Ich habe zum ersten Mal wirklich bewusst in 2006 genutzt, als ich zum Katori Jingu und Kashima Jingu gefahren bin.

Folgt man der Straße unter der Brücke durch, die man in Johns Video sieht, kommt man zum Nordeingang des Yushima Tenjin. Mein Hotel ist von dort aus gleich im die Ecke.

Hier ein Foto von mir. das ist der Nordeingang auf der anderen Seite der Gleise. Es ist ein älteres Foto, daher ist der Eingang noch nicht renoviert. Man sieht das Ende der Ameyoko. John geht ab Minute 10 die Parallelstraße hoch nach Ueno.

13:37 – Ich vermisse diese kleinen Nebenstraßen. Die haben Nachts so eine verruchte Aura. Keine Angst, Tokyo ist sicher; außer man ist aktiv auf Ärger aus.

15:54 – Da schau. Da haben die doch in der Zwischenzeit die Farbe des Daches geändert. Aber das Design ist unverwechselbar. Und sie haben die Eisenbahnbrücke grau gestrichen. Das ist mir 2019 gar nicht aufgefallen … obwohl man es auf den Fotos von mir sehen kann. Da kann man mal sehen wie vertraut der Anblick ist, dass man kleine Änderungen gar nicht bemerkt.

19:57 – Die Shops im Keller steht irgendwie immer noch auf meiner To-Do-Liste. Ich habe es nie geschafft, den zu besuchen. Und wo wir schon dabei sind: Ich habe es auch noch nie nach Takeya geschafft.

22:44 – Wie häufig bin ich hier schon lang gelaufen. — Und ja, jetzt wo ich den Shimura-Shop kenne, werde ich mal vorbeischauen.

29:38 – Wie cool ist dieses, selbst gemalte Baustellenschild.

32:17 – Man sieht links ganz kurz den Eingang zu einem Schrein. Wo so viele Dinge in dieser Gegend habe ich den jahrelang wegen der offensichtlichen Reizüberflutung übersehen.

36:02 – 36:26 – Wenn ihr wissen wollt, wie sicher Tokyo ist: John lässt seine Kamera samt Stativ einfach auf offener Straße stehen und holt Mayonaise. Wie lange würde das wohl in Deutschlanf gut gehen?

36:26 – Hört ihr diese Musik im Hintergrund? Das ist die Ankündigung einer Zugeinfahrt am Bahnhof Okachimachi. Oh Mann, wie ich diese Sound vermisse.

37:13 The Dancing Katsuboshi … Stellt euch vor, die Takoyaki wären komplett bedeckt. Das würde jetzt alles wabern und tanzen. Und ja, die Takoyaki sind innen flüssige Lava.

Mein Plan für den Sommer ist die Anschaffung eines Takoyakigrills. Alle Zutaten bis auf den Oktopus sind einfach. Für diesen, muss ich mal mit dem Rewe verhandeln. Der hat den meisten eingelegt. Den müsste man dann auch roh kriegen.

42:07 – Wow. Ich wusste gar nicht, dass man den Schrein so gut sehen kann. Anscheinend habe ich nie nach oben geschaut.

46:00 – Ihr seht richtig: 30€ für die Zeit von 21 Uhr bis 4 uhr morgens. Man kann dann noch schnell 14€ dazu buchen, um drei Stunden zu verlängern. Das ist sicherlich eine Alternative, wenn man es nicht zurück zu seinem Hotel schafft bzw. schaffen will. Wer z.B. sein Hotel auf der anderen Seite von Tokyo oder sogar in Yokohama hat, kann so eine Nacht in Tokyo ergänzen und sich die Zugfahrt sparen (sowohl bezüglich Fahrzeit als auch Kosten).

48:00 – Oh, ja. Ein so vertrauter Blick. 2019 war es es das erste Foto das ich in Tokyo gemacht habe (von dem traditionellen Dufflebag mit Bier am Flughafen mal abgesehen). — Ok, den Fischmarkt kannte ich auch noch nicht.

49:56 – Der neue Eingang von Oakchimachi sieht echt gut aus. Der war vorher noch echt rumpelig und optisch runtergekommen. Und ihr hört im Hintergrund wieder die Melodie.

52:37 – Hier steht John im Prinzip am Anfang von AkiOka 2k540. Ein Bereich unter den Gleisen der JR der modernisiert wurde und wo jetzt kleine Kunsthandwerker Shops haben.

[Stand 21.02.2021]

絵馬 .. Ema

Nach Omikuji wäre dies der Zweite Teil zum dem Thema „Die Götter sind bestechlich“ … Ema sind kleine Votivtafeln aus Holz. Man findet sie in jedem Schrein (und auch in Tempeln), und sie sind extrem fotogen. Ema (絵馬) heißt übersetzt Pferdebild:

  • 絵 = gelesen „e“ ist das Bild;
    絵巻 (emaki) ist die Bildrolle, wobei das Maki das Gleiche ist wie bei maki-sushi; gerolltes Sushi. Wenn man erst einmal den dreh raus hat, eröffnet jedes gelernte Kanji unzählige Möglichkeiten.
  • 馬 = gelesen „ma“ ist das Pferd.
    Es ist eines der Kanji die man schnell verwechseln kann: 馬 = Pferd (uma), 鳥 = Vogel (tori); 島 = Insel (shima). Merkt euch die 4 Füße und die wehende Mähne des Pferdes. Es ist auch der linke Teil vom Kanji für Bahnhof: 駅 (eki). Das wäre die zweite Eselsbrücke: Postkutsche mit Pferden = Vorläufer der Eisenbahn“
Historie – das Pferd (馬)

Obwohl heute in Schreinen sehr populär liegt der Ursprung im Buddhismus. Früher gab den Brauch, Wildtiere zu fangen und dann wieder frei zu lassen, um so gutes Karma zu erwerben. (Inwieweit dies dann das schlechte Karma durch das Fangen des Wildtieres aufwiegt, sei offen gelassen.) Der Brauch schwappte in den Shinto über.

Nara-Epoche (710-794): Die Tiere wurden geopfert, aber nicht getötet, sondern auf dem Schreinareal gehalten. Pferde, gerade weiße, hatten dabei einen hohen Status als Opfergabe, da sie sehr wertvoll waren. Zudem waren sie das Tier mit dem die Götter auf die Erde hinab stiegen. Sie waren also ein göttliches Transportmittel. Die dem Schrein geopferten Pferde wurden Shinme (神馬, göttliche Pferde) genannt.

  • 神 = kami oder shin gelesen; bezeichnet shintoistische Götter (vgl.: shin-to = Weg der Götter.)
  • 馬 = ma oder auch me gelesen; das Pferd

Das Engishiki nennt beispielsweise schwarze Pferde als Opfer für Regen und weiße Pferde als Opfer für klares Wetter. Weiße Pferde galten dabei allgemein als wertvoller. Samurai opferten Pferde, um für den günstigen Ausgang einer Schlacht zu wünschen.

Am Itsukushima Jinja steht direkt am Eingang ein Stall, mit der Statue eines weißen Pferdes. Mit dem obigen Text wird klar, wieso.

Historie – das Bild (絵)

Heian-Epoche (794-1192): Mit der Zeit ging man von lebenden Pferden (und anderen Tieren) zu Statuen und Bildern über. Dahinter stehen vermutlich finanzielle (Anschaffungskosten) und logistische Gründe (Versorgung der Tiere im Schrein). Der früheste Fund eines „Pferdeersatzes“ datiert auf das Jahr 1013 in Form von drei Papierpferden als Opfer an den Kitano Tenjin.

Kamakura-Epoche (1185-1333): Mit der Erstellung der Statuen und Bilder wurden vermehrt auch Kunsthandwerker und Künstler (z.B. Hokusai) beauftragt. In Tempeln wurde die Erstellung der Ema auch von den Priestern übernommen (und stellte eine zusätzliche Einnahmequelle dar).

Muromachi-Epoche (1336-1573): Die Verwendung großer Holztafel, oema genannt, setzte sich langsam durch. Gleichzeitig begann die Form der Tafeln und die Abbildung zu varrieren. Dargestellt wurden neben Pferden auch buddhistische Gottheiten wie Kannon und Jizo und Ikonographien aller Art: von Phallussymbolen (z.B. für den Wunsch nach Fruchtbarkeit / Nachwuchs) bis hin zu militärischer oder pazifisischen Symbolen. Die Wünsche wurden damals noch nicht auf das Ema geschrieben sondern bildlich dargestellt.

Im Laufe der Zeit wurden die Bilder immer kleiner. Die Bildsymbolik wich der geschriebenen Form des Wunsches; nicht zuletzt vorangetrieben durch die steigende Alphabetisierung des Volkes. Am Ende der Entwicklung steht die heutige Form der Votivtafeln: ein eher einheitliches Design in Kombination mit hoch individualisierten, geschriebenen Wünschen.

Ema heute

Heute haben Ema in der Regel eine mit einem Bild bedruckte Vorderseite und eine leere Rückseite, auf die man seinen Wunsch schreiben kann. Sie sind etwa 9x15cm groß.

Das Bild auf der Vorderseite variiert unabhängig vom Wunsch. Meist sind an einem Schrein mehrere Optionen (teilweise saisonal begrenzt) zu bekommen. Pferdedarstellungen sowie Bilder des aktuellen Erdkreiszeichens (chinesischer Kalender; 2021 ist das Jahr des Rindes/Büffels) sind eigentlich immer verfübar. Letztere werden besonders zu Jahresbeginn (Hatsumode) gekauft.

Neben Neujahr bescheren auch die Aufnahmeprüfungen für Schulen und Universitäten bzw. der Start ins Berufsleben den Ema Hochkonjunktur. Der Schulstart / Semesterbeginn und auch der Start des Berufslebens ist in Japan traditionell Anfang April (fast zeitgleich mit der Kirschblüte).

Die Ema werden öffentlich aufgestellt. Dies hat auch gesellschaftliche Gründe, zeigt es doch, das ein Mitglied der Gemeinde einen Wunsch hat mit dem es sich an die Götter (oder die Priester) wendet.

Ein Ema benutzen

Dies ist denkbar einfach. Man kauft es direkt auf dem Schreingelände. Der Preis schwankt je nach Größe, Design und Schrein zwischen 500yen und 2000yen. In der Regel kann man zwischen verschiedenen Preisstufen wählen.

Man schreibt den Wunsch auf die Rückseit und sollte dafür einen wasserfesten Stift nehmen; nicht dass der erste Regen den Wunsch wegspült. Der Wusch muss konkret sein, je präziser, desto besser. Ein Satz der mit „Ich hoffe …“ beginnt, ist also falsch.

Bei den Wünschen selbst gibt es keine Limits, solange sie auf die Rückseite passen. In der Regel sind Wünsche bei Schrein-Ema eher weltlicher und bei Tempel-Ema spiritueller Natur.

Außerdem gilt: Nur ein Wunsch pro Ema; nicht gierig werden. Man kauft auch nur ein Ema; ein Wunsch zur Zeit. Traditionell endet der Wunsch mit Angabe von Namen und Anschrift. Heute beschränkt man sich meist auf Initialen und die Präfektur, denn es gibt auch in der offline-Welt Individuen, die diese Angaben missbrauchen und z.B. den Wunsch nach Liebe und Romantik falsch interpretieren.

Anschließend hängt man das Ema zu den anderen an ein großes Gestell beim Schrein.

Mein „Hausschrein“ ist der Yushima Tenmangu, der in Nachbarschaft zum Hotel Edoya liegt. Es ist ein Gelehrtenschrein, der auch in umittelbarer Nähe zur ToDai steht. Entsprechend viele Wünsche treffen für eine Aufnahme an diese angesehene Uni gehen hier im März / April ein. Statt einiger hunderte Ema hängen dann Zigtausende Ema am Gestell neben der Haupthalle.

Die Ema werden irgendwann abgenommen und in einer Zeremonie verbrannt. Dabei wird der Wunsch symbolisch freigesetzt und in die Welt getragen (und an die Götter gerichtet?).

Nachdem der Wunsch erfüllt wurde, besucht man erneut den Schrein, um sich bei den Göttern zu bedanken. Dies erfolgt normalerweise in einem Gebet. Im Prinzip können aber auch die Ema benutzt werden, um sich bei den den Göttern zu bedanken.

Wichtig: Es ist unhöflich den Wunsch anderer Ema zu lesen. Die Ema sind Briefe an die Götter und im Prinzip gilt das Briefgeheimnis.

An alle, die Ema fotografieren, versucht eine Bildkomposition, die den Wunsch nicht zeigt oder zumindest nicht vollständig. Wenn ein Name (samt Adresse) auf dem Ema steht, verdeckt ihn; notfalls mit Photoshop. Auch wenn es in Kanji und Hirigana geschrieben ist, gibt es Leute wie mich, die das lesen können. Und es kann auch in Japan Ärger geben, wenn solche Bilder veröffentlicht werden. Steht der Server in Deutschland, ist es sogar ein Verstoß gegen die DSGVO.

Man kann den Wunsch in Form des Ema auch mit nach Hause nehmen. Allerdings sollte man darauf achten, dass nach Erfüllung des Wunsches das Ema zurück in den Schrein gebracht wird, um es zu verbrennen. Ema werden nicht weggeworfen. Ist der Schrein, aus dem das Ema stammt, zu weit weg, kann als Ersatz auch der lokale Hausschrein aufgesucht werden.

Sonderformen der Ema

Auch wenn die Form des Ema heute relativ standardisiert ist, gibt es immer noch eine große Vielfalt. Man muss nur etwas suchen.

Am Fushimi Inari Jinja in Kyoto hat das Ema eine abweichendes Design in der Form aus Fuchskopfes. Dabei ist auch die Vorderseite mehr oder weniger leer und man kann sein eigenes Bild malen. Der Wunsch kommt wie gewohnt auf die Rückseite. — Daneben gibt es auch Ema in Form kleiner roter Torii. Ich empfehle diese wegen der begrenzten Schreibfläche für kürzere Wünsche.

In Tokyo gibt es die Tokyo Jissha; 10 Schreine, die den Kaiserpalast umgeben. An jedem Schrein kann man ein kleines Ema (nur wenige cm groß) kaufen. Hinzu kommt ein großes Ema, auf das die kleinen geklebt werden. Hier werden keine Wünsche notiert. Stattdessen ist es ein geniales Souvenir.

Ich habe zwei Stück. Eines habe ich am Neujahrstag 2013 gesammelt, das andere am ersten Tag der Reiwa-Epoche (01.05.2019). — Man braucht mindestens einen Tag. Das hin und weg zu den Bahnstationen kostet viel Zeit und es ist gut möglich, dass man mit dem Fahrrad schneller ist. — Die kleinen Ema kosten 200yen und das große 1000yen. Alles zusammen sind es dann 3000yen (plus das Tagesticket für JR und U-Bahn für knapp 1600yen; JRP-Besitzer reicht ein Subway Day Pass für 900yen; Stand 2021).

Der Tsuyu-no-ten Jinja (Osaka, nördlicher Stadtteil) ist verknüpft mit dem Theaterstück Sonezaki Shinju (The love suicide at Sonezake) und wird daher in Verbindung mit Liebe gebracht. Die Ema haben Herzform.

Der Usa Jinja in Oita benutzt lackierte Flaschenkürbisse. Ich habe diese auch am Dazaifu, Fukuoka gesehen.

Sehr aufwendig gearbeitet sind die Ema am Tamatsukuri Inari Jinja. (Osaka, Stadtmitte). Es sind geschnitzte Tafeln die zwei Füchse darstellen, die eine Herzform bilden. Der Schrein wird  für Glück in der Liebe und im Eheleben aufgesuch

Der Kabushima Jinja (Aomori) hat Ema im Form eines Hammers, wie ihn auch der Glücksgott Daikokuten benutzt.

Ich vermute, dass die Vielfalt, auch durch Touristen aus dem Westen zunehmen wird. Wir dürfen nicht vergessen, Ema sind eine große Einnahmequelle für Schreine.

Ein weiterer Boost für die Ema ist die steigende Popularität von Manga und Anima. Schreine  und Tempel, die in einem Anime gezeigt werden, erleben immer häufiger kurz darauf einen Anstieg an Besuchern; zuletzt erfuhr dies der Hachiman Kamado Jinja in Oita-ken durch den Mange/Anime Demon Slayer (hier war es die Namensgleichheit mit dem Protagonisten Tanjiro Kamado).

Referenzen
https://sukisukijapan.com/what-is-japanese-ema/
https://wikimili.com/en/Ema_(Shinto)
https://wikimili.com/en/Ema_(Shinto)
https://de.wikipedia.org/wiki/Ema
https://en.wikipedia.org/wiki/Ema_(Shinto)
[erstellt: 16.02.2021]